Wohnungsnot zum Semesterstart: Überfüllte Wartelisten, hohe Preise
In Berlin stehen mehr als 4.000 Studierende auf den Wartelisten, in München sind es 10.000. In vielen Städten fehlt das Bauland für neue Wohnheime.
Wenn Studierende Glück haben, beginnt das erste Semester an einer Universität für sie mit einer ergiebigen Orientierungswoche, neuen Bekanntschaften, Spaß – und mit einem Zimmer. Doch ein Dach über dem Kopf ist vielerorts Luxus geworden, und wird es mehr und mehr. Zum Start des Wintersemesters 2018/2019 in dieser Woche haben Hunderte Studierende in mehreren Städten Deutschlands noch keine Bleibe gefunden.
In Berlin stehen mehr als 4.200 Studierende auf der Bewerberliste für Wohnheime des Studierendenwerks, im vergangenen Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt rund 3.800. Das sind Studierende, die warten müssen, weil noch keine der insgesamt 9.427 Plätze, die das Studierendenwerk anbietet, wieder frei geworden sind. Die Zahlen steigen seit Jahren. „Der Wohnungsmarkt in Berlin hat sich in den vergangenen zehn Jahren massiv verändert“, sagt Jana Judisch, Sprecherin des Berliner Studierendenwerks. Vor zehn Jahren standen Wohnheime zum Teil noch leer, doch „diese Zeiten sind endgültig vorbei“.
Die Hauptstadt sei vom allgemeinen Trend längst betroffen. Das Phänomen der Wohnungsnot sei vielleicht neuer als in München, Stuttgart oder Hamburg, jetzt aber nicht minder dramatisch. „Die meisten Studierenden wollen eigentlich in einer WG leben, aber weil der freie Wohnungsmarkt in Berlin derart angespannt ist, kommen sie dann doch zu uns. Seit fünf, sechs Jahren steigen diese Zahlen“, sagt Judisch.
In München stehen aktuell rund 10.000 Bewerber*innen auf der Warteliste. Das dortige Studentenwerk betreibt 30 Wohnheime mit fast 11.000 Plätzen in München, Freising und Rosenheim. All diese Wohnheimplätze sind vermietet. Freie Zimmer werden nahtlos weitervermietet. Auch in Hamburg und Studierendenstädten wie Heidelberg und Münster ist die Lage angespannt, die Wartelisten sind lang.
1.000 Plätze bis 2025
Mehr als 40 Studierende leben in Freiburg gerade in einer Notunterkunft. „Falls notwendig, werden wir Anfang November noch einmal eine Kampagne starten, um die Freiburger*innen dazu zu bewegen, an Studierende zu vermieten“, sagt die Sprecherin des Freiburger Studierendenwerks, Renate Heyberger. „Im letzten Jahr hat das ganz gut geklappt.“
Zwischen zehn und 16 Studierende können derzeit auf Stockbetten in Schlafsälen schlafen, die das Studierendenwerk Anfang Oktober in den Wohnheimen eingerichtet hat. „Die sollten bis Mitte, Ende November aber wieder geschlossen sein“, hofft Heyberger. In den vergangenen Jahren habe das Studierendenwerk – mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg – rund 1.000 Wohnheimplätze gebaut, bis zum Jahr 2025 sollen weitere 1.000 folgen. Doch „das größte Problem in Freiburg sind mangelnde Flächen in Hochschulnähe“. Und so spitzt sich die Lage weiter zu.
Auch in München und Köln fehlt das Bauland für neuen Wohnraum. „Wir benötigen schlicht mehr Grundstücke, die fordern wir auch von der Politik“, sagt Klaus Wilsberg, Pressesprecher des Kölner Studierendenwerks. 5.000 Wohnungen gehören zu seinem Bestand, aber allein zum Wintersemester beginnen in Köln knapp 6.000 Erstsemester mit ihrem Studium. Ebenso viele Anfragen hat das Studierendenwerk erhalten. In den kommenden vier, fünf Jahren sollen weitere 1.000 Plätze entstehen. Dennoch, so Wilsberg, „reicht es hinten und vorne nicht“. Rund 2.100 Bewerber*innen stehen auf der Warteliste des Kölner Studierendenwerks.
Obwohl die maximale Mietzeit in den Wohnheimen drei Jahre beträgt, verlassen zu wenige Studierende die Zimmer, als dass es für die Neuen auch nur grob reichen würde. Und: So schnell wie in diesem Jahr waren die frei gewordenen Zimmer nie zuvor gleich wieder weg.
Strukturschwache Regionen werden beliebter
„Wir erwarten von der Stadt, mehr dafür zu tun, den Bestand zu vergrößern und die Lage zu entschärfen.“ Studierende seien eine große Gruppe, die häufig vergessen werde, wenn es um bezahlbaren Wohnraum gehe, beklagt Wilsberg. Dabei bräuchten sie gerade den. „Es ist, noch, nicht so, dass Studierende unter Brücken schlafen müssen, aber schlimm genug ist die Situation allemal“, sagt Wilsberg.
Das bestätigt auch eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Demnach prüfen Erstsemester zunehmend, an welchem Studienort sie sich ohne elterliche Unterstützung überhaupt noch ein Studium leisten können – und kommen dabei auf Regionen, die bislang für die meisten keine Option waren, wie etwa das Ruhrgebiet.
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