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Kommentar Brief an die DeutschtürkenIn guten wie in schlechten Zeiten

Kommentar von Eberhard Seidel

Außenminister Sigmar Gabriel wendet sich an die türkischstämmigen Deutschen. Das zeugt nicht von staatsbürgerlicher Gleichheit.

Eigentlich Gabriels Job: mit Kollegen wie dem türkischen Außenminister Mevlut Cavusoglu (r.) reden Foto: ap

V ia Bild-Zeitung richtete sich Außenminister Sigmar Gabriel mit einem Brief an die Deutschtürken, um ihnen mitzuteilen, sie gehörten auch in schwierigen Zeiten „zu uns“. Dieser Brief ist eine schlechte Botschaft, da er vor allem sagt: Auch im Jahr 2017 betrachtet die Bundesregierung die Bürger mit türkischem Hintergrund als äußere Angelegenheit.

Diesen Brief hätte es nicht geben dürfen. Denn das republikanische Selbstverständnis verlangt, dass Staatsbürger unabhängig von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit als Gleiche unter Gleichen behandelt werden. Das sollte man nicht extra betonen müssen.

Muss man aber, denn mit dem Bewusstsein staatsbürgerlicher Gleichheit ist es in Deutschland nicht weit her. Auch 17 Jahre nach der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts ist die Auffassung weit verbreitet, es gäbe Deutsche erster und zweiter Klasse. Deutschtürken gehören für viele nicht zum republikanischen Wir.

Angesichts der angespannten Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland hätte es eines anderen Briefes bedurft. Eine hochrangige Repräsentantin der Bundesregierung hätte die Mehrheitsgesellschaft daran erinnern können: Die Bürgerinnen und Bürger mit einem biografischen Bezug zur Türkei gehören auch in schwierigen Zeiten zu Deutschland. Um sie dann aufzufordern, die polarisierenden Debatten zu beenden, die die Gesellschaft in ein Wir und Ihr teilen.

Deutschtürken gehören für viele noch immer nicht zum republikanischen Wir

Das hätte ein wichtiges Signal an die Deutschtürken sein können. Viele von ihnen sind dieser Tage beunruhigt. Sie wissen, dass sie in den zurückliegenden vierzig Jahren häufig die Zeche zu zahlen hatten, wenn es zu Verwerfungen im deutsch-türkischen Verhältnis gekommen war. Manches Mal mussten sie auch bluten und sterben, weil die Mehrheitsgesellschaft und ihre missratenen rechtsradikalen Kinder einfach schlechte Laune hatten und Sündenböcke brauchten.

Dass sich Interessenvertretungen wie die Türkische Gemeinde in Deutschland beim Außenminister artig für den Brief bedankten, kann nun zweierlei bedeuten: Entweder man ist in seinen Ansprüchen sehr bescheiden geworden. Oder aber die Türkische Gemeinde und ihre Mitglieder teilen die Sicht, dass man nicht zum republikanischen Wir Deutschlands gehört. Das wiederum wäre sehr, sehr schade.

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36 Kommentare

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  • Viele türkische Nationalisten, Islamisten und Rassisten, die hier andersdenkende Gülen-Anhänger, Kurden, Alawiten, Säkulare einzuschüchtern versuchen und bedrohen, gehören für mich keineswegs zu "uns", den toleranten Republikanern. Ich frage mich auch, wie die es hier in Deutschland aushalten, wo Erdogan und die Türkei doch so toll sind und der Westen so schlimm und dekadent. Wahrscheinlich, und manche sagen das auch offen, ist es das Geld. Die Opfer der AKP, die Menschenrechtler, Säkularen, Alawiten, Schwulen, die gehören allemal zu uns. Jede Ethnisierung ist Unsinn, Differenzierung aber sehr nötig.

  • Eine Abstimmung, bei der die Wahlbüros sich in den Konsulaten (und damit auf "türkischem Boden" innerhalb Deutschlands befinden und bei der Oppositionelle befürchten mussten (auch angesichts der kursierenden "Terrorlisten" der türkischen Regierung), bei Betreten des Wahlbüros direkt verhaftet und in die Türkei ausgeflogen zu werden, kann nicht witrklich als "frei" und "gleich" bezeichnet werden.

  • Diesen Brief empfinde ich mehr als Offenbarungseid den "deutsch-türkischen" AKP Wählern gegenüber.

     

    Aber gut mit der AFD hat Gabriel ja auch geliebäugelt.

     

    Egal ob Faschist oder nicht - Hauptsache spezialdemokratisch wählen.

  • Der Artikel spricht von Staatsbürgern, während Gabriels Brief sich um Identitäten dreht. Schön vorbeigeschrammt am Thema, Herr Seidel!

     

    Eigentlich finde ich Gabriel als Außenminister grauenvoll. Hier hat er mal das Richtige zur richtigen Zeit gemacht.

     

    Der Brief drückt Wertschätzung aus: "Ihr seid uns wichtig." Das kann man nicht durch eine Botschaft an Dritte vermitteln.

     

    Der Kommentar zeigt deutlich, wie schwer es vielen Vertretern der politisch-medialen Klasse in Deutschland fällt, die Menschen, deren Familien mal aus der Türkei einwanderten zu erreichen - während diese Saiten sofort zum Klingen bringt.

    • @rero:

      Im letzten Satz fehlt natürlich Erdogan. Es ist Erdogan, der die Saiten zum Klingen bringt. Sorry!

  • Ok ok - faß mal zusammen.

     

    "

    Diesen Brief hätte es nicht geben dürfen. Denn das republikanische Selbstverständnis verlangt, dass Staatsbürger unabhängig von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit als Gleiche unter Gleichen behandelt werden. Das sollte man nicht extra betonen müssen.…"

     

    Korrekt.

    EndeGelände.

    RestGalerie - DaDort&Hie.

    Punkt.

     

    (ps & - LÜGT - Als Verlaubarungsblatt

    Außenminister - SPD -

    hé katastrophé -

    Nothing else!)

    • @Lowandorder:

      Naja, Gabriel muss ja auch an seine Zukunft nach der Bundestagswahl denken. Wer weiß, wie lange es Wagner noch in der BLÖD macht.

       

      Da gibt es dann die neue Kolummne "Post von Gabriel".

      Man darf sich schon freuen auf die nächsten Artikel mit Briefen an die

      -Deutschossis

      -Deutschjuden

      -Deutschbayern

      -Deutschschwule

      -Deutschlinke

      -Deutschhartzler

      -Deutschreichsbürger

      uswusf.

      Jedem sein eigener deutscher "Hintergrund".

  • Anscheinend sind manche Journalisten nicht in der Lage zuzugeben, dass ein umstrittener Politiker auch mal was richtig gemacht hat. Wieso eigentlich?

     

    Natürlich werden die Deutschtürken von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung als Deutsche zweiter Klasse betrachtet. Ich finde das zwar verachtenswert, ändert aber nichts an der Tatsache und ist auch nicht die Schuld von Sigi Popp.

     

    Was ich aber an diesem seltsamen Artikel nicht verstehe ist, warum man keinen klaren Standpunkt beziehen kann.

     

    Wenn Angela Merkel diesen Brief hätte schreiben sollen, in ihrer Angst vor Fehlern aber mal wieder versagt, warum dreht man das dann so hin, dass Sigi Popp etwas falsch gemacht hat und nimmt den Namen Angela Merkel noch nicht mal in den Mund.

     

    Ist die jetzt endgültig außen vor bei Eurer Kritik, wo ihr euch sonst doch nie zu schade seid draufzuhauen?

     

    Warum genießt die eigentlich Welpenschutz bei Euch, etwa weil sie ne Frau ist? ich verstehs nicht...

    • @Grisch:

      Die schwarz-grüne Option darf nicht vermasselt werden. Ist doch ganz einfach eigentlich.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Okay, in der TAZ gibt es verschiedene Meinungen unter den Autoren und das finde auch ich gut so. Ich muss trotzdem die ganze Zeit an diesen Critical Whiteness Artikel einer Autorin denken, den ich hier vor geraumer Zeit gelesen habe.

     

    Es ging dabei um die angebliche "liberale Farbenblindheit" weil man ja die Biographie des Einzelnen, nur unter Berücksichtigung seiner ethnischen Abstammung und die damit verbundenen Alltagserlebnisse betrachten könne.

     

    Also nicht sagen:"Dieser Typ ist ein Idiot" sondern eben "Dieser Typ ist ein weißer priviligierter Idiot" oder eben" Dieser Typ verhält sich gerade idiotisch, aber hat es als Mensch mit Migrationshintergrund auch schwerer im Alltag"

     

    ^^ Wie spricht man dann die Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund richtig an?

    Ich fände es ja super, wenn sich mehr Menschen einfach nur als Menschen und mehr Deutsche mit Migartionshitergrund einfach nur als Deutsche betrachten würden.

    Alleine um diesen ganzen Blut, Boden und Ahnenkram aufzubrechen.

    Realität ist aber auch, das Erdogan hier noch vor nicht allzu langer Zeit mehrheitlich gewählt wurde und vor tausenden Anhängern sprach

    • @6474 (Profil gelöscht):

      Erdogan wurde hier keineswegs vor nicht allzu langer Zeit „mehrheitlich gewählt“. Zu dem Verfassungsreferendum vom April 2017, das auf Erdogan speziell zugeschnittene Verfassungsänderungen vorsieht, stellte die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Aydan Özoğuz (SPD) fest:

      „Unter dem Strich haben nur etwa 14 Prozent aller hier lebenden Deutsch-Türken mit Ja gestimmt. Das ist klar nicht die Mehrheit. Das muss man mal zur Kenntnis nehmen.“

      • @Rainer B.:

        Gut die Hälfte der 3,5 Millionen türkischstämmigen Menschen in Deutschland war gar nicht wahlberechtigt. Von den 1,4 Millionen Wahlberechtigten sind 46% zur Wahl gegangen und haben mit 63% für das Referendum gestimmt.

        Unterm Strich haben haben also auch nur 7% aller hier lebenden Deutschtürken mit Nein gestimmt.

        Demnach haben doppelt so viele Deutschtürken für das Referendum als gegen das Referendum gestimmt.

        Unseriöse Aussage ohne nähere Erläuterungen? Gewiss!

        Genauso unseriös wie die Aussage von Frau Özoguz die den Eindruck erweckt, daß die restlichen 86% dem Nein- oder Unentschiedenlager zuzurechnen sind obwohl ca.die Hälfte aller Deutschtürken gar nicht wahlberechtigt war.

        • @Suchender:

          In der öffentlichen Wahrnehmung wird doch gewöhnlich auch nicht unterschieden zwischen wahlberechtigten und nicht wahlberechtigten Deutsch-Türken. Insofern gibt die Aussage von Aydan Özoğuz den Sachstand in dieser Debatte schon korrekt wieder.

          Erdogan selbst wurde doch überhaupt nicht gewählt. Der hat sich - nach Putins Vorbild - kurzerhand 2014 einfach zum Präsidenten ernennen lassen. Die Vorgaben, die die türkische Verfassung an das Amt des Präsidenten knüpft, hat er übrigens dabei nie erfüllt. Das war sicher auch ein ganz entscheidender Grund für dieses Verfassungsreferendum, wurde aber hier wie da medial nicht nennenswert kommuniziert.

          Bei den Parlamentswahlen im Juni 2015 lag die Wahlbeteiligung der 1,4 Millionen Wahlberechtigungen in Deutschland bei durchschnittlich 39%. Schon wenige Monate später im November 2015 ließ Erdogan erneut das Parlament wählen. Da lag die Wahlbeteiligung hier bei 41%. Die AKP hatte bei der Wahl im Juni ihre absolute Mehrheit verloren und fand keinen Koalitionspartner mehr.

          https://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentswahl_in_der_T%C3%BCrkei_Juni_2015

          http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-10/tuerkei-wahlen-stimmenfang

           

          https://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentswahl_in_der_T%C3%BCrkei_November_2015

      • 6G
        6474 (Profil gelöscht)
        @Rainer B.:

        „Unter dem Strich haben nur etwa 14 Prozent ALLER hier lebenden Deutsch-Türken mit Ja gestimmt."

         

        ^^Unter dem Strich haben auch nur 18.4 Millionen aller hier lebenden 73.7 Millionen Deutschen für die CDU bei der letzten Bundestagswahl gestimmt.

         

        Sind also ca. nur 24.5 Prozent CDU Wähler in der deutschen Bevölkerung und damit keine Mehrheit sondern lediglich repräsentabel für ein Viertel der Bevölkerung mit deutschem Pass.

         

        ^Kann man so sehen: Man kann aber auch die Nichtwähler sehen und die Nicht-Wahlberechtigten und dann kommt die CDU eben auf 41.5 Prozent.

         

        Diejenigen die abgestimmt haben, waren mehrheitlich für Erogan. Ob die anderen unentschieden waren wie sie wählen sollen, oder es ihnen einfach egal ist, weil sie keine Verbindung mehr zur Türkei haben, oder ob hier schlichtweg auch diejenigen mitberechnet wurden, die gar keinen türkischen pass mehr haben?

         

        Auch 14 Prozent Erdogan-Wähler sind problematisch

        • @6474 (Profil gelöscht):

          Sicher. Die keinen türkischen Pass haben, können an türkischen Wahlen sowieso nicht teilnehmen, aber die die einen türkischen und einen deutschen Pass haben, können auch jederzeit in die türkische Botschaft vorgeladen werden, wo man ihnen dann ein Angebot macht, das sie nicht ablehnen können - insbesondere, wenn sie noch Angehörige in der Türkei haben.

          Diese „Wahl“ war doch in vielfacher Hinsicht nicht koscher. Das ist das eigentlich Problematische. Man sollte jetzt nicht auch noch in den Erdogan-Modus abgleiten und sein Spiel „guter Türke, schlechter Türke“ munter weiterspielen. Wahlkampf hin oder her.

  • Na ja - es ist Wahlkampf und da macht dann eben auch der Aussenminister mal wieder Innenpolitik und der Innenminister hat doch sowieso schon alle Hände voll mit Fußfesseln für alles was hier so rumläuft und garantiert nicht CDU wählen geht. Richtig große Sorgen würd ich mir erst machen, wenn Siggi Pop der Türkei demnächst einen „Nichtangriffspakt“ anbietet. Dann werden wahrscheinlich auch die Briten und Franzosen etwas nervös.

  • Es ist einfach das Lieblingsspiel der Taz: Damned if you do and damned if you don't. Wahlweise liegt der Fehler darin, die Türkischstämmigen "zu lange ignoriert" oder sich ihnen wie hier ausdrücklich gewidmet zu haben.

     

    Warum wäre denn dieser andere Brief der richtige gewesen? Die Wackelkandidaten in punkto Erdogan sind nunmal Teile der Deutschtürken und sonst niemand, und die Regierung ist endlich in den Wettstreit mit Erdogan um die Gunst dieser Leute getreten. Die Idee ist, daß sich die Adressaten gebauchpinselt fühlen sollen, und das könnte durchaus funktionieren. Gerade WEIL sie separat angesprochen wurden.

     

    Warum übrigens hätte demgegenüber die Kanzlerin in Ihrem Wunschbrief die Deutschstämmigen separat ansprechen dürfen? Weil das die "Mehrheitsgesellschaft" ist? Und warum sollte sie irgendjemandem "polarisierende Debatten" verbieten? Es geht doch gerade um etwas völlig anderes! Der Konflikt mit der Türkei spitzt sich zu (womöglich noch weiter), und Menschen mit türkischen Wurzeln sind vermutlich beunruhigt, außerdem der Hetze Erdogans ausgesetzt. Aus diesem Anlaß kommt von der Regierung eine Versicherung, daß sich die Gegnerschaft zu Erdogan nicht gegen die türkische Kultur richte, anders als Erdogan behauptet.

     

    Was der Verweis auf rechtsradikale Gewaltfälle hier soll, erschließt sich mir nicht. Die Diskussion beenden?

  • Gabriel ist nicht nur Außenminister, er ist auch Vizekanzler und somit wichtigster Repräsentant des sozialdemokratishen Koalitionspartners innerhalb der Regierung. Das sollte man bei solch einem Leitartikel vielleicht bedenken.

     

    Es sei denn, man hatte sowieso vor, nicht nur der GroKo, sondern vor allem der Sozialdemokratie - mal wieder - ans Bein zu pinkeln. Und jetzt, wo so langsam der Bndestagswahlkampf ins Rollen kommt, geben die "Deutschtürken" ja offenbar eine prima Masse für so ein taktisches Manöver ab.

     

    Ja, ich werde den Eindruck nicht los, hätte Gabriel geschwiegen, es wäre vom gleichen Autor so ziemlich der gleiche Leitartikel mit dem gleichen Duktus und der gleichen "Finalisierung" dabei herausgekommen. Nur eben mit leichten Variationen im Mittelteil. Die schwarz-grüne Beliebigkeit läßt schön grüßen.

     

    Darüber, dass Schrottmeiler unter der neuen jamaikanischen Sonne zwischen den Meeren wieder anlaufen, und man an der Elbe angesichts des sehr eigenen Verständnisses von Bürger-Offensive ("Wir kommen ihnen entgegen") lieber gleich ganz im "grünen Boot" auf Tauchstation geht ( http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/extra_3/Das-Gruene-Boot,extra13022.html ) kann das aber auch nicht wirklich hinweg täuschen.

  • Der Kommentar verwechselt Ursache und Wirkung - zumindest in der aktuellen Situation. Aktuell ist es die Situation in der Türkei - also ein außenpolitisches Thema - welches die Spaltung in Deutschland vorantreibt. Da ist es richtig, dass der Außenminister einen Brief schreibt.

    Andere Ursachen liegen eher in der Innenpolitik. Die Ausgrenzung der eingewanderten Türken durch die einheimischen Deutschen hat da sicherlich ihren Teil beigetragen. Da wären in der Vergangenheit Briefe wie der Eberhard Seidl vorgeschlagene richtig gewesen.

    Diesen Brief allerdings jetzt vorzuschlagen, würde bedeuten Erdogan komplett aus der Verantwortung zu entlassen - das wäre grundverkehrt.

  • Interessantes Thema. Ist schon richtig, mir hat der Außenminister noch nie einen Brief geschrieben (der Innenminister allerdings auch noch nicht.)

     

    Aber wer soll sich denn nun um die Doppelstaatler kümmern? Das Innen- oder das Außenministerium? Würde mal sagen: Hängt davon ab, wie sich derjenige selber sieht.

  • 2G
    2730 (Profil gelöscht)

    Meine Nachbarn, die ich als sehr nette und hilfsbereite Menschen schätze, haben seit dem Tag des Putsches in der Türkei in ihrem Wohnzimmerfenster eine türkische Fahne hängen.

    Auch fällt mir auf, dass nach Siegen der türkischen Nationalmannschaft Deutsche mit türkischen Wurzeln fahnengeschmückte Autokorsos veranstalten.

    Beide Fahnen symbolisieren auch Abgrenzung: Uns bewegt, was im Land, aus dem wir oder unsere Vorfahren stammen, vor sich geht.

    Und dennoch: Diese Menschen gehören zu uns, denn jedes Individuum, jede gesellschaftliche Gruppe hat ein Recht auf eine gewisse Abgrenzung und deren Darstellung durch Symbolik.

    Der Ausdruck: "Ihr gehört zu uns" betont den Wert der Gemeinsamkeiten, die Abgrenzungen Gemeinsamkeiten relativiert.

    Wenn aber - wie hier geschehen - ein so intendiertes Schreiben derart willkürlich (fehl-)interpretiert wird, gibt es für den Hintergrund der Interpretation nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist der Interpretierende geistige limitiert oder es äußert sich in seiner Interpretation ein böser Wille.

    Beides ist eines Journalisten nicht würdig.

  • Dieser Kommentar ist ein schönes Beispiel für exzessive Political Correctness: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, muss auch ein Außenminister so tun, als gäbe es es nicht.

     

    Tatsächlich gibt es in Deutschland sehr unterschiedliche Einstellungen zur Türkei. Manche Menschen sehen in ihr ein fremdes Land, zu dem sie keinerlei Bindung haben, andere als ein Land, an dem sie besonderes Interesse haben, und wieder andere als ihre wahre Heimat. Und die letzten beiden Einstellungen korrellieren weitgehend - was Wunder! - mit der türkischen Abstammung oder Herkunft der jeweiligen Leute: Sie sind Deutschtürken und identifizieren sich (auch) mit der Türkei. Wenn also der deutsche Außenminister der Türkei das diplomatische Äquivalent eines Stinkefingers ins Gesicht hält, dann berührt sie das, und sie wollen wissen, was es möglicherweise für sie bedeutet.

     

    Das ist die Realität. Der offene Brief Gabriels behandelte diese Realität. Das mag im ideologischen Elfenbeinturm zwar ein paar Nackenhaare zu Berge schicken. Aber das ist eben der Unterschied zwischen Theorie und Praxis: Letztere kann nicht einfach ignorieren, was ihr nicht gefällt. Das lustige ist, dass der Autor wahrscheinlich parallel ein glühender Befürworter der doppelten Staatsbürgerschaft ist, obwohl es ja eigentlich Deutsche, die sich als Mitglied einer dezidiert türkischen Gemeinschaft fühlen, gar nicht geben dürfte...

  • Was für eine Haarspalterei! Wenn ein Politiker sagt, die Gruppe xy gehört zu uns, dann ist dies eben gerade nicht ein Ausschluss aus dem "republikanischen Wir", sondern aussagenlogisch wird damit die Inklusion dieser gesellschaftlichen Teilgruppe postuliert. Wenn etwa der Landwirtschaftsminister sagt, die Bauern gehören zu uns, dann schliesst er damit die Bauern nicht aus der Gesellschaft aus. Mit dem Staatsangehörigkeitsrecht hat das Ganze schon mal gar nichts zu tun, da die angesprochene gesellschaftliche Teilgruppe zur einen Hälfte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, zur anderen Hälfte ausschliesslich über die türkische Staatsangehörigkeit verfügt.

  • Der Brief Gabriels war genau richtig formuliert und zur richtigen Zeit veröffentlicht. Offenbar wird das auch so von der türkischen Gemeinde gesehen. Schade, dass es halt nicht in das Konzept von Herrn Seidel passt - lediglich sein Erklärungsansatz ist fadenscheinig - oder leugnet er die Existenz einer türkischen Gemeinde in Deutschland?

  • Man sollte endlich aufhören das Verhalten von Politikern auf Basis eines herbeigewünschten Utopias zu beurteilen. Sie schreiben selber “Deutschtürken gehören für viele nicht zum republikanischen Wir.”, verstehen also sehrwohl das es da eine Unterscheidung gibt, verlangen aber gleichzeitig von Herrn Gabriel das er diese ignoriert, weil es sie eigentlich nicht geben sollte. Ist das magisches Denken oder was?

     

    Ich weiß ja nicht wie viele Deutschtürken Sie kennen aber meinen Erfahrungen nach haben viele kein Problem damit sich von der “Mehrheitsgesellschaft” abzuheben. Nicht wenige Deutschtürken könnten sich ein Leben in deutlich kostspieligeren Stadteilen leisten, wohnen aber gerne weiter in einem Umfeld das hauptsächlich von Deutschtürken geprägt ist.

    Das lässt sich auch daran erkennen das in einer der wenigen Umfragen die es zu dem Thema gibt Cem Özdemir direkt Bundeskanzler geworden wäre, wenn es nach den Deutschtürken ginge. Das sind die gleichen Menschen die Erdogan zu 60% verholfen haben. Cem Özdemir war davon nicht begeistert. Zusammen passt das weil es Migranten vor allem darum geht das Menschen aus ihren Communities in der Politik erfolgreich sind. Das wiederum weiß man nur aus den Skandinavischen Ländern. Dazu gibt es hier keine Studien.

    • @disenchanted:

      Das ist übelste Hetze, die Sie hier betreiben imho...

      • @Nobodys Hero:

        Nö das sind einfach Fakten. Meine persönliche Erfahrung ist nur das viele Deutschtürken gerne in einem Umfeld leben das primär von ihnen bestimmt wird. Das sehen die mir Bekannten Deutschtürken auch überhaupt nicht als Markel, oder als Ausgrenzung an.

      • @Nobodys Hero:

        Tatsachen können niemals Hetze sein.

      • @Nobodys Hero:

        Die oben getroffene Aussage hat nichts mit Hetze zu tun, vielmehr belegen Studien genau die von DIENTCHANTED beschriebene Situation.

  • Nein, liebe(-r) Kommentator(-in),

    das greift viel zu kurz. Als wenn es einen Erdogan nie gegeben hat, der "seine" Volksangehörigen in Deutschland aufgefordert hat, Assimilation zu meiden - diese sei "ein Verbrechen".

    Es gibt in Deutschland viele Migranten türkischer Abstammung, die sich als Türken fühlen und bei den letzten türkischen Wahlen entsprechend abgestimmt haben. Und die (richtigerweise) das Gefühl haben, ihre Realität und ihre Interessen kämen in unserer Politik nicht vor. Und wenn doch - siehe Özdemir - dann wird dieser aus der Türkei als potentieller Terrorist angesehen und unsere Bundesregierung nimmt hierzu kaum Stellung.

    Es ist richtig, dass unsere Bundesregierung jetzt deutlich macht, dass sie die Interessen der Migranten in unserem Land vertreten und mit ihnen sprechen will. Wer die Migrations-Parallelgesellschaften bspw. in Duisburg-Marxloh oder Duisburg-Hochfeld kennt, weiß, dass das dringend nötig ist. Deswegen ist das Handeln Gabriels richtig.

  • Da verwechselt der Autor wohl Wunsch und Wirklichkeit. Der zweisprachig verfasste Brief war m.E. in Form und Inhalt zum gegenwärtigen Zeitpunkt genau richtig.

  • Finde ich völlig falsch. Es ist doch leider so, dass sehr viele "Deutschtürken" sich selbst ausgegrenzt haben, begeistert Erdogan zugejublet haben, als der Weg in die Dikatur schon begonnen war. Es gab Riesen-Demos im letzten Jahr, bei denen man eben oft zweifeln konnte, welchem der beiden Staaten die dortigen Teilnehmer näher stehen.

     

    Im Endeffekt gibt es natürlich auch die vielen "Deutsch-Türken", die unschuldig in diesen Konflikt verwickelt wurden, aber genau für die ist ja der Brief, dass sie sich nicht von der Kritik an Erdogan und der Türkei von heute angegriffen fühlen sollen und brauchen. Den "Riss" und die Zweifel gehen aber auf diejenigen zurück, die sich selbst eher zu einem Dikator Erdogan als zur Demokratie hier bekennen wollen. Leider sind das gar nicht so wenige.

    • @Dr. McSchreck:

      Aber glauben Sie, daß es das Türkisch-Deutsche Verhältnis positiv beeinflußt, wenn Die Deutschtürken auch noch offiziell vom Außenminister "ausgegrenzt" werden?

      • @Nobodys Hero:

        Es werden eben nicht "die Deutschtürken" ausgegrenzt sondern wie ich es verstehe, soll im Gegenteil den Deutsch-Türken, die sich hier integriert haben mitgeteilt werden, dass sich nichts für sie ändert.

         

        Letztlich ist es das gleiche wie bei vielen Themen der letzten Monate. Es wird auf einmal viel nach oben gespült, was es schon immer gab, aber tabuisiert war. Und jetzt kommen diese Themen auf den Tisch.

         

        Der Kommenatar kommt mir "realitätblind" vor, als wolle er so tun, als würde es die Probleme, die in meinem ersten Beitrag erwähnt werden, gar nicht gäbe. Es gibt sie aber und es gibt klare Loyalitätkonflikte bei Teilen der hier lebenden Türken und Deutsch-Türken, die man auch benennen muss. Und den anderen wiederum will Gabriel die hiesige Loyalität versichern, was ich richtig finde.

    • @Dr. McSchreck:

      A gähn & Again

       

      Schreck laß nach!

      Nix capito. Punkt.

  • Danke. So isset. Punkt.