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Cecilienhof wird Thema für die LinkeEin Prinz als Wahlkampfhelfer

Die Hohenzollern fordern Wohnrecht im Brandenbur­ger Schloss Cecilienhof. Das befeuert den Wahlkampf: Die Linke startet eine Volksinitiative.

Bis 2018 wurde das Schlösschen Cecilienhof saniert. Wer würde dort nicht gerne wohnen? Foto: dpa

Potsdam taz | Ein schmiedeeisernes Tor, im Hintergrund eine lange Allee, und in der Ferne ist das erste jener Schlösser zu ahnen, die den sogenannten „Neuen Garten“ in Potsdam schmücken. Davor drei Frauen und ein Mann, die Journalisten Plakate mit „Hohenzollern müssen draußen bleiben“ und „Keine Geschenke den Hohenzollern“ präsentieren.

Die Hohenzollern, das ist jenes alte Herrschergeschlecht mit den vielen Friedrichs des 18. und 19. Jahrhunderts und den beiden deutschen Kaisern Wilhelm I. und Wilhelm II. Die vier Politiker wiederum sind die Landeschefs und Spitzenkandidaten der Brandenburger Linkspartei, die am Donnerstagmorgen eine Volksinitiative starten. Das Ziel: Alle Adelsforderungen abzublocken, die es zwar seit Jahren gibt, die aber erst in diesem Sommer breiter bekannt wurden.

Gut drei Wochen sind es noch bis zur Landtagswahl am 1. September, und der bislang eher vor sich hin dümpelnde Wahlkampf scheint an diesem Morgen endlich sein Thema gefunden zu haben. Eines, in dem auf den ersten Blick die Rollen klar verteilt sind: unten gegen oben, das einfache Volk gegen Ansprüche sowieso schon gut betuchter Adeliger.

Die sind im Einzelnen: eine Entschädigung von 1,2 Millionen Euro, Rückgabe von Hunderten Kunstgegenständen und Wohnrecht im Schloss Cecilienhof, vom Gartentor eine Viertelstunde zu Fuß entfernt. Die Linkspartei, deren Landeszentrale in einem klassizistischen Klinkerbau auch nur 200 Meter weit weg ist, präsentiert sich dabei als natürliche Schutzmacht gegen die Hohenzollern – wobei im Juli auch Ministerpräsident Dietmar Woidke von der SPD klassenkämpferisch den Begriff „Volksschlösser“ kreierte.

Die Linke will keine Verhandlungen – und verhandelt

„Wir möchten, dass die Öffentlichkeit weiter durch die Schlösser laufen kann, wenn nötig in Filzpantoffeln, und nicht nur eine Familie in Hausschuhen“, sagt die Landesvorsitzende Diana Golze. Sie ist die Frau, die in diesem Wahlkampf eigentlich die Spitzenkandidatin hätte sein sollen. Aber Golze stolperte über einen Medikamentenskandal, den sie als Gesundheitsministerin in der rot-roten Regierung nicht in den Griff bekam.

Spitzenkandidat ist nun der erst 29-jährige Sebastian Walter, vom Spiegel jüngst als möglicher neuer Ministerpräsident gehandelt. Und der tritt auf wie ein Oppositionspolitiker: „Wir fordern die Landesregierung auf, die Verhandlungen abzubrechen“, sagt Walter vor den Journalisten. An ebendiesen Verhandlungen, in die noch das Land Berlin und die Bundesregierung involviert sind, ist aber auch der brandenburgische Finanzminister beteiligt – und der gehört der Linkspartei an.

Die nun gestartete Volksini­tiative bedeutet, dass sich der Landtag mit dem Thema befassen muss, wenn dafür 20.000 Unterschriften zusammenkommen. Natürlich könnte auch das nicht ein anderslautendes Gerichtsurteil in einem laufenden Prozess aufhalten, der aus Sicht der Linkspartei „bis zur letzten Instanz geführt“ werden soll. Wenn man da verliere, „dann ist das eben so“, sagt Landeschefin Golze.

Eine zentrale Rolle spielt für die Linkspartei die Rolle der Hohenzollern beim Aufstieg der NSDAP. Gerade deshalb ist es für die Partei „eine unverschämte Forderung“, dass die Hohenzollern über ihren Chef, Georg Prinz von Preußen, Wohnrecht in Schloss Cecilienhof fordern – dem Ort der Potsdamer Konferenz von 1945, die das Ende der Nazi-Macht besiegelte.

Das Schloss selbst ist an diesem Morgen nicht von Protestlern, sondern von Touristen umschwärmt. Und aus seinen Fenster hängen auch nicht Spruchbanner, wie es im benachbarten Berlin üblich ist, sobald die Übernahme durch einen schlecht beleumundeten Investor droht.

Was irritiert, ist, dass auf den Plakaten, mit denen die Linkspartei am Gartentor für die Volksinitiative wirbt, nicht Cecilienhof zu sehen ist, sondern das noch berühmtere Schloss Sanssouci. Ist das nicht irreführend? Spitzenkandidat Walter kontert das mit einer Gegenfrage: „Wer sagt denn, dass die Hohenzollern nach Cecilienhof Schluss machen?“

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21 Kommentare

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  • Es gibt ja Vorbilder. DOCH DOCH DOCH

    Das Ergebnis von 4:2 & die dess absegnenden Entscheidungen Karlsruhe (s.u.) - dreist zu Umgehen!👹



    & Däh! Ach herm. But!



    Leichtgemacht - durch die bekannten



    Brothers in Arms - CDU/CSU/FDP -



    Für die ostelbischen Krautjunker vs “Junkerland in Bauerhand!“ Aber Hallo

    Klaro - Zinslose Kredite (via KfW?)!



    z.B. für “…dera von&Türzu …Puttbus …Schwerin… etc usw usf …“. *

    unterm—-*



    Teils - aber weil strohdoof - nur kurz - meine Banknachbarn inne Penne.



    Dafür umso rotzlöffeliger. Unvergesse!

    So geht das.



    &



    Da wollen die Hosenzollern doch nicht zurückstehen - “Einer geht noch.“



    Tja mal sehn - “Einer geht noch rein?!“



    NEIN • Macht dera Hosentürl - ruhig wieder zu & btw - So derart offene Hose trägt frauman in Schland - einer demokratisch verfassten Demokratie nicht mehr! & “Weggetreten!“



    Jawollja - Blümchenzüchten in Holland oder wo auch immer - oder sonst ehrbare Berufe ergreifen. Newahr.



    Normal Schonn - kerr. “Es ist erreicht!“

    kurz - Kann gar nicht so viel kotzen - wa. 🤢 🤮 - Ja. Es reicht! 👻 👻 👻

    & Alle 🎶🎶 Volkers 👄 🎶🎶 ähemm



    || : Was hast du im Schädel - Dreck oder Stroh?



    Bist du so blöd - oder tust du nur so : ||

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Als altmodischer Mench halte ich nichts von Auseinandersetzungen auf Nebenschauplätzen. Was für ein Geseiere und Geschwurbel - darüber schaffen es meine politischen Gegner nur schwerlich.

    Irgendetwas läuft schief im Lande der Teutschen - grundschief ...

  • 0G
    05031 (Profil gelöscht)

    nun hat auch brandenburg seinen trefflichen nebenkriegsschauplatz zur landtagswahl. wenn das linken positionen allgemein hilft, dann sollte es mich freuen.

  • Adel verpflichtet! Vorschlag an die Hochwohlgeborenen: Macht euch für die Vermögens- und Erbschaftssteuer stark und geht mit gutem Beispiel voran. Mit einer Überweisung des Spitzensteuersatzes von eurem Erbe an das für euch künftig zuständige Finanzamt sollte das mit dem Wohnwunsch Cecilienhof klappen. Anschließend können wir über Wohnen im Museum reden. Zum Beispiel nach dem Konzept lebendiges Museum. Ihr lasst euch zu den Museumsöffnungszeiten von den Besucher:innen in die Suppenschüssel schauen mit der Botschaft "Bei uns wird auch nur mit Wasser gekocht". Hochachtungsvoll grüßt Nina

  • Warum heißt der Anführer dieses Hausbesetzer-Clans eigentlich "Prinz Georg von Preußen"? Ich dachte Titel wie Prinz, König Kaiser usw. wurden 1919 abgeschafft?



    Egal. Gebt Ihnen ihr Schloss zurück, wenn sie vorher den deutschen Staat für die Reparationszahlungen des Versaier Vertrages entschädigen. Schließlich hat einer der ihren den ganzen Mist mit dem Ersten Weltkrieg losgereten...

  • Nicht Prinz Georg von Preußen, sondern Georg Prinz von Preußen! Der Mann ist kein Prinz mehr, er heißt nur so.

    Der Adel wurde in Deutschland 1918 abgeschafft. Bei der Gala und dem roten/gelben/grünen/blauen/goldenen Blatt erwarte ich so viel Hintergrundwissen nicht; bei der taz schon.

    • @Super Erwin:

      Vielen Dank für den Hinweis. Wir haben den Fehler gerade ausgebessert. Die Moderation

      • @taz Moderation:

        Hola. Das les ich mit Interesse 👺

        “Nicht Prinz Georg von Preußen, sondern Georg Prinz von Preußen…“



        & Däh - 👻 - di Modderatistas - ….🕳 🕳



        “…Fehler ausbessern…“….. is der kleine Halbbruder von ”Verschlimmbessern.“



        Ha no. Ändert nix - Wär‘s aber mal - wa

  • Tja in der Weimarer Republik scheiterte eine Volksabstimmung gegen die Entschädigung der Adeligen - und heute? Die Familie Hohenzollern kann froh sein, dass sie nach 45 nicht in Spandau dauerhaft ihren Wohnsitz nehmen musste. Jetzt wollen die nicht nur in den Schlössern wohnen, nein sie wollen auch die Geschichtsklitterung ihres Adelshauses aus Blut und Eisen der Untertanen betreiben......

  • Was in dieser Debatte nicht unerwähnt bleiben soll: Cecilienhof hat nicht nur als Ort der Potsdamer Konferenz 1945 Symbolwert, sondern auch durch die Person seines Architekten.



    Paul Schultze-Naumburg war Anfang des 20. Jahrhunderts Mitgründer und führender Ideologe des „Bundes Heimatschutz“, ab 1931 Vorsitzender des „Kampfbundes deutscher Architekten und Ingenieure“ innerhalb des „Kampfbundes für deutsche Kultur“, 1932–1945 Reichstagsabgeordneter für die NSDAP sowie einer der vier Architekten auf Hitlers Sonderliste der „unersetzlichen Künstler“.

  • Reine Ablenkung der Linken von ihrer gar nicht so linken Politik in der Regierung.

    • @Duckunwech:

      So schaut's aus.

  • Die ehemaligen Untertanen waren doch mehr als kulant mit ihrem Adel. Sie durften viele ihrer Ländereien, ihre Köpfe auf dem Hals und ihre früheren Titel als infantilen Namensbestandteil, behalten.



    Ich wundere mich, dass es da aus der Ecke noch Forderungen gibt, oder sollte man sich als ehemalige Unterdrückte, bei den Peinigern seiner Vorfahren nochmal so richtig erkenntlich zeigen?

    • @Weidle Stefan:

      Wann und wo?

      Teer und Federn werden gestellt, Mistgabeln und Fackeln sind mitzubringen.

  • Vom Volk abgepresst und in Unehren enteignet. Nazivergangenheit hin oder her. Die Objekte gehören schlichtweg dem Volk.

    • @Vollgut2000:

      Wenn das Volk jeder ist, der in diesem Land lebt (so die etwas krude Merkel-Definition), dann gehört der Bau doch auch den Hohenzollern.

  • Am Hohenzollern Anspruch auf Wohnrecht im Brandenbur­ger Schloss Cecilienhof als Manövriermasse für Weitergehendes bei Verhandlungen zur Rückführung von Besitz an das Haus Hohenzollern in Verhandlungen mit dem Bundesland Brandenburg lässt sich einmal mehr wie selten ermessen, wo die AfD im bundesrepublikanischen Meinungs Spektrum wirklich gesellschaftspolitisch mit der Devise eines Björn Höcke, die Wende der Erinnerungskultur um 180 Grad einzuleiten, verortet ist? Vor Demokraten in Parlamenten, auf Maktplätzen schrill brüllen, vor angemaßten Aristocrats mucksmäuschenstill winselnd zu Kreuze kriechen?

    Ist es eine aristokratische Schmach, dass der Hohenzollern Clan Chef Prinz Georg von Preußen seit Jahren auf heimlicher Kriechspur in Verhandlungen mit dem Brandenburg ist, dabei privatim Geheimhaltung erwartet, die nun aufgeflogen ist, die Rückführung alter Besitztümer an die Hohenzollern in die Wege zu leiten, nun in der Nachfolger eines abghalfterten Monachen Wilhelm II, dem deutsche Fürstenhäuser seit 1871 in Versailles nicht einmal zubilligten, sein Heer deutsches zu nennen, es nur kaiserlich befehlen durfte, der 1918 vor der Verantwortung für die kaiserliche Niederlage im 1. Weltkrieg sich mit eingeholter Fahne unter die Fittiche der hölländischen Königin Wilhelmina nach Door floh und sich niemals wieder in Deutschland einfand, seinen verlassenen Besitz auch nur in Augenschein zu nehmen?

    Oder ist es eine Entwicklung, guter Weg, dass ein Hohenzollern Chef aller aristokratischen Funktionen, Titel seit 1919 entäußert, diese nur noch im Namen als Hülse mit sich schleppen darf, sich auf den zivilrechtlichen Weg macht, dass an Rückführung von schmählich als "Fundsache" verlassenem Besitztum einzuklagen, wie es hierzulande rechtsstaatlich möglich ist, statt an der unsichtbaren Front, vom In- , Ausland her, Freikorps, Söldnertrupps zu rekrutieren, die sich mit militärischer Gewalt verloren gegangene Besitztümer im Namen der Hohenzollern ungesetzlich einverleiben?

  • „Wer sagt denn, dass die Hohenzollern nach Cecilienhof Schluss machen?“

    Hier zeigt Herr Walter aber ganz erhebliche Geschichtslücken. Schloss Sanssouci ist nicht per Gesetz im 1926 / 1927 in das Eigentum des Hauses Hohenzollern übergegangen und war daher auch nie Gegenstand irgendwelcher Rückforderungen (im Gegensatz zum Schloss Cecilienhof).

    Weshalb sollten die Hohenzollern also Schloss Sanssouci fordern?

    • @DiMa:

      Aus Dreistigkeit und mit Verweis auf ihr edles und blaues Blut, vor dem sich der Untertan in den Dreck zu werfen habe.

      • @Hampelstielz:

        So klingt es, wenn das böse Klischee die Realität überholt. Wenn ich auch mal eins bemühen darf: Adel überlebt. Und dafür ist es unter anderem wichtig, realistisch zu bleiben und nur die Schlachten zu schlagen, die man auch gewinnen kann.

        Die Übereignung von Cecilienhof erfolgte, als die Hohenzollern schon nicht mehr adelig waren (sondern wie heute auch noch ganz normale Staatsbürger mit umständlichen Nachnamen). Das dürfte ihnen klar sein, und das ist auch die Basis ihres Arguments, mit dem sie ihere Schlacht gewinne wollen. Ein vergleichbares Argument, Sanssouci auch noch zu beanspruchen, gibt es nicht.

        • @Normalo:

          Schlachteplatte? - oder wie meinen?

          Basis? Ja wiewo von was denn?



          www.bundesverfassu...26_2bvr095500.html



          “L e i t s a t z

          zum Beschluss des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2004

          - 2 BvR 955/00 -

          - 2 BvR 1038/01 -

          Der Staat des Grundgesetzes ist grundsätzlich verpflichtet, auf seinem Territorium die Unversehrtheit der elementaren Grundsätze des Völkerrechts zu garantieren und bei Völkerrechtsverletzungen nach Maßgabe seiner Verantwortung und im Rahmen seiner Handlungsmöglichkeiten einen Zustand näher am Völkerrecht herbeizuführen. Daraus folgt jedoch keine Pflicht zur Rückgabe des in dem Zeitraum von 1945 bis 1949 außerhalb des staatlichen Verantwortungsbereichs entschädigungslos entzogenen Eigentums.

          BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

          - 2 BvR 955/00 -



          - 2 BvR 1038/01 - …“