Wohnungspolitik in Berlin: Wohnungslose allein gelassen
Deutsche Wohnen stellt nicht genügend Wohnungen für Wohnungslose zur Verfügung. Das zeigt eine Anfrage der Linksfraktion in Berlin.
Niklas Schenker, Sprecher der Linksfraktion für Mieten und Wohnen, fragte den Senat, wie viele Wohnungen die Deutsche Wohnen für das sogenannte Geschützte Marktsegment (GSM) zur Verfügung gestellt hat. Das GSM wird in einem Kooperationsvertrag zwischen dem Land Berlin und Wohnbauunternehmen festgeschrieben und sieht bestimmtes Kontingent an Wohnungen für Wohnungslose vor. Hintergrund für die Vereinbarung war die langwierige Übernahme der landeseigenen GSW 2013.
Doch der Zehn-Jahres-Durchschnitt zeigt: Deutsche Wohnen stellte nur ein Viertel der Wohnungen zur Verfügung, für die das Unternehmen verpflichtet war. 2022 waren es 57. Insgesamt gehörten der Deutsche Wohnen mehr als 114.000 Wohnungen in Berlin, bevor sie 2021 von Vonovia übernommen wurde. Das geschützte Marktsegment ist eine freiwillige Vereinbarung ohne Konsequenzen für die privaten Unternehmen.
„Diese Unternehmen sind allein ihrem Profit verpflichtet“
“Weder Vonovia noch die Deutsche Wohnen leisten einen Beitrag für die soziale Wohnraumversorgung in der Stadt“, sagte Schenker der taz am Freitag. Selbst kleinste Verpflichtungen, um Menschen in einer Wohnungsnotlage zu helfen, seien unerfüllt geblieben. Sein Fazit: „Diese Unternehmen sind allein ihrem Profit verpflichtet.“
Die landeseigenen Wohnungsunternehmen wie Gewobag, Howoge machen es deutlich besser, findet Schenker. Sie hätten es geschafft, fast doppelt so viele Menschen unterzubringen wie die Deutsche Wohnen in den letzten zehn Jahren zusammen. Allein 2021 stellten die landeseigenen 1.012 Wohnungen für das geschützte Marktsegment in Berlin zur Verfügung.
Trotzdem sieht Schenker auch hier Nachholbedarf, weil auch sie nur 90 Prozent ihrer Verpflichtung in dieser Hinsicht einhalten. Mit der jetzigen Vereinbarung sei es schwierig, die Deutsche Wohnen beziehungsweise Vonovia zu zwingen, mehr Wohnungen bereitzustellen.
Private Unternehmen enteignen
Schenker drängt daher darauf, den erfolgreichen Enteignen-Volksentscheid – der auch die Vonovia betreffen würde – schnell umzusetzen. Das habe den positiven Effekt, dass mehr Wohnungen an Menschen mit besonderen Wohnbedarfen vergeben werden könnten, die sonst auf der Straße landen, so Schenker.
Die Linke hat zudem im laufenden Wahlkampf ein “Sicher-Wohnen-Gesetz“ vorgeschlagen, welches Vermieter*innen zu sozialen Mindeststandards verpflichten soll. Dazu gehört die Vermietung an Personen mit Wohnungsberechtigungsschein und bei Wohnungsnotfällen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Scholz fordert mehr Kompetenzen für Behörden