Wohnungsmarkt in Bremen und Hamburg: Mondpreise für möblierte Wohnungen
Das Gesamtangebot von verfügbaren Mietwohnungen sinkt. Dafür wächst der Anteil möblierter Wohnungen. Für sie gilt die Mietpreisbremse nicht.
Eine „top renovierte 2-Zimmer-Wohnung mit ca. 42 Quadratmetern“ für 745 Euro zuzüglich 210 Euro Nebenkosten inseriert „Vermieter“ auf dem Schwarzen Brett Bremen, einem Online-Kleinanzeigenmarkt. Eine Kaltmiete von 17,70 Euro pro Quadratmeter?! Und das in einer tristen Wohngegend am südlichen Stadtrand, wie sich anhand der angegebenen Busverbindungen „Nähe Arsterdamm“ erkennen lässt?
Laut Bremer Mietspiegel beträgt in dieser Lage die Basismiete 6,34 Euro pro Quadratmeter. Selbst mit diversen Zuschlägen für die Ausstattung käme man kaum auf zehn Euro Kaltmiete.
Eigentlich verbietet die Mietpreisbremse Vermieter:innen, Wohnungen um mehr als zehn Prozent über den örtlichen Vergleichsmieten zu vermieten. Doch es gibt Ausnahmen. Eine davon: möblierte Wohnungen. Und so ist auch diese laut Inserat „zentral gelegene“ Wohnung „mit neuen Möbeln eingerichtet“. Die Fotos zeigen Mobiliar, wie es auch in vielen Ferienwohnungen steht: viel Grau, Schwarz, Weiß, furnierte Regale.
Die inserierte Wohnung ist keine Ausnahme. Es finden sich auf dem Schwarzen Brett weitere möblierte Zwei-Zimmerwohnungen. Eine soll 19,60 Euro den Quadratmeter kosten. Bei den anderen ist die Wohnungsgröße nicht angegeben. Nachfragen per Mail nach der Größe werden nicht beantwortet.
Bremen hat erst seit 2024 einen Mietspiegel
Auf Kleinanzeigen.de wird eine Dreizimmer-Wohnung in der Bremer Neustadt an einer viel befahrenen Straße für stolze 21,70 Euro den Quadratmeter angeboten. Der Mietspiegel gibt hier als Basismiete 6,45 Euro den Quadratmeter an.
Dabei sollen diese Wohnungen immerhin komplett eingerichtet sein, mit Staubsauger, Fernseher und Kaffeemaschine. Eine weitere in der Innenstadt wird für 17,90 Euro den Quadratmeter nur „teilmöbliert“ vermietet: „unter anderem durch großzügige Schlafzimmer/Flur und Badschränke“.
Ob Bremer Vermieter:innen die Gesetzeslücke bei der Mietpreisbremse verstärkt ausnutzen, lässt sich nicht herausbekommen. Die Mietpreisbindung gilt seit 2015, nachdem der Deutsche Bundestag ein entsprechendes Gesetz beschlossen hatte. Allerdings führte Bremen erst 2024 einen Mietspiegel ein, der es leichter macht, die Vergleichsmiete zu ermitteln.
In dem Jahr kam es nach Angaben des Bremer Senats zu einer Steigerung des Angebots möblierter Wohnungen um 8,4 Prozent. Wurden 2023 noch 2.285 möblierte Wohnungen angeboten, waren es ein Jahr später 2.477. Das teilte ein Sprecher der Bausenatorin der taz mit. Bis September 2025 seien es nach der Auswertung des Marktanalysten Value AG 1.670 gewesen.
Angaben zum jeweiligen Anteil der möblierten Wohnungen am Gesamtangebot machte der Behördensprecher nicht. Für das Jahr 2022 lässt sich anhand des städtischen Monitoring-Berichts Bauen und Wohnen ein Anteil von 25 Prozent errechnen. Dieser Wert ist nur bedingt aussagekräftig, da ein Teil der möblierten Wohnungen kurzzeitig vermietet wird und dadurch häufiger inseriert wird.
Darauf weist auch Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD) hin. Ihre Behörde beantwortete im Sommer eine detaillierte Anfrage der Linken-Fraktion zum Mietwohnungsmarkt. Danach stieg der Anteil möblierter Wohnungen in allen sieben Bezirken zwischen 2020 und 2021 sprunghaft und danach in den begehrten Innenstadtlagen langsamer weiter an.
Gab es in Altona im Jahr 2020 noch zwölf Prozent Angebote möblierter Wohnungen, waren es 2023 schon 22 Prozent. In Eimsbüttel stieg der Anteil von elf auf 23 Prozent. Neuere Zahlen liegen nicht vor.
Der Anstieg habe auch damit zu tun, dass insgesamt weniger Wohnungen zur Neuvermietung angeboten würden, heißt es in einem Artikel der Zeit aus dem Juni 2025. Die Zeitung hatte sich ebenfalls von Value AG das Angebot in Berlin, Hamburg, Köln, München und Frankfurt auswerten lassen. Demnach ist der Anteil der Inserate möblierter Wohnungen in diesen Städten zwischen 2019 und 2025 von 36 auf 47 Prozent angestiegen.
Der Auswertung zufolge liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Hamburg bei 25,80 Euro für möblierte Wohnungen, Berlin und Köln sind je einen Euro teurer, in München können Vermieter:innen 33,60 Euro verlangen. Für Bremen liegen keine Zahlen vor.
Über die Mieter:innen solcher Wohnungen ist wenig bekannt. Die Branche – es gibt Unternehmen, die sich auf möblierte Wohnungen spezialisiert haben – argumentiert, es handle sich um aus- oder inländische Fachkräfte, die nur für die Dauer eines Projekts eine Wohnung brauchen. Eine Untersuchung im Auftrag des Berliner Mietervereins kam hingegen zu dem Ergebnis, zwei Drittel würden die überteuerten Wohnungen mieten, weil sie keine Alternative hätten.
Hamburg wolle jetzt erneut über den Bundesrat eine Gesetzesreform erreichen, die unter anderem Möblierungszuschläge begrenzt, sagt der Sprecher der Bausenatorin, nachdem es im Februar keine Mehrheit dafür gegeben hatte. Im Sommer 2023 hatte der Bundesrat bereits einem entsprechenden Antrag von Hamburg und Bremen zugestimmt. Bis zum Bruch der Ampel-Koalition verhinderte die FDP die Abstimmung im Bundestag darüber.
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