„Allah“-Schriftzug auf Nike-Schuhsohle: Darf man Religion mit Füßen treten?

Wer will, kann auf der Sohle eines Nike-Schuhs ein arabisches „Allah“ erkennen. Eine Beleidigung des Islam? Auch die AfD nimmt das Thema auf.

Zwei Sportschuhe von Nike auf einem Hallenboden

Tritt hier jemand auf Allah? Foto: ap

BERLIN taz | Eine Onlinepetition verlangt, dass Nike alle Modelle des „Air Max 270“ zurückzieht. Der Grund: Auf der Sohle ist ein Schriftzug zu sehen, „Air Max“, geschrieben „AIMAX“. Wenn man die Schuhe umdreht (auf die Sohle) und noch mal umdreht (den Schriftzug), dann sehen die drei mittleren Zeichen – mit ziemlich viel bösem Willen – ungefähr so aus wie das arabische Wort für „Allah“. Wenn man das so sieht, dann tritt man quasi mit jedem Schritt auf ihn drauf.

Saiqa Noreen, Verfasserin der Petition auf change.org, schreibt: „Es ist abscheulich und erschreckend, dass Nike den Namen Gottes auf einem Schuh erlaubt. Das ist respektlos gegenüber Muslimen und eine Beleidigung des Islam.“ Der Hersteller reagierte: „Nike respektiert alle Religionen und wir nehmen Bedenken dieser Art ernst. Das Air Max-Logo wurde als stilisierte Version der Air Max-Marke designt. Jede andere wahrgenommene Bedeutung ist unbeabsichtigt.“

Man sollte diesen Fall von Pareidolie (dem Phänomen, in Mustern bekannte Zeichen zu finden) vermutlich nicht allzu ernst nehmen, aber es haben, Stand Freitag, 38.900 Leute die Petition unterschrieben. Zwar gibt es eine Gegenpetition, die dazu auffordert, die andere Petition zu ignorieren, aber die hat nur 454 Unterstützer, und es ist bekanntermaßen schwierig, etwas aktiv zu ignorieren, das man gerade beschrieben hat.

Also gut: Es ist sehr, sehr unwahrscheinlich, dass Nike einen geheimen Plan verfolgt, den Namen Allahs durch Millionen Konsumenten in den Boden stampfen zu lassen. Zwar gibt es einen Präzedenzfall: 1997 rief der Konzern drei Serien des Nike Air nach Protesten zurück, weil das Flammenlogo auf der Rückseite so aussah wie die arabische Buchstabenkombination für „Allah.“

Ausweis der eigenen Identität

Seitdem sind zwanzig Jahre vergangen. Ende 2017 brachte Nike einen Sporthidschab heraus, 2018 verpflichtete der Konzern Colin Kaepernick, einen schwarzen Ex-Footballer, der aus Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt damit begonnen hatte, sich zur amerikanischen Hymne vor jedem Spiel hinzuknien. Kaepernick wurde zu einem Gesicht der Black-Lives-Matter-Bewegung und zum Hassobjekt der Rechten. Nike hat also erkannt: Mit Antirassismus lässt sich Geld verdienen.

Anlass der Petition: Zeichen auf der Schuhsohle des Nike Air Max 270 ähneln dem arabischen Wort für „Allah“.

Das wollen die Initiatoren: Die Schuhe aus dem Verkehr ziehen.

Das wollen sie wirklich: Aufmerksamkeit? Gern geschehen.

Nach dem Werbedeal mit Kaepernick zündeten zornige weiße Männer in den USA massenweise Nikes an. Und jetzt? Seit der Petition gegen den Air Max 270 hat die AfD das Thema entdeckt, meckert über dauerbeleidigte Muslime und Rechte feiern den Schuh. Dabei ist man als Rechter doch im Dilemma: Soll man sich Nikes holen, damit man als Verteidiger des Westens auf Allah drauftreten kann? Oder unterstützt man damit heimlich Black Lives Matter? Was denn jetze?

Sneaker eignen sich hervorragend als Ausweis der eigenen Identität. Grungefans tragen Converse Skater Vans, im Pride MonthJuni bringt Adidas Schuhe in Regenbogenfarben heraus. In den 90ern trugen Nazis New Balance, wegen des großen weißen Marken-„N“ auf der Seite, in das sie das Wort „national“ reinlasen. New Balance kam mit viel Marketing aus der rechten Ecke raus, nur um vor zwei Jahren schon wieder Verbrennungen zu erleben, diesmal von Linken, weil der Unternehmenssprecher Trump gelobt hatte.

Es ist unklar, was Nike, die griechische Göttin des Sieges, oft mit einer feurigen Fackel abgebildet, zu all dem sagt.

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