Zwischen Libyen und Südafrika: Die Jagd nach Gaddafis Gold
Wo ist das Vermögen des Diktators? Zwei Männer aus Deutschland suchen den Schatz. Sie haben Verbindungen zu Rechtsextremen.
Inhaltsverzeichnis
D er Schatz, um den es hier geht, wurde gestohlen. Dem libyschen Volk. Muammar al-Gaddafi, der langjährige Diktator, häufte ein riesiges Vermögen an, gespeist aus dem Verkauf von Erdöl. Vor seinem Tod ließ Gaddafi Geld mit Flugzeugen ins Ausland bringen. Es geht um Milliarden Dollar.
Gaddafi ist seit 2011 tot. Ein Teil des Vermögens liegt immer noch auf Bankkonten außerhalb Libyens, manches davon ist eingefroren wegen internationaler Sanktionen, manches nicht. Ein anderer Teil liegt in Tresorräumen verschiedener Länder. Goldbarren, Diamanten, Dollarscheine. Ein riesiger Schatz.
Wo ein Schatz ist, da sind auch Jäger. Wir bekommen einen Hinweis, dass auch zwei Männer aus Deutschland heimlich daran arbeiten sollen, libysches Vermögen im Ausland aufzuspüren und außer Landes zu bringen. Die Männer haben dubiose Verbindungen: zu schwedischen Neonazis, die als Söldner in der Ostukraine gekämpft haben, zu rechtsextremen Preppern in Deutschland, zur Szene von Hardcore-Libertären, die den Staat ablehnen. Und sie haben gute Verbindungen nach Libyen, ein heute vom Bürgerkrieg gezeichnetes Land.
Der eine Mann ist ein ehemaliger Polizist aus Baden-Württemberg, er war unter anderem beim SEK. Er hat offenbar Beziehungen zur Familie Gaddafi aufgebaut. Der andere Mann ist ein IT-Unternehmer und Berater aus der Nähe von München, ein umtriebiger Netzwerker mit wenig Berührungsängsten nach rechts außen.
Wir wollen herausfinden, wie die Männer den Schatz suchen und in wessen Auftrag. Es ist ein Ringen um die Frage, wer am Ende an die Auslandsgelder kommt: Die libysche Regierung? Gaddafis Kinder? Jemand ganz anderes? Ein Schatz, der in die falschen Hände fällt, kann viel Schaden anrichten – weit über Nordafrika hinaus.
In zwei Wochen könnten die Gaddafis in Libyen zurück an die Macht kommen. Für den 24. Dezember ist eine Präsidentschaftswahl geplant, Gaddafis Sohn Saif al-Islam tritt an. Wenn er gewählt werden sollte, könnte er in Zukunft Zugriff auf die eingefrorenen Milliarden im Ausland bekommen. Aber bislang setzt er offenbar auf einen anderen Weg zum versteckten Gold: Schatzsucher.
Die Recherche führt nach Bayern und Baden-Württemberg, nach Schweden, nach Griechenland, in die Ukraine und nach Südafrika. Wir haben mit Ermittler:innen und Diplomat:innen gesprochen, mit Leuten aus der Sicherheitsbranche und mit Wissenschaftler:innen. Diese Geschichte ist ein Blick in eine milliardenschwere Schattenwelt.
Der Schatz
Anfang 2011 erreicht der Arabische Frühling auch Libyen. Es kommt zum Aufstand und Bürgerkrieg. Viele Mitglieder von Gaddafis Familie flüchten aus dem Land, sie nehmen so viele Wertsachen mit, wie sie in die Autos packen können. Schließlich enden mehr als vier Jahrzehnte Gaddafi-Herrschaft damit, dass Männer der Revolutionstruppen den Diktator im Oktober aus seinem Versteck in einem Betonrohr herausziehen. Er wird erschossen.
Die Vereinten Nationen haben schon Anfang 2011 eine Resolution verabschiedet, dass libysches Auslandsvermögen weltweit eingefroren werden soll. Damals ist die Rede von mehr als 60 Milliarden US-Dollar, das ist nur ein Teil des Vermögens. Die Übergangsregierung, die nach Gaddafis Sturz Libyen regiert, braucht dieses Geld für den Wiederaufbau des Staates. Manches lässt sich identifizieren, weil es sich um offizielle staatliche Investitionen handelt – aber es ist schwer zurückzuerlangen. Anderes muss erst mal aufgespürt werden. Denn oft wird das Vermögen über Strohleute und komplizierte Firmenkonstrukte verschleiert.
Es beginnt ein Prozess, der Asset Recovery heißt, die Rückführung von Vermögenswerten. Asset Recovery ist ein sehr technischer Begriff. Es geht darum, dass von Autokraten gestohlenes Geld den Bürger:innen des Landes zugutekommen soll. Das ist die Idee.
Die Pflicht zur Rückführung gestohlener Staatsvermögen ist im Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption verankert. Die Weltbank schätzt konservativ, dass jedes Jahr zwischen 20 und 40 Milliarden Dollar durch Korruption in Ländern des globalen Südens gestohlen und woanders versteckt werden. Aber nur ein Bruchteil davon wird irgendwann zurück ins Ursprungsland geschafft. Die Schweiz etwa rühmt sich damit, dass seit 1986 rund 2 Milliarden US-Dollar an die bestohlenen Länder zurückgegeben wurden. Nur 2 Milliarden.
Das Recht Das Rückführen von Vermögen ehemaliger Diktaturen im Ausland (Asset Recovery) ist ein langwieriger Prozess. Im Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC) verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, Erträge, die aus Straftaten stammen – beispielsweise aus dem Unterschlagen öffentlicher Gelder – zu identifizieren, einzuziehen und zurückzugeben.
Die Mittel In vielen Fällen beginnt das Verfahren mit UN-Sanktionen. Diese gelten in allen Mitgliedsstaaten und legen fest, welches Vermögen eingefroren werden muss. In der EU wird ihre Umsetzung mit Verordnungen geregelt. Bei Libyen betreffen die Sanktionen viele Mitglieder von Gaddafis Familie und des ehemaligen Regimes sowie den Staatsfonds. Das Ziel: die Verwendung von Geld und anderen Vermögenswerten zur weiteren Unterdrückung des libyschen Volkes zu verhindern. So hat es der UN-Sicherheitsrat 2011 in der Resolution 1970 festgelegt.
Die Probleme Es ist unklar, wie viel Gaddafi-Vermögen eingefroren wurde. Denn die Staaten müssen weder die UN noch die libysche Regierung darüber informieren. Im Falle Deutschlands meldet das Bundeswirtschaftsministerium eingefrorene Finanzkonten lediglich an die EU-Kommission. Kompliziert wird es, wenn wieder aufgetaute Gelder an den Ursprungsstaat zurückfallen sollen. Das ist nämlich nicht in den Sanktionen geregelt, sondern läuft über ein aufwendiges separates bilaterales Rechtshilfeverfahren. Bisher ist kein Fall bekannt, in dem Deutschland Diktatorengelder an ein Land des globalen Südens zurückgegeben hat.
Denn in der Praxis wird das, was die Expert:innen Rückführung nennen, selten konkret. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat eine Stelle, die sich mit dem libyschen Vermögen im Ausland beschäftigt: die Sachverständigengruppe. Sie sollen Gelder aufspüren, damit sie eingefroren werden. Aber wie sie zurückkommen, ist nicht ihre Aufgabe. Auch Interpol, die internationale Polizeiorganisation, hat eine Einheit für Asset Recovery. Aber keine Ermittlungsbefugnis. Die Ermittlungen führen muss das betroffene Land selbst, also zum Beispiel Libyen. Und das ist kompliziert. „Es ist ein totales Durcheinander“, sagt ein UN-Vertreter.
Nach dem Tod Gaddafis hatte sich die libysche Übergangsregierung um das Zurückholen des Gaddafi-Vermögens gekümmert. Eine Behörde für Asset Recovery wurde eingerichtet. Aber bald hat keiner mehr einen Überblick, welcher Minister wen beauftragt hat, im Ausland nach dem Vermögen zu suchen. Die Suchenden, das sind teils Anwaltskanzleien, teils große Unternehmen, teils Zwei-Mann-Firmen, Privatdetektive, auch Journalist:innen. Die Schatzjäger:innen bekommen eine Erfolgsprovision versprochen. Meist sind es 10 Prozent, sie werden deshalb auch „Tenpercenters“ genannt.
Einige Suchen werden öffentlich. Aber keine größeren Erfolge.
Auch kriminelle Gruppen geben sich als offizielle libysche Vertreter aus. Andere behaupten, sie hätten Gelder identifiziert, aber dann stellt sich das als Trick heraus, mit dem sie anderen Geld aus der Tasche ziehen wollen. Und die Ordnung, wer in Libyen eigentlich zuständig ist, geht bald im neuen Bürgerkrieg verloren.
Wer das Auslandsvermögen einfordern darf, ist unklar. Behörden anderer Länder kooperieren deshalb ungern mit Libyen, wo es zeitweise mehrere konkurrierende Regierungen gibt. Es ist nachvollziehbar, dass in dieser Lage Staaten wie Deutschland Überweisungen dorthin nicht freigeben – falls die Sanktionslage das im konkreten Fall überhaupt erlauben würde. Sie suchen aber auch nicht aktiv nach weiterem versteckten Vermögen oder leiten selbst Verfahren ein.
Das Versteck
Im Frühjahr 2019 ist in Südafrika plötzlich die Rede von dem vielen Geld, dem Gold und den Diamanten. Gaddafis Schatz.
30 Millionen Dollar Bargeld, so berichtet es die Sunday Times aus Johannesburg, sei erst in der Residenz des Ex-Präsidenten Jacob Zuma gelagert gewesen, in Nkandla, aufbewahrt für Gaddafi, seinen alten Freund, der es Zuma vor seinem Tod 2011 übergab. Doch der Ex-Präsident, dem nun wegen Korruption und Geldwäsche eine Haftstrafe droht, habe wohl Angst bekommen, dass der südafrikanische Geheimdienst auf die libyschen Millionen in seinem Keller aufmerksam werde. So habe er es kurzerhand in fünf Lieferungen außer Landes, nach Eswatini bringen lassen. Eswatini hieß früher Swasiland und ist ein kleines Königreich zwischen Südafrika und Mosambik, die letzte absolute Monarchie des Kontinents. Das Geld wurde in die Zentralbank eingezahlt, es sollte auf diese Weise gewaschen und dann zurück nach Südafrika gebracht werden. Und dann irgendwann nach Libyen.
Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa, Zumas Nachfolger seit 2018, kümmerte sich persönlich um die Sache. Zusammen mit zwei Ministern fliegt er im März 2019 nach Eswatini und spricht mit König Mswati III. Der König sagt zunächst, er wisse nichts von dem Geld und bestätigt es dann doch. Weiter geschieht offiziell nichts.
Dass Gaddafis Vermögen zu einem großen Teil im südlichen Afrika gelandet ist, ist kein Zufall. Schon zu Mandela pflegte der Diktator eine enge Beziehung, und er investierte auch in Südafrika. Als die Revolutionäre in Libyen die Oberhand gewannen, unterbreitete Zuma seinem Freund Gaddafi das Angebot, nach Südafrika ins Exil zu gehen – auf das der aber nicht einging.
Die UN-Sachverständigengruppe hat festgehalten, dass nach Behördenangaben in Südafrika libysches Vermögen in vier Banken und zwei Lagerhäusern identifiziert wurde; auch am Flughafen O. R. Tambo in Johannesburg seien Wertsachen deponiert worden. Es handele sich um Bargeld, Edelmetalle und Edelsteine im Wert von Dutzenden Milliarden Dollar.
Wie der Transport abgelaufen sein soll, steht in einem Schreiben der südafrikanischen Generalstaatsanwaltschaft, das der taz vorliegt. Demnach begann die Operation im Januar 2009. Große Mengen an Bargeld und Gold wurden mit Frachtflugzeugen nach Simbabwe gebracht, Maschinen vom Typ Boeing 747. Am 18. Januar 2009 reiste Gaddafi persönlich hin, um die Operation zu koordinieren. Er traf dort seinen Vertrauten Zuma, den späteren Präsidenten. Von Harare ging der Transport mit Frachtflugzeugen weiter, weiß angestrichen, ohne eindeutige Kennzeichnung. 69 Flüge insgesamt.
Der taz liegt ein Dokument der südafrikanischen Standard Bank vor, datiert auf Mai 2013. Darin steht: Man halte libysches Vermögen in Höhe von 206 Milliarden US-Dollar, der Wert des eingelagerten Goldes sei mit eingerechnet, nicht aber die Diamanten und anderen Edelsteine. Angeblich handelt es sich um Hunderte Tonnen Gold und mindestens sechs Millionen Karat Diamanten. In den Dokumenten steht auch eine Schätzung, wie viel das Vermögen wert ist, das so nach Südafrika gelangte: mindestens 1,38 Billionen US-Dollar. 1.380.000.000.000. Eine unglaubliche Summe.
Wenn sie denn stimmt. Denn es tauchen immer wieder auch gefälschte Dokumente auf. Oder echte Dokumente, in denen Dinge stehen, die anzuzweifeln sind. In diesem Text schreiben wir viele Dinge nicht, die wir im Zuge der Recherche erfahren haben. Weil sie nicht belegt werden können.
The Standard Bank Of South Africa
Um den Schatz ist längst ein Mythos entstanden. Dazu trägt auch bei, dass das, was anschließend in Südafrika passiert, wie ein Agententhriller klingt, bei dem dem Drehbuchautor die Storyline zwischendurch ziemlich entgleitet.
Ein kleiner Einblick, beispielhaft: Ab 2012 schlagen Dutzende Schatzjäger:innen in Johannesburg auf. Zwei Firmen starten ein regelrechtes Wettrennen. Beide behaupten, sie hätten als einzige den offiziellen Auftrag, das libysche Vermögen sicherzustellen. Leute aus dem Umfeld von Präsident Zuma spielen bei Deals eine Rolle, darunter der Sicherheitschef der südafrikanischen Regierungspartei ANC. Ein Mittelsmann, der selbst persönlich Geldscheinpakete aus einem Flugzeug geladen haben will, wird in Belgrad erschossen. Der Chef der einen Suchfirma wird entführt, der Konkurrent gerät unter Verdacht und behauptet, es sei eine reguläre Verhaftung gewesen. Die UN-Sachverständigengruppe stellt 2015 fest: Die Firmen operieren teils mit gefälschten Dokumenten, die libysche Behörde, die angeblich die Suche beauftragt hat, gebe es gar nicht. Weiter kommt die Sachverständigengruppe in ihren Nachforschungen nicht.
Der Jäger
Es ist Januar 2013, als der deutsche Polizist Thomas B. nach Tripolis reist. Mal wieder. Das Ziel: eine Fachmesse, die „Military, Defence & Security“. Thomas B. war erst beim SEK in Baden-Württemberg, als Truppführer einer Präzisionsschützengruppe. Dann wurde er Chef einer Einheit der Bereitschaftspolizei in Böblingen.
Thomas B. ist ein mittelgroßer Typ mit kurzen braunen Haaren und einer fleischigen Nase, kantiges Kinn. Er bemüht sich sehr, dass im Netz keine Fotos von ihm zu finden sind, aber man kann ihn in einer älteren Reality-TV-Serie sehen, die von Polizeieinsätzen erzählt. In einer Folge springt er mit Tarnanzug und Scharfschützengewehr aus einem Hubschrauber. Auf seinem Linkedin-Profil hat er sein Motto geschrieben: „Going where others won’t“.
In der Zeit zwischen 2005 und 2007 war Thomas B. gemeinsam mit anderen deutschen Elitepolizisten und Soldaten mehrfach in Tripolis, um Sicherheitskräfte von Gaddafi auszubilden. Sie reisten im Auftrag einer norddeutschen Firma, aber ohne Erlaubnis der Vorgesetzten, also illegal.
Insgesamt waren es mindestens 30 aktive oder ehemalige deutsche Beamte, darunter einige aus Spezialeinheiten, SEK und GSG9. Manche blieben Wochen, manche Monate. Offiziell waren sie krank oder im Urlaub. Sie trainierten Gaddafis Sicherheitskräfte in Schießen und im Häuserkampf.
Im Jahr 2008 wurden die Reisen der Polizisten öffentlich. Medien nannten den Skandal: die Libyen-Affäre.
In einem Disziplinarurteil heißt es: Thomas B. habe „durch das von ihm begangene schwere Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren“. Wirklich aufgeklärt wurde die Libyen-Affäre nie. Es kam nie heraus, ob Thomas B. oder andere deutsche Trainer damals Geheimwissen verraten haben, über das sie als Mitglieder von Spezialeinheiten verfügten.
Für Thomas B. bedeutete die Affäre nicht das Ende seiner Beschäftigung mit Libyen. Im Gegenteil. Mit anderen hat er ein Konsortium gegründet, einen Firmenzusammenschluss, um mit Libyen Geschäfte zu machen. Es geht um „Komplettlösungen für den Bedarf unserer Kunden in den Bereichen Sicherheit, Luftfahrt, Rettung und Ausrüstung“. So steht es bis heute auf der Website.
Als Thomas B. Anfang 2013 nach Gaddafis Tod zu der Militär- und Sicherheits-Messe nach Tripolis reist, war er offiziell noch Polizist. Seine Reise bestätigen mehrere damalige Geschäftspartner. Viele Geschäftsleute aus der Sicherheitsbranche sehen Libyen zu der Zeit als neuen Markt, den man schnell besetzen müsse. „Es war Goldgräberstimmung damals“, sagt einer von B.s Geschäftspartnern. Ein anderer Mann, der dabei war, sagt, Thomas B. sei in den Tagen sehr umtriebig gewesen, dauernd Termine. Der Mann erzählt auch davon, dass jemand ihm auf der Messe ein Foto gezeigt habe. Darauf sei ein Truck zusehen gewesen, der in einer Lagerhalle stand. Ein Truck voller Dollarnoten.
Ob Thomas B. auf dieser Messe in Tripolis auf den Gedanken kommt, dem Geld und Gold nachzuspüren, wissen wir nicht. Aber irgendwann in dieser Zeit findet er sie, seine neue Geschäftsidee: die Suche nach Gaddafis Schatz.
Thomas B. wird später Co-Geschäftsführer von Sotcon, einer kleinen Sicherheitsfirma mit Sitz in Stuttgart. Er ist auch Direktor einer Stiftung, so jedenfalls steht es auf einer archivierten Version der Website der United Recovery Foundation for Libya. Die Seite zeigt im Hintergrund eine Stadtansicht von Tripolis, Thomas B.s Handynummer ist angegeben. Als Zweck der Stiftung steht da: „Versteckte, gestohlene und eingefrorene Vermögenswerte zu erhalten und diese an die libysche Bevölkerung (…) zurückzugeben“. Dafür habe man ein Mandat des libyschen Repräsentantenhauses, heißt es auf der Website.
Allerdings: Von all den Expert:innen und Insidern, mit denen wir sprechen, hat noch niemand von dieser Stiftung gehört.
Ein Anruf in den USA, bei dem Mann, der als CEO genannt ist. Sein Geschäft ist es, anderen zu helfen, schnell NGOs oder Stiftungen zu gründen. Stiftungen vermitteln einen seriösen Anstrich.
Die Stiftung, eine Tarnorganisation?
Der CEO sagt zur United Recovery Foundation for Libya: Man habe ein sehr prestigeträchtiges Board of Directors, Namen könne er aber keine nennen, aus Sicherheitsgründen. Sie hätten auch hochrangige Unterstützung von beiden Seiten in Libyen. Darunter seien Mitglieder der Gaddafi-Familie. Alles Weitere sei strikt vertraulich.
Aber dann sagt er noch: Die Initiative für die Gründung der Stiftung sei von der deutschen Firma Sotcon ausgegangen, Thomas B.s Firma. Sotcon habe auch das Mandat für die Rückführung, und entsprechende Verträge mit „mehreren Seiten“. Und Sotcon habe libysches Vermögen im Ausland identifiziert.
Dass Sotcon ein Schreiben des libyschen Repräsentantenhauses hat, ist gut möglich. Aber auch nicht allzu aussagekräftig, weil in dem Gewirr der Zuständigkeiten niemand genau weiß, wer im Namen des Parlamentes in Ostlibyen, das seit 2014 nicht mehr gewählt wurde, Stempel auf Papiere knallt. Dass es ausgerechnet diese dubiose Stiftung geschafft hat, die Unterstützung aller verfeindeten Seiten im libyschen Bürgerkrieg zu haben, halten Expert:innen für unwahrscheinlich. Das Repräsentantenhaus hat auf mehrere taz-Anfragen nicht reagiert. Aus Sicht der UN ist es gar nicht für solche Mandate zuständig.
Ist die United Recovery Foundation for Libya nur eine Tarnorganisation, die Thomas B.s Schatzsuche einen legitimen Anstrich geben soll? In wessen Auftrag ist Thomas B. wirklich unterwegs?
Der Partner
Im Sommer 2019 taucht der zweite Deutsche auf, der nach Gaddafis Schatz sucht. Und er sagt, er arbeite mit Thomas B. zusammen.
Der Mann heißt Sandro L., ist Ende dreißig und stammt aus Bayern. Er war Immobilienmakler und Bandmanager, hat dann verschiedene kleine Firmen gegründet, unter anderem im IT-Bereich. Thomas B. und Sandro L. machen sich nun gemeinsam auf die Suche nach Gaddafis Gold. Der Ex-Polizist und der Geschäftsmann.
Sandro L. ist weit vernetzt. Er spannt den ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Josef H. ein, der ihm bei der Anbahnung von Kontakten hilft. Der Ex-Abgeordnete ist ein Türöffner, er macht ihm Termine klar, etwa mit Firmen aus der Sicherheitsbranche. Es sind abenteuerliche Pläne, die Sandro L. bei solchen Treffen ausführt. Wir finden Quellen, mit deren Hilfe wir schildern können, was Sandro L. sagte.
Es gehe darum, Gaddafi-Gelder im südlichen Afrika aufzuspüren und zunächst auf dem Landweg herauszuholen, dann per Flugzeug. So soll es Sandro L. gesagt haben. Den offiziellen Auftrag aus Libyen hätten sie, nun bräuchten sie Ausrüstung und Personal, bewaffnete Kräfte. Sandro L. soll in diesem Kontext auch den Verein Uniter erwähnt haben. Uniter wurde vom damaligen KSK-Soldaten und Prepper „Hannibal“ gegründet und wird inzwischen vom Verfassungsschutz beobachtet. Recherchen der taz hatten ergeben, dass Uniter eine bewaffnete Einheit aufbauen wollte. Eine Art Söldnertruppe.
Der Ex-CSU-Abgeordnete Josef H., der L. geholfen haben soll, sagt, er kenne Sandro L. von privaten Feiern. Und behauptet: Geschäftlich habe er nie mit ihm zu tun gehabt.
Es ist nicht leicht herauszufinden, was Sandro L. heute eigentlich genau macht und wo er sich aufhält. Auf der Website einer Anwaltskanzlei in Kiew ist er verzeichnet, zuständig für „Business Development“. Die Kanzlei liegt in einer teuren Gegend in der Innenstadt. Sandro L. sei schon lange nicht mehr im Büro gewesen, sagt die Sekretärin im Empfangsraum. Auf E-Mails bekommen wir keine Antwort.
Aufschlussreicher sind die Spuren, die Sandro L. im Internet hinterlassen hat. 2017 hat er eine Firma in London registriert, es geht um Projekte im Finanzdienstleistungssektor. Auch im Angebot: Sicherheitslösungen, um in „Emerging Markets“ zu profitieren, Analyse von geopolitischen Risiken. Laut Angaben auf der Website hat sie in Kiew mit einem Ausbildungszentrum für private Sicherheits- und Militärunternehmen kooperiert.
Auf der Suche nach Sandro L. fahren wir in eine Kleinstadt in Oberbayern. Ein Einfamilienhaus in einer ruhigen Nebenstraße. Kein Name an Tür, Briefkasten. Klingel. In der Einfahrt stehen zwei Autos. Das eine ist ein silberner Mercedes, ein etwas älteres Modell, auf dem Beifahrersitz sitzt ein Mann in Jeans und Turnschuhen; er ist gerade beim Autoputz. Wir sprechen ihn an.
„Hallo Herr L.“
„Wen suchen Sie?“
„Sandro L.“
„Da sind Sie falsch.“
Uniter? Kenne nur vom lesen
Der Mann sieht aber genau so aus wie Sandro L. auf Fotos. Und er ist es. So wird es in den zwei Stunden weitergehen, die wir an diesem Spätnachmittag im Herbst vor seinem Haus stehen und reden. Sandro L. streitet alles ab, dann gibt er ein bisschen was zu. Und verstrickt sich dabei in Widersprüche.
Erst behauptet Sandro L., er habe von dem Libyen-Projekt zwar mal gehört, habe da aber nichts mit zu tun gehabt. Thomas B. habe ihm davon erzählt und gesagt, dass es um „Milliarden und Übermilliarden“ gehe. Er habe ihm auch ein offizielles Dokument gezeigt. Das Geld solle dem libyschen Volk zurückgegeben werden, das sei ja eine gute Sache, sagt Sandro L. Dann sagt er, nach mehrmaligem Nachfragen, er habe auf Thomas B.s Bitte hin ein bisschen rumgefragt. Kontakte gesucht, die weiterhelfen können.
„Wie viele Leute haben Sie gefragt?“
„Nicht einmal zehn, das ist ein sensibles Thema, da muss man aufpassen.“
Sandro L. bestreitet bei unserem Gespräch, dass es dabei um Hilfe bei Ausrüstung und Personal gegangen sei für den Transport. Es sei erst mal nur ums Auffinden gegangen, nicht ums Rausbringen. Und den Verein Uniter kenne er auch nur vom Lesen. Sandro L. kokettiert, er macht Witze, bietet Zigaretten an. Und an entscheidenden Stellen sagt er: Ich erinnere mich nicht so genau.
Der Zeuge
Deutlich besser als Sandro L. erinnert sich sein früherer Geschäftspartner. Er heißt Mikael S. und ist als Neonazi bekannt geworden. Er kommt aus Schweden und war schon als Teenager bei verschiedenen rechtsextremen Organisationen aktiv. Mikael S. diente sieben Jahre in der Armee, dann zog es ihn wie andere Ausländer in die Ukraine. Er schloss sich dem rechtsextremen Regiment Asow an und kämpfte im Osten des Landes gegen die von Russland unterstützten Separatisten. Inzwischen lässt er es ein bisschen ruhiger angehen. Er ist als Sicherheitsberater unterwegs, viel auch in Afrika.
Mikael S. ist heute Mitte 40. Wir können mit ihm über Zoom sprechen. Da ist er gerade in Kiew, läuft durch Straßen mit Plattenbauten und erklärt, dass es bei der gemeinsamen Firma um die Arbeit in Grauzonen gegangen sei, Privatermittlungen etwa.
Mikael S. bestätigt: Sandro L. und Thomas B. hätten den Plan gefasst, in Afrika versteckte Gelder aufzuspüren und zu sichern. Gegen eine Erfolgsprovision. Mikael S. sollte Mittelsmann werden. Da ist man bei ihm prinzipiell an der richtigen Adresse, er hat Kampferfahrung, er kennt Leute, die mit Waffen umgehen können. Und er war regelmäßig in verschiedenen afrikanischen Ländern.
Es habe da einen Vertrag gegeben, sagt Mikael S., Thomas B. habe ihm einmal ein Dokument gezeigt. Und er sagt noch etwas: Thomas B. handele im Auftrag von Gaddafis Familie. Also nicht zum Wohle des libyschen Volkes.
Wenn das stimmt, könnte sich Thomas B. auch nach deutschem Recht strafbar gemacht haben. Auf einen Verstoß gegen Finanzsanktionen stehen bis zu fünf Jahre Haft oder Geldstrafe. Auch andere Delikte wie Geldwäsche könnten greifen. Es gibt aber unseren Recherchen zufolge keinen Hinweis, dass die Behörden der Bundesrepublik sich dafür interessieren, dass auch Deutsche im Ausland nach dem libyschen Vermögen suchen.
Thomas B. habe gute Beziehungen zur Familie Gaddafi aufgebaut, heißt es aus seinem Umfeld, insbesondere zu einem von Gaddafis Söhnen. Er habe nach dem Sturz des Regimes sogar Familienmitgliedern geholfen, über die Grenze zu kommen, aus Libyen zu fliehen, erzählte er anderen. Es ist also gut möglich, dass Thomas B. jetzt auch im Auftrag des Gaddafi-Clans unterwegs ist. So hat es nach eigener Aussage auch Mikael S. gehört.
Dass sich Gaddafis Familie für das Vermögen in Südafrika interessiert, ist bekannt. „Sie wollen dieses Vermögen nutzen, um Pro-Gaddafi-Kandidaten bei künftigen Wahlen zu unterstützen“, sagt James Shaw, Berater für Asset Recovery beim UN-Institut für interregionale Kriminalitäts- und Justizforschung in Brüssel. In Regierungskreisen in Südafrika heißt es, dass der zweitälteste Sohn Gaddafis, Saif al-Islam, an das dort vermutete Vermögen gelangen wolle. Sollte Südafrika dem stattgeben, wäre das ein klarer Verstoß gegen die UN-Sanktionen.
Kontakt zu Uniter
Er wisse nicht, was aus der Schatzsuche geworden ist, sagt Mikael S. Er habe damit nichts zu tun haben wollen.
Der ehemalige Polizist und Schatzjäger Thomas B. geht nicht ans Telefon. Er antwortet auch nicht auf mehrere Textnachrichten und E-Mails. So bleibt unklar, wie weit er schon gekommen ist und wer ihn wirklich beauftragt hat.
Offen ist auch, ob das Ganze für Thomas B. bloß ein Job ist oder es auch einen ideologischen Hintergrund gibt.
Denn es ist interessant, wo Sandro L. und auch er sich politisch bewegen. Sandro L. ist in Kreisen libertärer Anarcho-Kapitalisten unterwegs. Dort haben sich die beiden Schatzjäger offenbar auch kennengelernt. So sagt es jedenfalls Mikael S. Libertäre sind Menschen, die Steuern für Diebstahl halten und das Recht auf Eigentum für den heiligen Gral.
In die Welt dieser radikalen Libertären passt die Idee von einer privaten Söldnertruppe, die durch fremde Länder zieht und nach Schätzen sucht. Weil der Staat in dieser Welt nichts tun soll und private Akteure tun dürfen, was sie wollen. Der Verein Uniter, zu dem sicher Thomas B. und offenbar auch Sandro L. Kontakt pflegte, hat genau das versucht. Er hat damit begonnen, eine paramilitärische Einheit aufzubauen.
Der Fluch
Es sei ein Fehler gewesen, sagt der Diplomat Martin Kobler, dass er und seine Kollegen sich damals in Libyen nicht genauer mit dem beiseitegeschafften Vermögen beschäftigt hätten. Sie hätten sich viel mehr um die Finanzströme kümmern sollen, die nicht die offiziellen Wege gehen.
Kobler ist ein Karrierediplomat, hat Deutschland in der Welt vertreten, in Kairo, Neu-Delhi und Bagdad. Von 2015 bis 2017 war er UN-Sondergesandter in Libyen. Zum Gespräch hat er in seine Berliner Wohnung eingeladen, wo er gerade Bücher von einem Zimmer ins andere räumt. An der Wand Landkarten und Mitbringsel aus diversen Ländern, Holzmasken, ein Krummdolch. Er ist mittlerweile in Pension und kann freier sprechen.
Unabhängigkeit 1951 wurde Libyen unabhängig. 1969 übernahm das Militär unter Oberst Muammar al-Gaddafi die Macht, König und Königin gingen ins Exil. 1977 wurde Libyen zur Sozialistischen Arabischen Volksrepublik erklärt. Gaddafi war seitdem de facto alleiniger Machthaber.
Revolution 2011 kam es nach den Umstürzen in Tunesien und Ägypten auch in Libyen zu Protesten. Nach brutalen Militäreinsätzen verhängte der UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen Libyen und ermächtigte die Nato, Gaddafis Militär zu bombardieren. Mit dieser Unterstützung stürzten libysche Aufständische das Gaddafi-Regime.
Bürgerkrieg Nach der Machtübernahme gab es keine stabile Regierung, trotz Wahlen 2014. Ein UN-Friedensprozess führte 2016 zur Bildung einer Einheitsregierung in der Hauptstadt Tripolis, aber das gewählte Parlament zog sich in den Osten des Landes zurück und erkannte gemeinsam mit Armeechef General Chalifa Haftar die Regierung nicht an. Ab 2019 versuchten Haftars Truppen, ganz Libyen zu erobern. Mithilfe der Türkei drängte die Regierung 2020 Haftar zurück, die UN vereinbarte einen Waffenstillstand.
Frieden? Seit März 2021 amtiert in Tripolis eine neue Übergangsregierung unter MInisterpräsident Abdul Hamid Dbaiba. Doch die Kriegsparteien sind nach wie vor intakt.
Wahlen Für den 24. Dezember ist die erste Runde von Präsidentschaftswahlen angesetzt. Es tritt auch einer der Söhne Gaddafis an: Saif al-Islam Gaddafi. Es ist aber fraglich, ob die Wahlen überhaupt stattfinden – diese Woche hat die Regierung gefordert, sie zu veschieben.
In Libyen, sagt Martin Kobler, sei es vor allem darum gegangen, den Staat wieder zusammenzuführen, die politischen Institutionen zu stabilisieren. Um die Rückführung von Gaddafi-Vermögen hätten sie sich zu seiner Zeit nicht gekümmert. Am Geld sei ja nie etwas gescheitert, solange das Öl fließt. „Libyen ist das ölreichste Land Afrikas und damit im Prinzip sehr reich.“
Martin Kobler sagt: „Wir haben da nicht genügend hingeschaut. Heute würde ich das anders machen.“ Es sei ein grundsätzlicher Fehler, dass nicht auf die Reichtümer eines Landes gesehen werde, oft die wichtigste Ursache von Konflikten.
In Libyen gibt es seit März dieses Jahres eine neue Übergangsregierung, die von den Vereinten Nationen unterstützt wird. Eine neue Einheitsregierung, von der keiner weiß, wie viel Macht sie wirklich hat. Premierminister Abdul Hamid Dbaiba hat sich der im Ausland versteckten Gelder angenommen. Ihm untersteht die zuständige Behörde in Tripolis jetzt direkt. Diese hat wieder offiziell private Ermittlungsfirmen beauftragt, die nach dem Vermögen suchen sollen.
Wahlen in Libyen
Am 24. Dezember sollen Wahlen in Libyen abgehalten werden, vielleicht werden sie aber auch wieder verschoben. Da ist eine vage Hoffnung auf politische Stabilität. Aber es gibt auch Störfaktoren. Saif al-Islam ist zurück, 49 Jahre alt, Gaddafis zweitältester Sohn. Gegen ihn liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs vor. Schon lange gibt es Gerüchte, dass er politische Ambitionen hat. Er hat nun Ansprüche an die Macht angemeldet und will Präsident von Libyen werden. Dafür kann er Geld gebrauchen. Die Wahlkommission hat ihn zunächst nicht als Kandidaten zugelassen, ein Gericht aber entschied: Er darf antreten.
Im südlichen Afrika liegt Gaddafis Schatz, oder zumindest ein Teil davon, offenbar noch immer in Eswatini. Die USA haben die Dollarnoten schon vor mehr als einem Jahr geflagged, also als kritisch registriert. Das können sie tun, weil es sich vor allem um US-Banknoten handelt. Geflagged heißt: Finger weg. So haben es drei südafrikanische Regierungsbeamte bestätigt, die mit der Angelegenheit betraut sind. Bei jeglichem Versuch, das Geld in das reguläre Finanzsystem zu bringen, bekäme man Ärger mit den US-Behörden, heißt es. Die Zuständigen in Südafrika haben eingewilligt, die Sache erst mal ruhen zu lassen. Bis es Stabilität in Libyen gibt.
Muammar al-Gaddafi war zweimal verheiratet und hatte acht leibliche Kinder. Eine arrangierte Ehe hielt nur kurz. Seine zweite Frau, die Krankenschwester Safia Farkasch, lernte er nach seinem Putsch 1969 kennen, als er im Krankenhaus lag. Mir ihr war er bis zu seinem Tod verheiratet.
Saif al-Islam, 49, galt als möglicher Nachfolger seines Vaters. Er war während seiner Studienzeit in Europa mit dem österreichischen Rechtsextremisten Jörg Haider befreundet. Als Chef einer Wohltätigkeitsstiftung trat er als das „freundliche Gesicht Libyens“ auf. Im Krieg 2011 stellte er sich auf die Seite seines Vaters, wurde wegen Folter und Vergewaltigung gesucht. Er wurde zum Tode verurteilt, kam aber 2017 frei und plant ein politisches Comeback.
Saadi, 48, wurde wegen seiner Fußballkarriere in Italien bekannt. Während des Aufstands befehligte er Sondereinheiten, floh nach Niger und erhielt politisches Asyl. Er kam ins Gefängnis, nach seiner Entlassung im September hält er sich wohl in der Türkei auf.
Saif al-Arab, kam 2006 zum Studium nach München. Dort wurde gegen ihn elfmal ermittelt, unter anderem wegen Körperverletzung. Er wurde bei einem Nato-Luftangriff in Tripolis getötet. Auch zwei seiner Brüder sind tot.
Die einzige Tochter Gaddafis, Aisha, 44, floh mit ihrer Mutter und den Brüdern Mohammed und Hannibal nach Algerien. Später erhielt sie Asyl im Oman.
Auch in Libyen selbst haben hohe Regierungsbeamte die Sorge geäußert, dass das verteilte Vermögen nur Unheil anrichten wird, sobald es zurück ins Land kommt. Teile davon könnten schon auf dem Weg dorthin in dunklen Kanälen versickern – oder sind schon versickert. Allein schon eine Provision von 10 Prozent wäre eine enorme Summe, wenn sie in die falschen Hände fällt.
Die Jagd nach Gaddafis Schatz ist noch nicht vorbei. Aber womöglich wäre es besser, wenn er nie gehoben wird.
Die Recherche wurde gefördert durch das Money Trail Project von Journalismfund.eu. Das Stipendienprogramm hat als Ziel die Aufdeckung von illegaler Finanztätigkeit Steuermissbrauch, Korruption und Geldwäsche.
Mitarbeit: Qaanitah Hunter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels