Ausbildung von islamischen Geistlichen: Imam made in Germany

Ein neues Imamkolleg will die Ausbildung in Deutschland vorantreiben. Moscheen sollen damit unabhängiger vom Ausland werden.

Der Innenraum der ditib-Merkez-Moschee in Duisburg

Ditib-Moschee in Duisburg: Die Imame der Ditib werden von der Türkei entsendet und bezahlt Foto: dpa

Der Islam gehört zu Deutschland – die Imame, die hierzulande tätig sind, werden aber überwiegend im Ausland ausgebildet. Das will ein Zusammenschluss aus islamischen Verbänden, Wissenschaftler*innen und Einzelpersonen nun ändern. Am Donnerstag fand in Osnabrück ein erstes Treffen zur Gründung eines Imamkollegs statt.

Bislang bilden nur sehr wenige Gemeinden und Verbände ihre Imame in Deutschland aus. Das zu verstärken ist erklärtes Ziel der Bundesregierung – um den Einfluss aus dem Ausland zu beenden, wie Bundesinnenminister Horst Seehofer vor einem Jahr auf der Deutschen Islamkonferenz (DIK) erklärte.

Schätzungen zufolge ist der Großteil der 2.000 bis 2.500 Imame in Deutschland im Ausland ausgebildet. Rund die Hälfte werden von der türkischen Religionsbehörde Diyanet nach Deutschland entsandt, vor allem in die rund 1.000 Moscheen des Dachverbands Ditib.

Wer genau dabei ist, ist bislang unklar

Ditib wird immer wieder eine zu große Nähe zur türkischen Regierung vorgeworfen. So beteten kürzlich Ditib-Imame nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien für deren Sieg. Nach dem Putschversuch in der Türkei im Jahr 2016 sammelten sie für die türkische Regierung Informationen über mutmaßliche Anhänger des von Ankara als Drahtzieher verdächtigten Predigers Fethullah Gülen.

Rund die Hälfte der Imame wird von der Türkei nach Deutschland entsandt

Nun also sollen die deutschen Moscheegemeinden unabhängiger werden. Wer genau bei dem Kolleg dabei sein soll, ist bislang unbekannt. Einer, der das Projekt maßgeblich vorangetrieben hat, ist Bülent Uçar, Direktor des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück. Schon bei der DIK 2018 hatte er angemahnt, ein solcher Schritt sei „elementar für ein stärkeres Beheimatungsgefühl“ der Muslim*innen in Deutschland.

Zum aktuellen Projekt wolle Uçar sich erst äußern, wenn die Vereinsstruktur stehe, heißt es seitens der Universität. Das neue Kolleg sei unabhängig, biete aber Perspektiven für die eigenen Absolvent*innen, betont die Pressestelle. Man schätze sich „glücklich, hier auch beratend zur Seite stehen zu können“, erklärt Uni-Präsidentin Susanne Menzel-Riedl.

Förderung vom Bund?

Auch der Zentralrat der Muslime ist involviert. Wichtig sei, dass das Kolleg die Bedürfnisse der Moscheegemeinden im Blick habe, sagt dessen Vorsitzender Aiman Mazyek der taz. „Schließlich sollen diese die Absolventen am Ende des Tages auch einstellen.“ Dafür sei wichtig, von vornherein ein Vertrauensverhältnis herzustellen. Man müsse „das Rad nicht neu erfinden“, sagte Mazyek, sondern könne aus der Erfahrung islamischer theologischer Zentren schöpfen und sich strukturell an Rabbiner- und Priesterseminaren orientieren. Auch sei es wichtig, die grundgesetzlich vorgeschriebene Trennung von Staat und Religion sicherzustellen.

Wie die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) berichtet, stehe das Bundesinnenministerium „in engem Kontakt“ mit Uni und Verbänden, die um eine Unterstützung angefragt hätten. Laut NOZ sei im Bundeshaushalt 2020 ein Posten von 400.000 Euro für ein „Modellprojekt zur Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden“ enthalten. Eine Nachfrage beim Ministerium, ob diese Summe für das nun startende Projekt gedacht sei, blieb bis Redak­tions­schluss unbeantwortet. Die Uni gab auf Nachfrage an, für das Imam­kolleg sei eine solche Summe nicht im Gespräch.

Nicht nur für die Ausbildung ist die Finanzierung wichtig, sondern auch für die Beschäftigung der Imame: Viele Moscheegemeinden können es sich nicht leisten, Akademiker*innen in Vollzeit zu beschäftigen, und greifen auch deswegen auf Imame zurück, die ihr Gehalt aus dem Ausland beziehen.

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