Wolfgang Clement: Das Lebenswerk des Medienmannes

Wolfgang Clement wollte ganz NRW zum Medienstandort machen. Dabei vergaß er, dass Oberhausen nicht London ist.

Portrait

Wolfgang Clement 2005, damals Bundeswirtschaftsminister Foto: Metodi Popow/imago

Wolfgang Clement ist also tot. Er war „Superminister“ für Wirtschaft und Arbeit im Kabinett von Kanzler Gerhard Schröder, der mit ihm die Agenda 2010 durchpeitschte. Er war aber auch der Ministerpräsident, der aus Nordrhein-Westfalen mal (fast) das Medienmusterland machte. Heute ist das kaum mehr vorstellbar. Unter Clement, seit 1989 Chef der NRW-Staatskanzlei und ab 1998 selbst Ministerpräsident, war Medienpolitik Chefsache. Damals gab es allerdings noch Frequenzen und Kabelplätze für Privat-TV, Pöstchen und Subventionen zu verteilen.

Clement kannte sich mit Medien aus, vor seiner direkten Partei- und Politkarriere war er schließlich Journalist. Bei der Westfälischen Rundschau, einer ehemaligen SPD-Parteizeitung in Dortmund, fing er an und stieg dort zum Chefredakteur auf. Als oberster NRW-Medienpolitiker musste sich Clement um die Zeitungen nicht kümmern, die hatten in den 1990ern quasi eine Lizenz zum Gelddrucken. Im seltenen Fall, dass langjährige Abonnent*innen doch mal zu einem anderen Blatt wechseln wollten, wurden sie leicht mit Kaffeemaschinen oder Werkzeugkoffern ruhig gestellt.

Clement ging es ums Fernsehen. RTL kam nach Köln, und der Mediensuperminister sorgte dafür, dass der Sender weiter wachsen konnte. Später versuchte sich Vox als kommerzielles Programm mit de facto öffentlich-rechtlichem Anspruch. Das ging zwar in die Hose und Vox flüchtete unter das Dach von RTL. Aber NRW hatte noch einen nationalen TV-Sender mehr.

Strukturwandel weg von Kohle und Stahl

Auf dem Medienforum NRW gaben sich derweil internationale Medienmoguln wie Rupert Murdoch oder John Malone die Hand. Und Clement wollte noch mehr: Ganz NRW sollte Medienstandort werden – als Strukturwandel weg von Kohle und Stahl. „NRW – Location does matter“, war der internationale Claim. Warner Bros. wurde nach Bottrop gelockt, das beschauliche Marl bekam zum Grimme-Institut noch das „Europäische Centrum für Medienkompetenz“ (ECMC) dazu. Mit „High Definition Oberhausen“ (HDO) sollte ein digitales Filmtechnologiezentrum entstehen. Irgendwie hatten aber alle vergessen, dass Oberhausen nicht London war. Die verpulverten Subventionen gingen in die Hunderte Millionen.

Zur Medienpolitik von Clement und nachfolgenden Landesregierungen gehört leider auch, dass sie sich später kaum um die Zeitungslandschaft kümmerten. Clements Westfälische Rundschau ist heute ein Zombie ohne Redaktion. Das wäre dem einstigen Superminister aber vermutlich auch schnuppe. Seine eigene Partei wollte den immer wirtschaftsliberaler werdenden Clement 2008 sogar rausschmeißen. Doch der verließ selbst die SPD und machte gemeinsame Sache mit der FDP.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.