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Zinsen der Hilfe für GriechenlandDeutschland verdient 2,9 Milliarden

Die Kredite für Griechenland werfen Zinsen ab – und zwar nicht zu knapp. Ursprünglich sollten Teile dieser Gelder an Griechenland gehen.

Deutschlands Finanzminister Olaf Scholz (2.v.l.) hat gut gelachen, sind griechischer Kollege Euclid Tsakalotos (2.v.r.) nicht so sehr Foto: ap

Berlin dpa | – Deutschland ist ein großer Profiteur der Milliardenhilfen zur Rettung Griechenlands und hat seit dem Jahr 2010 insgesamt rund 2,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen verdient. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.

Am Donnerstag treffen sich die Euro-Finanzminister, um über mögliche weitere Schuldenerleichterungen für Athen zu beraten – Finanzminister Olaf scholz (SPD) hielt sich hierzu lange bedeckt. Das dritte Hilfsprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro läuft im August aus.

Der Regierungsantwort zu Folge gab es seit 2010 vor allem Gewinne aus Ankäufen griechischer Staatsanleihen im Rahmen des „Securities Market Programme“ (SMP) der Europäischen Zentralbank (EZB), die bei der Bundesbank anfielen und dem Bundeshaushalt überwiesen wurden. Auch die Bundesbank kaufte in großer Zahl die Staatspapiere.

Frühere Vereinbarungen sahen vor, dass Griechenland bei Erfüllung aller Spar- und Reformauflagen die SMP-Gewinne anderer Staaten ausbezahlt werden sollen. Der Antwort zufolge wurde aber nur 2013 ein Gesamtbetrag von zwei Milliarden Euro an Griechenland transferiert. 2014 gingen rund 1,8 Milliarden Euro auf ein Sperrkonto des Euro-Rettungsschirms ESM.

Grüne fordern Schuldenerleichterungen für Athen

Bei der Bundesbank wurden bis 2017 der Antwort zufolge rund 3,4 Milliarden Euro an Zinsgewinnen aus den SMP-Käufen erzielt. Nur 2013 und 2014 wurden Gewinne abgeführt an den ESM und an Griechenland. 2013 wurden rund 527 Millionen Euro und 2014 rund 387 Millionen zurücküberwiesen, was unter dem Strich einen verbleibenden Gewinn von rund 2,5 Milliarden Euro bedeutet. Hinzu kommen Zinsgewinne von 400 Millionen Euro aus einem Darlehen der Staatsbank KfW.

Der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler forderte wegen der Gewinne Schuldenerleichterungen für Athen. „Entgegen allen rechten Mythen hat Deutschland massiv von der Krise in Griechenland profitiert“, sagte Kindler. „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung mit Milliarden an griechischen Zinsgewinnen den deutschen Haushalt saniert“, kritisierte er. Griechenland habe hart gespart und seine Verpflichtungen eingehalten: „Jetzt muss die Eurogruppe ihr Versprechen auch einhalten.“ Deutschland und Europa stünden im Wort, um Athen unter die Arme zu greifen, so Kindler.

Insgesamt wurden laut ESM-Chef Klaus Regling Griechenland bisher Kredite über 270 Milliarden Euro gegeben. Ziel ist, Griechenland so zu stützen, dass mindestens bis 2022 alle weiteren Raten an die Euro-Staaten und den Internationalen Währungsfonds (IWF) bedient werden können.

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17 Kommentare

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  • Ist hier der Begriff "Unanständig" passend? ...die `deutsche Korrektheit´.. mit der `Gutbürgerlichen Moral´.. endet in eigener egoistischer Habgier .. in der Unanständigkeit abwesender Solidarität..

  • 270 Mrd. € * 27% (Deutschlands Anteil am ESM) = 72,9 Mrd. €

     

    2,9 Mrd. € / 72,9 Mrd. € / 8 Jahre = 0,0049 = 0,5%

     

    0,5% Zinsen bei einer Schuldenquote von 180%. Wie viele derart verschuldete Staaten können sich sonst noch zu diesem Zinssatz finanzieren?

     

    Die Inflation in der Eurozone lag 2010 beginnend bei 1,6%, 2,7%, 2,5%, 1,3%, 0,4%, 0%, 0,2% und 1,5%.

     

    Führen wir das als Index fort, kostet was 2010 noch 100 € gekostet hat heute etwa 110 €.

     

    Allein durch die Entwertung des Geldes im vorgenannten Zeitraum ist die Kaufkraft von Griechenlands Verbindlichkeiten um etwa 26 Mrd. € gesunken.

     

    2,9 Mrd. € Zinsertrag - 26 Mrd. € Kaufkraftverlust = -23 Mrd. €

     

    Offenkundig sein bei den Grünen immer noch die gleichen Mathegenies am Werk die uns mal vorgerechnet haben die Ökuumlage kostet uns nicht mehr als eine Kugel Eis am Tag.

    • @insLot:

      "Wie viele derart verschuldete Staaten können sich sonst noch zu diesem Zinssatz finanzieren?"

       

      Japan. Staatsverschuldung Japans 2016 in Relation zum Bruttoinlandsprodukt, 235,63%. Rendite der 10 Jahres Bonds ist aktuell 0,039.

      • @Sven Günther:

        Vergessen sie nicht die Inflationsrate Japans mit ins Auge zu fassen. Für den Vergleichzeitraum ab 2010 lag diese bei:



        -0,7%, -0,3%, 0%, 0,3%, 2,8%, 0,8%, -0,1% und 0,5%.

    • @insLot:

      Was für ein Zahlenwirrwarr du da hingesudelt hast.

    • @insLot:

      Korrektur eine Kugel Eis im Monat.

       

      Eine Kugel Eis am Tag ist die Realität.

  • eben wie immer nach dem Motto: Dir gehts schlecht? Ich helfe dir, aber nur wenn es sich für mich lohnt. Kapitalistische Finanzwelt eben.

    • @joaquim:

      Die "Griechenlandhilfe" hatte gar nichts mit Kapitalismus zu tun, das war Zitronensozialismus vom allerfeinsten zur Rettung der europäischen, vor allem der griechischen Banken.

      • @Sven Günther:

        Vor allem deutsche und französische Banken:

        "Nach Statistiken der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) waren europäische Banken Ende 2014 mit rund 41 Milliarden Euro in Griechenland engagiert, neuere international vergleichbare Daten liegen nicht vor. Und mehr als die Hälfte davon, nämlich mehr als 23 Milliarden Euro, entfielen allein auf die deutschen Institute."

        Die Welt Digital, 2015 https://www.welt.de/wirtschaft/article143186719/Griechenland-schuldet-deutschen-Banken-besonders-viel.html

         

        "Laut Bundesbank-Statistik besaßen sie [deutsche Kreditinstitute] Ende März [2011] griechische Staatsanleihen im Ursprungswert von rund zehn Milliarden Euro ... ... Unter den privaten deutschen Banken trägt die Commerzbank Chart zeigen das größte Risiko ... ...Auch die Deutsche Bank sowie die Versicherer Allianz und Munich Re halten größere Bestände an Griechenland-Anleihen. ... ...Die französischen Banken sind ebenfalls große Gläubiger des griechischen Staates."

        Spiegel online am 26.06.2011.

  • Kindler: „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung mit Milliarden an griechischen Zinsgewinnen den deutschen Haushalt saniert“

     

    Jaja, die 2,9 Mrd € Zinsgewinn liegen zwar ganz deutlich über dem Durchschnittseinkommen in D., aber Herr Kindler hätte diesen Zinsgewinn besser am Kreditumfang von (bisher) 270 Mrd € messen sollen! Dann ergibt sich nämlich ein Zinssatz von ca. 1%. Außerdem sind diese Kredite in der Laufzeit gestreckt; einige laufen bis 2060!

     

    Niemand hat Gr seinerzeit gezwungen, die fälligen Bankkredite durch die Überbrückungskredite u. a. aus D. abzulösen. Aber kaum ein privater Geldgeber auf dem Kapitalmarkt wäre bereit gewesen, das Risiko eines unkontrollierten Staatsbankrottes zu tragen. Und wenn, wären die Zinsen für Gr. unbezahlbar gewesen!

     

    Inzwischen wächst die griechische Wirtschaft wieder und der Staat erzielt Überschüsse. Also hat auch Gr. seinen Nutzen aus den Hilfsprogrammen!

    • @Pfanni:

      Um welchen Preis erzielt "der Staat" Überschüsse? 25% der Griechen sind aus jeglichem Sozialversicherungsnetz gefallen. Der sog. "Mittelstand" ist größtenteils vernichtet, viel profitable, wirtschaftliche Infrastruktur ist "privatisiert", etwa an Fraport und andere, nicht sonderlich griechische, aber sehr oft teutonische Unternehmen.

  • Angesichts des Aufwandes und des Ausfallrisikos ist der sogenannte Gewinn geradezu lächerlich. Staatsanleihen sind in der Regel verzinslich.

     

    Ein Erlass der Zinsen sollte allenfalls nach der vollständigen Rückzahlung sämtlicher Schulden vereinbart werden. Erst dann sind wirklich alle Verpflichtungen eingehalten.

     

    Im Übrigen ist die Aussage des Herrn Kindler auch falsch. Griechenland hatte zwischenzeitlich die Schuldenrückzahlung ausgesetzt und erst ein Trick im Zusammenhang des Abschlusses des dritten Rettungspacketes hat geholfen.

  • Wird die Bundesregierung jetzt wegen der rechten Propaganda gegen Griechenland wortbrüchig?

    In Anbetracht der Tatsache, dass Deutschland gegen so viele Verträge auf EU-Ebene verstößt, ist das leider zu befürchten.

  • Hier von Gewinnen zu reden ist ein Witz. Rechnet man die Zinseinnahmen gegen die entstandenen Kosten auf bleibt unter Strich nichts vom angeblichen Gewinn übrig.

    • @Januß:

      Welche Kosten?

      Zentralbanken schöpfen Geld, es war kein Steuergeld, das nach Griechenland geflossen ist. Die Zinsen bleiben aber beim deutschen Staat, das ist ein realer Gewinn bei Null Einsatz.

      • @nutzer:

        Das ist Quatsch. Selbstverständlich haftet der deutsche Staat für diese Gelder. Wenn es einen Schuldenschnitt gibt oder die Kredite nicht zurückbezahlt werden bleiben wir auf den Kosten sitzen. Bisher haben wir also noch gar nichts verdient.

        • @Lain Lainsen:

          Wir werden daran sowieso nicht verdienen, du vermutlich auch nicht, außer du bist in einem Vorstand.