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Erste Haushalts- debatte: SPD gegen AfD

Olaf Scholz plädiert für Mindestlohn von 12 Euro, AfD befürchtet Staatspleite wegen Europa

Scholz habe „eine für seine Verhältnisse lebhafte Rede“ gehalten

Dieses Duell wird künftig viele Debatten im Bundestag bestimmen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gegen Peter Boehringer (AfD), Sprecher des Haushaltsausschusses. Während Scholz seinen ersten Bundesetat als „solide, sozial gerecht und zukunftsorientiert“ bezeichnete, ließ Boehringer das nicht gelten: Der Finanzplan für die kommenden Jahre sei „nicht ausgeglichen“, der Finanzminister „verschleiert bewusst die wahre Lage“.

Die ganze Woche über diskutiert das Parlament nun den ersten Haushalt von Angela Merkels Großer Koalition Nummer drei. Die Rahmenbedingungen sind super: Für quasi alles ist mehr Geld da, Investitionen, Soziales, Steuersenkungen, Wohnungen, Waffen. 341 Milliarden Euro umfasst der Plan für 2018. Scholz kommt wie sein Vorgänger Wolfgang Schäuble ohne neue Schulden aus.

Insgesamt verlief die Debatte am Dienstagvormittag erstaunlich normal, vielleicht ein Tribut ans Thema. Die AfD war nicht in Kompaniestärke angetreten, in ihren Reihen klafften ähnliche Lücken wie bei den anderen Parteien. Boehringer grüßte Scholz, der vor ihm gesprochen hatte, am Rednerpult als „geehrter Minister“. Zwischenrufe und Gelächter von ganz rechts gab es wenig.

Boehringer übersetzte „GroKo“ als „große Kosten“. Sein zentraler Punkt: Scholz weise die gigantischen Risiken der europäischen Finanz- und Geldpolitik nicht im Bundeshaushalt aus. Hunderte Milliarden, wenn nicht gar Billionen Euro würden irgendwann „haushaltsrelevant“, Deutschland könne solche Summen nicht zahlen und sei dann pleite – wegen Europa.

In Boehringers Argumentation geht es um die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank und die sogenannten Target2-Verrechnungssalden zwischen den Notenbanken des Euro-Systems. Aus beidem lassen sich hypothetische Kosten ableiten, die der Bundesbank auf die Füße fallen könnten. Allerdings unterscheiden sich Notenbanken grundsätzlich von normalen Instituten: Erstere können auch mit negativem Eigenkapital weiterarbeiten. Im Übrigen haben sie das Recht, Geld zu drucken. Eine Pleite des EZB-Systems oder der Bundesbank ist deshalb eine extrem unrealistische Annahme.

Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der Union, beschwerte sich deshalb, ständig serviere Boehringer „die gleiche Soße“. Rehberg drehte den Spieß um. Wenn die AfD Gelegenheit bekäme, ihre finanzpolitischen Ideen umzusetzen, etwa die Reduzierung der Mehrwertsteuer, hätte die Bundesregierung „weniger Geld für Polizei, weniger Geld für Schulen“.

Auch SPD-Haushaltssprecher Johannes Kahrs verteidigte seinen Minister: Scholz habe „eine für seine Verhältnisse lebhafte Rede“ gehalten. Der sandte die Botschaft, er wolle in dieser Legislatur „die kleinen Einkommen entlasten“. „Das Wichtigste ist Arbeit“: Niemand solle in einer Vollzeitstelle weniger als 2.000 Euro brutto monatlich verdienen. Dies liefe auf einen Mindestlohn von rund 12 Euro pro Stunde hinaus. Heute liegt die Untergrenze bei 8,84 pro Stunde. Hannes Koch

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