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Zukunft der SPDVerwalter des Status quo

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Die SPD verharrt im Umfragetief. Das liegt an der Rolle als Juniorpartnerin der Union. Doch ein Olaf Scholz als Kanzlerkandidat wird wenig helfen können.

Saskia Esken, Kevin Kühnert (M.) und Walter Borjans im Februar 2020 Foto: Thomas Koehler/Photothek/imago-images

D em Morgenrot entgegen? Irgendwie will es für die SPD damit einfach nicht klappen. So sehr sich Scholz, Heil, Giffey & Co auch abmühen: In den Umfragen profitiert bislang nur die Union vom Coronakrisenmanagement der Bundesregierung. Die Sozialdemokrat:innen dümpeln hingegen weiter vor sich hin. Das erscheint auf den ersten Blick ungerecht. Aber verwunderlich ist es nicht.

Liegt es an der Parteiführung? Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ist es bislang nicht gelungen, die SPD aus dem Elendstal zu führen, in dem sie die Partei im vergangenen Dezember übernommen haben. Aber diese Erwartung war ohnehin unter den gegebenen Bedingungen überambitioniert, mögen die beiden auch selbst daran geglaubt haben. Dafür war ihr Spielraum von Anfang zu gering. Durch die Coronakrise ist er nochmals kleiner geworden.

Esken und Walter-Borjans – und mit ihnen Noch-Juso-Chef Kevin Kühnert, der sie maßgeblich ins Amt gebracht hat – hegten die Vorstellung einer Arbeitsteilung, bei der die sozialdemokratische Minister:innenriege für den trüben Regierungsalltag an der Seite der Union zuständig ist, während die Parteiführung die Hoffnung auf eine bessere Zukunft jenseits der großkoalitionären Tristesse verkörpert.

Was in der Theorie pfiffig klingt, stößt in der Praxis auf nur schwer lösbare Probleme. Denn in der Konsequenz müsste eine solche Strategie die SPD-Spitze immer wieder in einen offenem Konflikt mit dem Koalitionspartner bringen, was ohne ernsthafte Exit-Option schwer durchhaltbar ist – zumal, wenn das eigene Regierungspersonal nicht mitspielt, sondern im Zweifel der Parteiführung in den Rücken zu fallen droht. Der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit sozialdemokratischer Politik lässt sich so nicht wie erhofft produktiv in eine Stimmung für neue Mehrheiten transformieren.

SPD profitiert nicht von Corona-Politik

Obsolet war das ursprüngliche Kalkül von Esken, Walter-Borjans und Kühnert ohnehin mit der Coronapandemie. Eine derartige Ausnahmesituation erfordert gemeinsames besonnenes wie entschlossenes Handeln in der Exekutive. In den Augen der allermeisten Bundesbürger:innen haben das die Bundesregierung wie auch die Landesregierungen jeglicher politischer Couleur – von Schwarz-Gelb bis Rot-Rot-Grün – bislang gut gemeistert. Davon profitiert in den Umfragen vor allem der jeweils größere und damit entscheidende Koalitionspartner. Dass unter der Ägide von CDU-Kanzlerin Angela Merkel die SPD-Minister:innen ihren Job gut gemacht haben, ist daher nichts, das auf das Konto der SPD einzahlt.

Warum auch? Dass SPD-Finanzminister Olaf Scholz zur ökonomischen Abfederung der Coronakrise nicht weiter dogmatisch an der „schwarzen Null“ festgehalten hat, war keine grandiose Leistung, sondern schlicht objektive Notwendigkeit. Sein Vorgänger Wolfgang Schäuble hätte nicht anders gehandelt. Und die Grüne Annalena Baerbock oder der Linke Bernd Riexinger ohnehin nicht. Da sollte sich die SPD auch nicht von den derzeit hohen Beliebtheitswerten von Scholz blenden lassen. Wenn er im ZDF-Politbarometer an dritter Stelle hinter Merkel und Markus Söder rangiert, dann zeigt das nur, dass ihn viele für einen passablen Vizekanzler halten. Mehr nicht.

Gleichwohl läuft das mediale Trommelfeuer für eine Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz bereits auf Hochtouren – so wie einst zugunsten von Steinmeier, Steinbrück und Schulz. Es gehört wenig dazu, um vorauszusagen, dass für die Parteiführung kein Weg an ihm vorbeiführen wird. Die Union wie auch die Grünen kann’s freuen, die SPD nicht.

Als „die konzentrierte Form der sozialdemokratischen Malaise“ hat der Soziologe Oliver Nachtwey den 62-jährigen Hanseaten bezeichnet. Auch wenn es in der Coronakrise etwas verdeckt wird: Scholz ist ein grauer Verwalter des Status quo, kein Mann des Aufbruchs in Richtung sozial-ökologische Transformation. Das wäre allerdings nötig, damit der SPD der Ausbruch aus ihrem Tal der Tränen gelingen kann.

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10 Kommentare

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Mit Esken und Borjans hat Kühnert der SPD den Dolchstoß versetzt und sich selbst gleich mit.

  • Das Dilemma der SPD besteht, darin, dass sie für die Mehrheit der Gesellschaft keine attraktiven Projekte anbietet. Die SPD ist die Partei, die den wirtschaflichen Erfolg in sozialen Fortschritt umsetzt. Dabei belässt sie es leider, bestimmt den öffenlichen Diskurs mit Themen wie: Mindestlohn, Grundrente und Grundsicherung. Sie versäut es einen Schritt weiter zu tun und den Weg aufzuzeigen, wie sich aus sozialem Fortschritt wirtschaftlicher Erfolg generieren lässt.

    Es ist für eine arbeitsteilige Gesellschaft von unschätzbarem Wert auf solidarischer Basis kooperativ zusammenzuarbeiten - und zwar nicht nur als Personen, sondern als Firmen, öffentlichen Einrichtungen. Eben auf allen Ebenen des Wirtschafts- und es öffentliche Lebens. Wenn eine Partei wie die SPD es schafft durch soziale Gerechtigkeit für mehr Fairness in der Gesellschaft zu sorgen und wenn dies zu mehr solidarischem Handel führt, dann ist dies genau das, was eine arbeitsteilige Gesellschaft zur Stärkung ihrer Innivationskraft und Profitabilität benötigt.

    Dies ist nur ein Weg, der sich aus der Aufgabe der SPD ergibt, Ökonomie, Ökologie und Soziales mit dem Ziel zusammenzuführen, profitable Beschäftigung zu garantieren.

    Ein weiteres noch viel wichtigeres Vorhaben wäre die Umstellung der Energieversorgung von fossilen auf erneuerbare Energien. Es handelt sich einen weltweiten Systemwechsel, der bedeutende geostrategische und ökonmische Dimensionen besitzt. Mit ihm ist der Wechsel eines internationalen Systems zu nationalen dezentralen Systemen verbunden. Es handel sich um ein zutiefst linkes Projekt, das unsere Lebensgrundlagen sichert. Leider wird es von der SPD nicht als soziales Projekt verstanden und folglich nicht mit dem Anspruch auf eine Führungsrolle im öffentlichen Diskurs behandelt.

  • Wie mensch den Scholz irgendwie gut finden kann -- das kann ich nicht nachvollziehen.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Die SPD blieb auch nach der Wahl von GroKo Gegnern ein Anhängsel der Union. Posten sind wichtiger als Überzeugungen.

    • @05838 (Profil gelöscht):

      Das ist doch nur schnöder Populismus, das alte strukturell antisemitische Lied, wo ach Politiker nur auf Geld aus sind. de.wikipedia.org/w...ler_Antisemitismus

      • 0G
        05838 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Wollen Sie mich beleidigen oder einfach nur ein wenig provozieren, damit wir uns hier gegenseitig virtuell die Kòpfe einschlagen?

        Fakt ist, dass die SPD GroKo Gegner an die Spitze wàhlten, die es sich abschließend im Politbùro kuschelig einrichteten und in der GroKo blieben. Sie kennen den Spruch mit dem Geschwàtz von gestern?

        Die SPD ist als Folge der GroKo Beteiligung von 35 auf heute 14% abgestùrzt.

  • Esken und Walter-Borjans.....fragt 100 Bürger wer die Beiden sind und 70 % werden es nicht wissen. Fragt 100 Bürger wofür dir Beiden stehen und wir nähern uns der 95% Marke. Ich jedenfalls kann mich mit diesen beiden biederen Luschen so gar nicht identifizieren. Der Niedergang der SPD ist eine Schande und auch ganz bestimmt ein derber Schlag für unsere Demokratie. Jeder Genosse der die Linken in ihrer jetzigen Aufstellung als nicht wählbar empfindet hat ein echtes Problem und eine Lösung ist weit und breit nicht in Sicht.

    • @John Doee:

      Luschen sind Esken & Borjans nicht, eher Mittelmaß. Sie überschätzen sich selbst nur ungeheuerlich - insbesondere Frau Esken. Das nervt.

      • @TazTiz:

        @Taztiz Sorry, ich muss Ihnen hier widersprechen. Esken & Borjans sind die Total-Loser unseres Landes. Sie haben genau das getan, was die SPD am wenigsten hätte brauche können. Sie haben das ihnen gegenüber aufgebrachte Vertrauen missbraucht. Vor der Wahl raus aus der GroKo. Nach der Wahl genau das Gegenteil davon. echt schäbig!

  • Ein super, super Photo. Vorn die Großen , und hinten trägt Kevin die Akten.



    Besser geht`s nicht.