Debatte über die Kölner Silvesternacht: Polizeipräsident bedauert Wortwahl

Jürgen Mathies entschuldigt sich für den Begriff „Nafris“, verteidigt aber das Vorgehen der Polizei. Kritik kommt von Politikern der Grünen, Unterstützung von der CSU.

Luftaufnahme des Rheinufers in Köln mit dem Dom bei Nacht, in der Luft ist Feuerwerk

Da brennt die Luft: Silvester in Köln Foto: dpa

BERLIN/KÖLN epd/afp/dpa | Der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies hat die Verwendung der Bezeichnung „Nafris“ für Nordafrikaner in einem Tweet der Polizei bedauert. „Den Begriff finde ich sehr unglücklich verwendet hier in der Situation“, sagte Mathies am Montag im WDR. „Das bedaure ich außerordentlich.“ Die Bezeichnung werde als „Arbeitsbegriff“ innerhalb der Polizei verwendet.

Die Kölner Polizei hatte am Silvesterabend via Twitter mitgeteilt: „Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen.“ Rund 1000 junge Männer vornehmlich aus dem nordafrikanischen Raum waren an der Anreise zum Dom gehindert worden.

Die Grünen-Chefin Simone Peter kritisierte das Vorgehen der Polizei gegen Menschen nordafrikanischer Herkunft. Es stelle sich die Frage „nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit, wenn insgesamt knapp 1000 Personen alleine aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt wurden“, sagte sie der Rheinischen Post vom Montag. Als „völlig inakzeptabel“ verurteilte Peter den Gebrauch von „herabwürdigenden Gruppenbezeichnungen wie ‚Nafris‘ für Nordafrikaner“.

Polizeipräsident Jürgen Mathies wies den Vorwurf des Rassismus zurück und verteidigte das Vorgehen der Polizei, die Gruppen zu überprüfen. Die Bundespolizei habe zuvor schon aus den Zügen gemeldet, dass „hochaggressive“ Gruppen nach Köln unterwegs seien. Die Polizei habe dann das Gruppenverhalten und auch das Verhalten einzelner Personen beobachtet und davon ausgehend kontrolliert.

„Es ist nun mal so, dass gerade auch aus den Erfahrungen der vergangenen Silvesternacht, aus Erfahrungen, die wir durch Razzien insgesamt auch gewonnen haben, hier ein klarer Eindruck entstanden ist, welche Personen zu überprüfen sind“, sagte Mathies. „Es waren keine grauhaarigen älteren Männer oder blondhaarigen jungen Frauen.“ In einer solchen Situation, in der Tausende Menschen gleichzeitig am Hauptbahnhof einträfen, müsse die Polizei zwingend sofort Entscheidungen treffen.

CSU-Innenpolitiker sieht keine Diskriminierung

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) warb um Verständnis. „Leider wird die gute Polizeiarbeit heute durch die Diskussion um einen Tweet der Kölner Polizei überlagert“. Es sei gut, dass Mathies „dazu klar Stellung bezogen“ habe.

Polizeipräsident Jürgen Mathies

„Es waren keine grauhaarigen älteren Männer oder blondhaarigen jungen Frauen“

Auch der CSU-Innenexperte Stephan Mayer hat die Kritik am Silvester-Einsatz der Kölner Polizei zurückgewiesen und die Beamten gegen Rassismusvorwürfe in Schutz genommen. Das Vorgehen gegen Menschen nordafrikanischer Herkunft habe „nichts mit Diskriminierung zu tun“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Beamten hätten „konsequent und entschieden“ Straftaten und sexuelle Übergriffe wie vor einem Jahr verhindert.

Mayer sagte, er sei „voll Respekt“ für den Polizeieinsatz in Köln und mit der Polizeiarbeit „sehr zufrieden“. Vor einem Jahr seien in Köln die meisten Straftäter aus nordafrikanischen Ländern gekommen. Nun habe es erneut „klare Hinweise“ auf „insbesondere nordafrikanische Straftäter“ gegeben.

Der migrationspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, äußerte sich zurückhaltend. „Bevor ich nicht von jeder Seite ihre Version des Vorgangs kenne, will ich mich nicht über das Verhalten der Kölner Polizei äußern“, sagte er der Rheinischen Post. „Ich bin grundsätzlich allerdings der Meinung, dass sogenanntes ‚racial profiling‘ – also ein polizeiliches Vorgehen allein aufgrund der tatsächlichen oder vermeintlichen ethnischen Zugehörigkeit, Religion und nationalen Herkunft von Menschen – keine legitime Vorgehensweise der Polizei wäre“, sagte der Kölner Grünen-Politiker.

Polizeiliche Maßnahmen müssten durch Gefahrenlagen oder das Verhalten einer Person begründet sein, nicht in ihrer Identität, sagte Beck- Alles andere würde gegen die Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen verstoßen.

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