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Weniger kleine BauernhöfeHöfesterben geht weiter

Die Zahl der kleinen Bauernhöfe ist drastisch gesunken. Dafür gibt es mehr Großbetriebe. Die Grünen fordern Veränderungen in der Subventionspolitik.

Kleine landwirtschaftliche Betriebe gibt es immer weniger Foto: Jens Büttner/dpa

Berlin taz | Besonders kleine Höfe werden Opfer des seit Jahren anhaltenden Bauernhofsterbens. Die Zahl der Großbetriebe hingegen ist leicht gestiegen. Das belegt eine aktuelle Studie für den EU-Agrarausschuss.

Die Anzahl der Bauernhöfe in der EU ist zwischen 2003 und 2016 von ungefähr 15 auf 10 Millionen gesunken. Der Rückgang der Kleinen Höfe ist dabei besonders hoch. Ihre Zahl sank um 38 Prozent. Die der Großbetriebe stieg im gleichen Zeitraum um 7 Prozent. Die Studie schätzt, dass bis 2040 weitere 6,4 Millionen Bauernhöfe verschwinden werden. In Deutschland sind innerhalb von 10 Jahren 12 Prozent der Bauernhöfe verschwunden. In der deutschen Landwirtschaft wurden im Jahr 2020 rund 263.500 Betriebe gezählt, 2012, waren es noch 288.000. Besonders stark ist die Entwicklung in den neuen Mitgliedstaaten.

Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, fordert eine radikale Veränderung der Subventionspolitik und mehr Unterstützung der kleinen Bauernhöfe. Außerdem wirft er den Europäischen Bauernverbänden vor, den Rückgang landwirtschaftlicher Betriebe schulterzuckend als Naturgesetz hinzunehmen.“ Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernahrd Krüsken, äußerte sich dazu folgendermaßen: „Die Gründe für den massiven Strukturwandel und das Ausscheiden vieler Betriebe sind wirtschaftlicher Druck und politische Entscheidungen, an denen auch Herr Häusling beteiligt ist. Höhere Auflagen und ständig steigende gesetzliche Anforderungen drängen vor allem kleine und mittlere Betriebe in Aus.“

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Agrarsubventionen, magere Gewinnspannen, eine schlechte Verhandlungsposition am Markt und der demografische Wandel ausschlaggebend für die Entwicklungen sind. Aktuell werden Großbetriebe bei Agrarsubventionen bevorzugt, da bei der Bemessung das zentrale Element der EU-Politik Flächenprämien sind. Die Studie schlägt vor Subventionen stattdessen nach Kriterien der Nachhaltigkeit auszuschütten. Außerdem soll kleinen Höfen und Betrieben der Zugang zum Markt erleichtert und ihre Marktmacht durch Genossenschaften gestärkt werden.

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16 Kommentare

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  • Ich finde es schade, dass Kampfbegriffe (BauenhofSTERBEN), die der Bauernverband fleißig pflegt, einfach blind weiterbenutzt werden.

    Letztlich geht es um die Betriebsaufgabe von kleinen landwirtschaftlichen Betrieben, die sich nicht im Wettbewerb durchsetzen konnten. Dabei fallen die landwirschaftlichen Flächen keineswegs brach, sonden werden aufgekauft und von größeren Betrieben genutzt. Im übrigen betrifft das kleine konventionelle wie auch Öko-Betriebe.

    Am Ende ist das eine Markt-Konzentration in der Landwirtschaft, die ganz im Sinne der Agrarindustrie ist und man aber in der öffentlichen Diskussion sich immer die "armen kleinen Bauernhöfe" als Deckmäntelchen umhängen kann.

  • Nun, die Grünen haben jetzt die Gelegenheit, daran etwas zu ändern.

    Wir werden in den nächsten Jahren sehen ob es sich noch lohnt grün zu wählen.

    Ein Parameter wird auch sein, ob sich die Bestände von Vögeln wieder erholen.

    Seit 1980 sind etwa 80 Prozent der Masse an Insekten und Vögeln verschwunden.

    Ich glaube nicht mehr an die Grünen und wähle längst die ÖDP.

    Deren Volksbegehren in Bayern zur Rettung der Artenvielfalt war ein gigantischer Erfolg.

    Seitdem warte ich, dass die Grünen sowas auf Bundesebene hinkriegen.

    Fehlanzeige. Desinteresse. Ineffizienz.

  • Das Höfesterben hat auch damit zu tun, dass die Kinder von Bauern nicht mehr Bauern werden wollen. Da stimmt halt die Work-Life-Balance nicht.

  • 0G
    03998 (Profil gelöscht)

    Wenn wir die nachhaltige Fruchtbarkeit unserer Böden, die Selbstversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln(was gerade sehr aktuell ist), die Erhaltung unserer Kulturlandschaft , die Sozialstruktur auf dem Land(kein Unternehmer/Landarbeiter System wie im Mittelalter) sollten wir unbedingt die Forderungen der Grünen unterstützen. Für eine kleinteilige Landwirtschaft - ob Bio oder nicht!

    • @03998 (Profil gelöscht):

      Rund 12 Millionen Deutschen, die auf dem Land leben, stehen etwa 600.000 in der Landwirtschaft beschäftigte gegenüber. Auf die Sozialstruktur auf dem Land hat die Anzahl und die Art und Weise, wie Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt sind also nur bedingt Einfluss.

      Dabei ist man als Angestellter ja auch nicht unbedingt schlechter dran, als als Unternehmer. Gerade in kleinen Betrieben bedeutet Unternehmer sein oft brutale Selbstausbeutung (und Ausbeutung der Familie).

      Leider ist nicht ganz klar, was hier mit Betriebsgröße gemeint ist. Hektar? Umsatz? Mitarbeiter? Durch technische Fortschritte werden ja immer weniger Personen gebraucht, um einen bestimmten Ertrag zu erwirtschaften, das würde erklären, warum die Hektarflächen und Umsätze pro Betrieb steigen, wenn mit der gleichen Mitarbeiterzahl weitergearbeitet werden soll. Ökologische Landwirtschaft dürfte oft personalintensiver sein, als konventionelle, aber auch dort wird der Personalbedarf eher zurück gehen.

  • www.crowdfarming.com

    Für alle die direkt beim Landwirt frische Lebensmittel in hoher Qualität kaufen möchten und bereit sind dafür etwas mehr zu bezahlen.

    • @PartyChampignons:

      Das ist natürlich eine hervorragende Idee. Jeder fährt einzeln mit dem Auto irgendwo aufs Land, um zwei Möhren zu kaufen. Bio-Sachen im Discounter nebenan zu kaufen würde ja den SUV nicht rechtfertigen. ;)

  • Das Gesetz des Kapitalismus. Wer nicht profitabel ist, fällt hinten runter.



    Ökologie ja, aber bitte ganz weit unten auf der Liste.

  • Die kleinen Betriebe verschwinden weil sie weniger wirtschaftlich arbeiten als große. Dabei entsprechen die 'kleinen' genausowenig der Vorstellung vom Bilderbuch-Bauernhof wie die großen, beziehen anteilsmäßig aber sogar nochmehr Subventionen.



    "Die Fördergelder machen je nach Struktur eines Haupterwerbsbetriebs im Schnitt etwa 40 bis 50 Prozent des landwirtschaftlichen Einkommens aus. Bei sogenannten Nebenerwerbsbetrieben, die eine zweite Einkommensquelle außerhalb der Landwirtschaft haben, liegt der Anteil der Fördermittel am landwirtschaftlichen Einkommen bei über 90 Prozent." [1]



    Letztlich sind diese Betriebe öffentlich finanzierte Museen ohne Publikumsverkehr. Hier noch mehr Stuergelder in überkommene Strukturen zu versenken ist vollkommen irrational. Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen Siemens in handwerkliche Elektrobetriebe zu zerschlagen die dann anschließend aus EU-Töpfen am Leben erhalten werden müssen.



    [1]www.landwirtschaft...ark-subventioniert

    • @Ingo Bernable:

      Ich stimme Ihnen zu. Es sollte aufgehört werden, kleine Landwirtschaftsbetriebe zu idealisieren. Das ist nur Heidi-Romantik.

      Ich entstamme so einem kleinen Nebenerwerbsbetrieb in einem Ort voller kleiner Nebenerwerbsbetrieb. Wie dort gedüngt und wie dort Tiere gehalten wurden...nicht idyllisch. Und absolut richtig: Die EU-Subventionen sind die Haupteinnahme. Es geht im Wesentlichen darum, irgendwas auf den Flächen anzubauen, das als Bewirtschaftung zählt, damit das EU-Geld weiter fließt.

      • @Graustufen:

        und @ INGO BERNABLE,



        die Subventionen für die Landwirte sind das billige Essen für die Verbraucher !!



        Momentan erleben wir doch täglich welche Auswirkung steigende Lebensmittel Preise auf unsere Gesellschaft hat. Und es sind nicht die Landwirte die jetzt davon profitieren.



        Wer die Almosen and die Landwirte als zu hoch oder ungerechtfertigt kritisiert, hat KEINE AHNUNG über Preise, Kosten, Arbeitsaufwand mit denen ein Landwirt leben muss.

        • @Günter Witte:

          Für mich als Verbraucher macht es aber effektiv keinerlei Unterschied ob ich meine Lebensmittel vollständig an der Kasse oder teilweise an der Kasse und teilweise übers Finanzamt bezahle.



          Warum also sollten Landwirte in einer Marktwirtschaft Anspruch auf Almosen oder Subventionen haben? Warum sollten nicht wie in allen anderen Branchen auch die Produktionskosten den Angebotspreis bestimmen? Wer wettbewerbsfähig ist, sollte damit ja eigentlich kein Problem haben, die Nachfrage dürfte gerade bei Lebensmitteln ja nicht allzu sehr einbrechen können, und wer nicht wettbewerbsfähig produzieren kann muss eben aus dem Markt ausscheiden.



          Alternativ kann man natürlich auch über Alternativen zur Marktwirtschaft nachdenken, aber dazu würde dann eben auch gehören die Betriebe in irgendeiner Form zu sozialisieren.

          • @Ingo Bernable:

            Ihre Ansichten würden passen wenn Deutschland eine Insel währe. Unsere Landwirte stehen im Preiskampf gegen Nationen wie Ukraine, Russland, Indien. Nicht mal Sie werden abstreiten das diese Länder ganz andere Produktionskosten als Deutschland hat. Wollen Sie dann den Import von Ausländischen Waren verbieten ??



            Und selbst wenn Sie den Landwirten den Boden stehlen, stehen Sie vor diesem Problem.

            • @Günter Witte:

              "Unsere Landwirte stehen im Preiskampf gegen Nationen wie Ukraine, Russland, Indien."



              Ist das in anderen, nicht subventionierten Branchen denn nicht der Fall? Der indische IT-Experte kostet beispielsweise einen Bruchteil dessen was ein Entwickler hierzulande verdient, ich würde sogar vermuten, dass das Verhältnis hier sogar noch krasser ausfällt als bei Agrarprodukten die auf dem Weltmarkt zu relativ gleichen Preisen gehandelt werden. Trotzdem werden europäische IT-Firmen nicht mit 50-90% ihres Einkommens mit Steuergeldern subventioniert.

    • @Ingo Bernable:

      Solange auf gleicher Fläche etwa gleiche Erträge bei raus kommen (as unabhängig vom Gewinn i.d.R. auch so ist) , kann auch die Unterstützung durch Steuergelder gleich hoch sein.

    • @Ingo Bernable:

      schließe mich an.

      Die Wirtschaftsweise ist bei Klein- und Großbetrieben ähnlich industriell angepasst - "modern" eben , was seine Gründe hat.



      Die Großbetriebe haben dabei zudem mehr investive Mittel um mit neuen/angepassten Stallsystemen (Außenklima) und Ackerbautechnik (präzisere Düngung und Pflanzenschutz durch GPS-Steuerung etc.) auf dem neuesten Stand zu bleiben und sich auch auf wechselnde Vorgaben der Politik einzurichten.

      Grundsätzlich steht und fällt der Fortbestand eines Bauernhofs/landwirtschaftlichen Betriebes aber - egal ob groß oder klein - mit einer gelungenen Betriebsnachfolge und einem schlüssigen, auf die Marktlage und politischen Vorgaben angepassten Konzept.



      Ist dies gegeben, können auch kleine Höfe vor allem im alternativen aber nach wie vor auch im konventionellen Bereich erfolgreich und dauerhaft Nischen besetzen.

      Wo keine Nachfolge und kein Konzept da ist, sollte somit zwangsläufig auslaufenden Betrieben in gar keinem Fall Geld hinterhergeworfen werden.