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documenta im KulturausschussKassel aufarbeiten

Ein Gutachten und ein Expertenbericht nehmen die documenta 15 in den Blick. Staatliche Vorab-Kontrollen sind grundrechtlich ausgeschlossen.

Banner des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi wird abgehängt Foto: Imago

Gleich zwei Dokumente sind in den letzten Tagen veröffentlicht worden, die sich mit der documenta fifteen beschäftigen. Juristisch nahm der Berliner Rechtswissenschaftler Christoph Möllers die Kunstausstellung in den Blick.

„Die Freiheit der Kunst kann auch in Fällen rassistischer oder antisemitischer Tendenzen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vor staatlichen Zugriffen schützen“, heißt es in seinem Gutachten. Und, am wichtigsten: Grundrechtlich kategorisch ausgeschlossen sei es, „künstlerische Programme einer staatlichen Vorab-Kontrolle zu unterwerfen“.

Im von dem Expertengremium unter Vorsitz von Nicole Deitelhoff, Direktorin der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, verfassten Bericht wiederum steht die Aufarbeitung des Antisemitismusskandals im Vordergrund.

Wie ein Klima der Verantwortungslosigkeit und Fehlkommunikation entstehen konnte, darum ging es am Mittwoch auch im Kulturausschuss des Bundestags. Der Bund sei bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Sie hoffe sehr, dass man sich in Kassel bald entscheide, ob dies gewünscht sei oder nicht.

Doppelspitze für die documenta

Konkret regen die Ex­per­t:in­nen in ihrem Bericht an, die documenta-Geschäftsführung mit einer Doppelspitze zu besetzen, die aus einer kaufmännischen Di­rek­to­r:in und einer künstlerischen In­ten­dan­t:in besteht. Doch auch mit Reformen bleibt ein Restrisiko: Dass antisemitische Bilder auftauchen, sei immer mal wieder vorgekommen und werde auch weiterhin passieren, sagte Deitelhoff. Bei der letzten documenta seien diese Bilder jedoch teilweise bis zum Ende der Kunstschau zu sehen gewesen und nicht einfach „durchgerutscht“.

Die vielfach kritisierte, unübersichtliche personelle Struktur der documenta war ebenfalls Thema im Ausschuss. Wie Ferdinand von Saint André, Interims-Geschäftsführer der documenta, berichtete, besteht das documenta-Kernteam aus 30 Personen. Im Vorfeld der Ausstellung wächst die Zahl der Mit­ar­bei­te­r:in­nen auf etwa 1.000 Menschen an.

Ob die Kulturstiftung des Bundes (KSB) die documenta wie gehabt mit 3,5 Millionen Euro fördern werde, sei Thema im nächsten Stiftungsrat, sagte KSB-Vorstandsmitglied Kirsten Haß. Vor fünf Jahren hatte die KSB ihre zwei Sitze im documenta-Aufsichtsrat niedergelegt, nachdem dieser bei wichtigen Entscheidungen im Nachgang der documenta 14 außenvor gelassen worden sei, so Haß.

Dass die KSB ihre Sitze wieder wahrnimmt, forderte hingegen das Expertengremium, fehle dem Aufsichtsrat doch im Moment eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Perspektive.

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7 Kommentare

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  • Der Witz ist ja der, hätte es in Kassel rassistische, homophobe oder frauenverachtende Kunstwerke gegeben, das linke und liberale Deutschland wäre Kopf gestanden.

    Es hätte Demonstrationen, womöglich Besetzungen, vielleicht sogar Anschläge gegeben.

    Die Verantwortlichen wären ruckzuck weg vom Fenster gewesen und die Schau wäre innerhalb einer Woche vorbei gewesen.

    Es ging aber um Antisemitismus, der wird ganz anders bearbeitet. Er wird geleugnet, relativiert und als unberechtigter Vorwurf behandelt.

    Pech gehabt.

  • Kassel aufarbeiten - bin ich auch dafür. Allerdings finde ich einen anderen Punkt der aufgearbeitet werden sollte. Nämlich, wie konnte es dazu kommen, dass die grundgesetzlich verankerte Kunstfreiheit der documenta in Kassel in Frage gestellt wurde, ja sogar faktisch nicht mehr galt?



    Auf Art 3 im Grundgesetz, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und Niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf.

    Muss an dieser Stelle hingewiesen werden.

    • @Nico Frank:

      Niemand? Nein, niemand!

    • 0G
      04405 (Profil gelöscht)
      @Nico Frank:

      der Verweis auf Art. 3 geht ins Leere: Die Veranstalter selbst konnten sich zum Glück dazu durchringen, die Bilder einfach abzuhängen. Ihr Einwand wäre berechtigt, wenn die Polizei oder irgendeine externe Person gekommen wäre, um die Bilder mitzunehmen.

      Wenn ich zuhause ein Bild aufhänge und mir im nachhinein auffällt, dass da irgendwelche widerlichen Sachen in der Ecke sind, kann ich das auch jederzeit wieder weghängen. Kunstfreiheit hin oder her.

  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    Das juristische Gutachten ist in jeder Hinsicht Gold wert, weil es auch klarstellt, was eigentlich eine Binse sein sollte: Kein staatliches Organ kann und soll überwachen, was ausgestellt werden darf. Dafür sind in jeder Hinsicht die Ausstellenden und die jeweiligen Veranstalter zuständig.

    Wenn aus Desinteresse oder Ignoranz Hasskarikaturen durchrutschen, sind moralisch dafür die Urheber und Kuratoren verantwortlich. Eine staatliche Zensur findet nicht statt.

  • "Der Bund sei bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Sie hoffe sehr, dass man sich in Kassel bald entscheide, ob dies gewünscht sei oder nicht." Das klingt wie Hohn. Frau Roth hatte frühzeitig die Gelegenheit, etwas gegen Antisemitische Ausstellung im Rahmen der documenta zu unternehmen.

  • Ich denke, dass das Konzept "Kunst" die Deutschen wohl ganz grundsätzlich überfordert. Vielleicht sollte man lieber Ausstellungen mit Panzern machen.