SPD-Kritik an Kramp-Karrenbauer: Arglistige Täuschung

Die SPD macht Front gegen die Forderungen der neuen Verteidigungsministerin. Tatsächlich jedoch trägt sie höhere deutsche Militärausgaben mit.

Annegret Kramp-Karrenbauer mit Generalinspekteur Eberhard Zorn

Folgt dem schwarz-roten Koalitionsvertrag: Annegret Kramp-Karrenbauer will mehr Geld fürs Militär Foto: dpa

Die SPD überschlägt sich geradezu vor Empörung: Gerade erst ins Amt der Verteidigungsministerin befördert, fordert CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer schon mehr Geld fürs Militär! Wie kann sie nur? Eigentlich eine gute und berechtigte Frage. Allerdings müssten sozialdemokratische PolitikerInnen die Antwort nur allzu gut kennen. Ihre Partei hat schließlich genau das leider mit der Union verabredet.

Der vermeintliche Vorstoß Kramp-Karrenbauers ist bei Lichte betrachtet gar keiner. Die CDU-Vorsitzende hat vielmehr nur bekräftigt, was auch ihre Vorgängerin unablässig propagiert hat – und was auch bisher schon Regierungspolitik ist. Die „Kritik“ der SPD an ihren Äußerungen ist daher eine bloße Nebelbombe.

Auch wenn sich die GenossInnen alle Mühe geben, es zu camouflieren: Kramp-Karrenbauer hat recht, wenn sie feststellt, die schwarz-rote Bundesregierung habe dem Nato-Ziel, die Militärausgaben bis 2024 in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, eine „klare Zusage gegeben“. Wer es genau wissen will: Das war 2014 auf dem Nato-Gipfel in Wales, noch während der Obama-Ära – und gilt bis heute. Das Zwei-Prozent-Ziel ist also keine Erfindung Trumps.

Es führt denn auch in die Irre, wenn SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil jetzt vollmundig verkündet, mit seiner Partei werde es „keine Aufrüstung nach den Wünschen von Trump geben“. Das ist nichts weiter als der ziemlich durchschaubare Versuch, einen falschen Eindruck zu erwecken. Denn damit sagt Klingbeil mitnichten, dass seine Partei für Abrüstung steht. Er tut nur so.

Steht im Koalitionsvertrag

„Wir halten am Zwei-Prozent-Ziel fest“, verkündete Kramp-Karrenbauers Vorgängerin Ursula von der Leyen auf der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz. „Verbindlich“ werde Deutschland „dem Zielkorridor der Vereinbarungen in der Nato folgen“, heißt es im schwarz-roten Koalitionsvertrag verklausuliert – womit nichts anderes gemeint ist, als die Militärausgaben in Richtung des Zwei-Prozent-Ziels weiter zu steigern. Konkret sollen sie bis 2024 erst mal auf 1,5 Prozent steigen. So hat es Kanzlerin Angela Merkel angekündigt, ebenfalls auf der Münchner Sicherheitskonferenz – und ohne sozialdemokratischen Widerspruch.

Und das ist das Problem. Die Aufregung führender Politiker wie Klingbeil oder Interimsparteichef Thorsten Schäfer-Gümbel über die aktuellen Äußerungen Kramp-Karrenbauers ist folgenlose Großmaulerei. Wer einerseits behauptet, mit ihm sei Aufrüstung „nicht zu machen“, andererseits stetig steigende Militärausgaben mitträgt, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Seit dem Regierungseintritt der SPD 2013 hat sich der Verteidigungsetat von 33,3 Milliarden Euro auf 43,9 Milliarden Euro in diesem Haushaltsjahr erhöht. Das ist die traurige Realität, alles andere wohlfeiles Geschwätz.

Die Bundesrepublik braucht keine teuren Aufrüstungsfantasien, sondern eine aktive Friedenspolitik. Die deutschen Militärausgaben sind jetzt schon aberwitzig hoch. Zu skandalisieren, dass sie noch weiter steigen sollen, ist völlig berechtigt. Den bloßen Anschein zu erwecken, dagegen zu sein, ist jedoch eine arglistige Täuschung. Helfen wird das der SPD nicht. Lernt sie eigentlich nie aus ihren Fehlern?

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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