Parteitag der FDP: „Wir werden alle Vegetarier“

FDP-Parteichef Christian Lindner warnt vor Fleischlosigkeit und Enteignung. Er wünscht sich aber CO2-neutrale Flugzeugantriebe.

Ein Mann, Christian Lindner

Auf der Suche nach Zustiimmung: Christian Lindner auf dem FDP-Parteitag in Berlin Foto: dpa

BERLIN taz | In der Vorhalle des FDP-Bundesparteitages, wo die Sponsoren diesmal mehr Raum als in den Vorjahren beanspruchten, ist auch ein übergroßer Stand des chinesischen Konzerns Huawei aufgebaut. Drinnen warnte Christian Lindner vor der Konkurrenz aus Fernost. „China hat Deutschland bei Patentanmeldungen überholt“, so der FDP-Parteichef am Freitag. „Ich sage das nicht, um Angst vor dem gelben Mann zu machen. Aber wenn wir nicht wieder anfangen, Wirtschaftspolitik zu machen, werden das andere machen.“

Die eineinhalbstündige Auftaktrede des FDP-Chefs zum Beginn des dreitägigen Berliner Parteitages beinhaltete die bekannte Lindner-Mischung: Eine Mahnung zu wirtschaftlicher Wachsamkeit, eine Erinnerung an die düsteren Zeiten der außerparlamentarischen Opposition von 2013 bis 2017, und harte Angriffe auf Union, SPD und vor allem die Grünen. Anschließend wird Lindner mit großer Mehrheit im Amt bestätigt – 86,6 Prozent der Delegierten stimmten für ihn. Einen Gegenkandidaten gab es nicht.

„Herr Habeck sagt, er wünscht sich für 2050 eine Gesellschaft ohne Fleischkonsum. Wir werden alle Vegetarier und Veganer – das sind tiefe Eingriffe in die individuelle Freiheit.“ Lindner plädierte stattdessen dafür, ökologische Ziele „mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unseres Rechtsstaates“ durchzusetzen, etwa mit CO2-neutralen Antrieben für Flugzeuge.

Warnung vor moralischer Aufheizung

Lindner stand in den vergangenen Wochen wegen seiner Äußerung zu den „Fridays for Future“-Demonstrationen, Klimapolitik sei etwas „für Profis“, in der Kritik. „Wenn man eine jugendliche Protestbewegung wirklich ernst nimmt, beschäftigt man sich mit ihren Anliegen und mutet ihr in einer Demokratie gegebenenfalls fachlichen Widerspruch zu“, sagte er jetzt.

Er verglich die jetzige öffentliche Stimmung in der Klimafrage mit der nach dem Reaktorunglück von Fukushima und dem Flüchtlingssommer von 2015. Damals wie heute seien in einem moralisch aufgeheizten Klima unüberdachte Entscheidungen getroffen worden. Er plädierte stattdessen für eine nüchterne, sachorientierte Debatte.

Auch die Berliner Initiative zur Enteignung der Deutschen Wohnen und anderer Wohnungskonzerne griff Lindner an. So wie früher bei der Kampagne gegen angebliche Heuschrecken, gehe es jetzt wieder um angeblich anonyme Konzerne. „Das ist eine Form der Entmenschlichung. Das sind keine anonymen Konzerne – das ist oft die Altersvorsorge von Millionen Deutschen, die in den Wohnungsmärkten steckt.“ An der Spitze der Bewegung stünden Grüne und Linke. „Statt zu klauen, sollten die bauen. Die Enteignungskampagne ist Linkspopulismus.“

Die FDP will eine „Eigentümernation“

Die FDP wolle stattdessen, dass „Deutschland eine Eigentümernation“ werde. Lindner unterstützt einen Parteitagsantrag, mit dem der Artikel 15 des Grundgesetzes, der Enteignungen ermöglicht, ersatzlos gestrichen werden soll.

Der FDP-Vorsitzende steht auf dem Parteitag ebenso wie der gesamte Vorstand zur Wiederwahl. Auch eine neue Generalsekretärin muss gewählt werden, nachdem die bisherige, Nicola Beer, als Spitzenkandidatin der FDP nach Brüssel geht. Lindner hat als ihre Nachfolgerin die Brandenburgerin Linda Teuteberg vorgeschlagen, ihre Wahl gilt als sicher.

Innerparteilich umstritten ist dagegen die Frage der Frauenförderung. Noch am Donnerstag, unmittelbar vor dem Parteitag, fasste der Bundesvorstand einen Beschluss, der sich gegen eine Quote, aber für Zielvereinbarungen bezüglich des Frauenanteils in den Gremien ausspricht.

Dagegen richtet sich ein Antrag aus Nordrhein-Westfalen unter der Überschrift „Leistung statt Quote – Absage an die Frauenquote und andere Regelungen zur Repräsentanz weiblicher Mitglieder“, über den der Parteitag entscheiden muss. Darin heißt es unter anderem, für Frauen hätten solche Regeln „verheerende Wirkungen“, weil sie „mit sinkenden Kompetenzvermutungen konfrontiert“ würden.

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