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Abschiebung nach GriechenlandAnti-Hamas Aktivist Hamza Howidy droht die Abschiebung

Hamza Howidy floh aus Gaza und kämpft in Deutschland weiter gegen Islamismus und Antisemitismus. Jetzt soll er nach Griechenland abgeschoben werden.

Hamza Howidy Foto: Lars Berg/laif

Berlin taz | Der palästinensische Anti-Hamas Aktivist Hamza Howidy soll aus Deutschland abgeschoben werden. Weil er bereits in Griechenland Asyl bekommen hat, wurde sein Antrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF abgewiesen. Dabei droht Geflüchteten in Griechenland Arbeitslosigkeit, Wohnungslosigkeit und Verelendung. Der taz sagt Howidy: „Ich fühle mich komplett verloren.“ Er lebe in ständiger Angst davor, dass die Polizei ihn abholen komme.

Howidy hatte sich in Gaza gegen die dort herrschende Terrororganisation Hamas engagiert. Die Islamisten ließen ihn festnehmen und foltern. Im Sommer 2023 floh er deshalb nach Griechenland und erhielt Asyl. Auch hier kritisiert er weiterhin öffentlich die Hamas, etwa durch Posts auf sozialen Medien. Daraufhin wurde er von ebenfalls nach Griechenland geflüchteten Hamas-Anhängern mit dem Tod bedroht, wie er berichtet. Anfang 2024 ging er deshalb nach Deutschland und stellte einen erneuten Asylantrag.

Die jetzt drohende Abschiebung Howidys ist auch deswegen so aufsehenerregend, weil er es mit seinem Aktivismus gegen Islamismus und Antisemitismus zu einer gewissen Bekanntheit gebracht hat. Er gab Interviews im ZDF oder für Die Welt, sprach an Schulen und Universitäten, wurde von Bundestagsabgeordneten in Reden erwähnt. Auch für die taz schrieb er und warb dabei für den Dialog zwischen Israelis und Palästinensern.

Bis vor wenigen Monaten schoben die deutschen Behörden fast niemanden nach Griechenland ab, auch wenn dies nach den Dublin-Regeln eigentlich vorgesehen war. Zu groß war das Elend der Asylsuchenden und auch der anerkannten Geflüchteten dort. Doch seit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem April hat sich das geändert.

Extreme Notlage

Auch in den Unterlagen zum Fall Howidy, die der taz vorliegen, wird das Urteil angeführt. Es sei „nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass nach Griechenland zurückkehrende arbeitsfähige, gesunde und alleinstehende männliche Schutzberechtigte dort in eine extreme materielle Notlage geraten werden“, heißt es dort etwa.

Zwar sei der Zugang zu Sozialleistungen nicht gewährleistet, es gebe aber Notschlafstellen. Und andere Grundbedürfnisse könnten Geflüchtete befriedigen, indem sie in der „sogenannten Schattenwirtschaft“ arbeiten. Das Bundesverwaltungsgericht empfiehlt den Betroffenen also, schwarzzuarbeiten, was oft Ausbeutung und brutale Arbeitsverhältnisse bedeutet. Menschenrechtsorganisationen bezeichnen die Lage für Geflüchtete in Griechenland weiterhin als unmenschlich und schockierend. Das BAMF teilt auf Anfrage der taz mit, dass „die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in Griechenland bei Rückkehr – auch unter dem strengen Maßstab der Rechtsprechung – nicht angenommen werden kann.“ Zu einzelnen Fällen äußere das Amt sich prinzipiell nicht.

Würde er tatsächlich abgeschoben, drohe ihm in Griechenland Lebensgefahr, sagt Howidy der taz. „Es gibt dort keinen Schutz.“ Nach wie vor lebten in Griechenland viele Geflüchtete aus Gaza, die Hamas-Mitglieder seien oder mit der Terrororganisation sympathisieren. „Die deutsche Polizei kann mich beschützen, die griechische wird es nicht tun“.

Ein Eilantrag von Howidys Anwältin gegen die drohende Abschiebung wurde abgelehnt. Jetzt soll eine Petition Druck machen, damit er doch bleiben darf. Bislang haben rund 8.000 Personen unterschrieben.

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4 Kommentare

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  • "Richtet euch nach Gerichten"



    Genau eine Woche ist es her, dass in einem taz-Artikel leidenschaftlich eingefordert wurde, Gerichtsurteile zu befolgen, denn:



    "Gerichtsurteile sind keine linke Show, sondern der Beweis eines funktionalen Rechtsstaats. Wer das anzweifelt, hilft mit beim Abbau der Demokratie."



    Hamza Howidys Antrag wurde abgelehnt, auch der Eilantrag wurde abgelehnt - wenn keine weiteren Rechtsmittel mehr eingelegt werden können, ist die Entscheidung des BAMF zu akzeptieren - siehe oben, funktionaler Rechtsstaat, Demokratieabbau verhindern.



    Griechenland ist weder Kriegsgebiet, noch droht dort politische Verfolgung.



    taz.de/Migrationsp...bb_message_5026594

    • @Farang:

      "Gerichtsurteile sind keine linke Show, sondern der Beweis eines funktionalen Rechtsstaats"

      Das ist zwar richtig, es gilt aber auch zu unterscheiden zwischen Urteil und Urteilsbegründung.

      Das eine oberste Instanz wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung einräumt, dass es in Griechenland zwar keine Sozialleistungen für Asylbewerber dafür aber eine florierende Schattenwirtschaft gibt, die junge und gesunde Männer ernährt und damit in einem Rechtsurteil auf Schwarzabeit zur Finanzierung des Lebensunterhalts verweist, hat es so in der deutschen Rechtssprechung noch nicht gegeben.

      Und das aus gutem Grund, verstößt es doch nicht nur gegen EU Recht und die EU Richtlinie 2013/33/EU in der die Standards für die Lebensbedingungen klar festgelegt sind sondern steht auch konträr zum Grundgesetz und den Allgemeinen Menschenrechten der UN. Artikel 25 definiert hier den angemessenen Lebensstandard.

      Verwunderlich ist daher lediglich, dass eine Behörde bei einer Abschiebung sich auf dieses Urteil beruft und das von Seiten der Rechtsbeiständen der betroffenen Personen anscheinend noch keine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht wurde.

  • Wenn man in der freien Wirtschaft in GR im unteren Sektor im Schnitt 950€ verdienen kann (bei höheren Preisen und höherer Inflation), dann ist in der "Schattenwirtschaft" entsprechend weniger zu verdienen.

    Der Muff aus 1000 Jahren ist immer noch wirksam, hier empfiehlt er gar ein Leben in der Illegalität. Irre, was in diesem Land inzwischen achselzuckend hingenommen wird.

  • Unterschrieben.