Wieder mehr CO2-Emissionen: Eine Fünf für den Klimastreber
Ist Deutschland das Vorbild beim Klimaschutz, als das es sich gern bezeichnet? Womöglich ist das eigene Klimaziel für 2020 schon jetzt tot.
Damit wird es immer unwahrscheinlicher, dass die Bundesregierung ihr Klimaziel von minus 40 Prozent bis 2020 erreicht.
Das FOES bezieht sich mit seiner Abschätzung auf vorläufige Zahlen. Demnach wurden 2015 etwa 10 Millionen Tonnen CO2 mehr ausgestoßen als im Vorjahr, insgesamt 912 Millionen. Der Grund: Der Winter war lang, es wurde mehr geheizt; in Kraftwerken wurde weniger Steinkohle und mehr dreckige Braunkohle verbrannt, die Industrie setzte mehr Schweröl ein und die Autofahrer tankten mehr klimaschädlichen Diesel.
Ohne den kalten Winter sähe die Bilanz allerdings deutlich besser aus, heißt es in dem Kurzgutachten: „Temperaturbereinigt sank der Energieverbrauch gegenüber dem Vorjahr um 1,5 bis 2 Prozent.“
Wenn sich die Schätzungen bewahrheiten, schreibt der Klima-Vorreiter Deutschland einen peinlichen Trend der letzten Jahre fort, der nur 2014 unterbrochen worden war. Auch von 2011 bis 2013 waren die Emissionen jedes Jahr leicht nach oben geklettert.
Peinlicher Trend
Insgesamt hat Deutschland bisher seinen Ausstoß gegenüber 1990 um 27 Prozent gesenkt. Um das Klimaziel von 40 Prozent bis 2020 zu erreichen, müssten jetzt in nur fünf Jahren insgesamt 13 Prozentpunkte erreicht werden - eine Reduktion von fast drei Prozent pro Jahr. „Insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft, Verkehr und Senkung des Energieverbrauchs sind größere Fortschritte notwendig“, heißt es von den Gutachtern.
Bärbel Höhn, grüne Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, sprach von einer „harten Klatsche für die Bundesregierung“. Bei der Klimakonferenz habe diese noch „scheinheilig dafür gekämpft, dass andere Länder schädliche Klimagase reduzieren“, jetzt folge der „Offenbarungseid im eigenen Land, weil man an den selbst gesteckten Klimazielen scheitert“. Das zuständige Bundesumweltministerium wollte die Zahlen nicht kommentieren, man warte auf die offiziellen Daten aus dem Umweltbundesamt.
Auch weltweit gibt es schlechte Nachrichten vom Klima. 2015 stieg die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre auf 403,5 ppm (parts per million), meldete die US-Wetterbehörde NOAA. Das sei der rascheste Anstieg seit 56 Jahren, das Tempo sei „schneller als in den letzten hunderttausend Jahren“, hieß es. „Im Vergleich zu natürlichen Prozessen ist das eine Explosion.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt