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Weltmeisterin Bresonik über Fußball„Frauen als schmückendes Beiwerk“

Weltmeisterin Linda Bresonik bemängelt, das der Fußball noch immer viel zu männerdominiert ist. Und sie ärgert sich darüber, wer sich in Talkshows äußern darf.

Kreml-Hüpferin im Auftrag der ARD: Palina Rojinski Foto: dpa
Hanna Voß
Interview von Hanna Voß

Frau Bresonik, die WM 2018 ist vorbei – was bleibt hängen?

Linda Bresonik: Für mich, dass die Deutschen so sang- und klanglos ausgeschieden sind. Ihr Auftreten hat mich erschrocken und enttäuscht. Es hat an allem gefehlt: an Einsatz, an Kampf, an Wille. Keine Mannschaft hat mit so wenig Einsatz gespielt wie die Deutschen.

Hat das Erdoğan-Foto mit Özil und Gündoğan zu viel Stress ins Team gebracht?

Mit Sicherheit. Es hat mich verwundert, dass der DFB da nicht durchgegriffen hat. Er hätte es nicht zulassen dürfen, dass Özil der Einzige war, der nicht zu diesem Medientag erschienen ist und nicht Stellung zum Vorfall bezogen hat. Was Bierhoff im Nachhinein über Özil gesagt hat, ist einfach nur schwach. Nachtreten kann man immer, wenn etwas falsch gelaufen ist. Bevor das Turnier startete, da hätte der DFB durchgreifen müssen.

Hätte sich der Verband genau so verhalten, wenn es um Frauen gegangen wäre?

Das kann ich nicht beurteilen, aber zu meiner Zeit hat der DFB immer konsequent durchgegriffen, wenn etwas in der Öffentlichkeit herumwaberte.

Im Interview: Linda Bresonik

spielte unter anderem für den MSV Duisburg und Paris Saint-Germain. Mit dem Frauen-Nationalteam wurde sie je zweimal Welt- und Europameisterin. Heute arbeitet die 34-Jährige im Gleichstellungsbüro der Stadt Düsseldorf.

Sind Fußballerinnen politischer als die Männer?

Definitiv. Wenn wir früher bei Frühstück oder Mittagessen zusammen saßen, wurde über diverse Themen geredet. Wir haben fast alle nebenher studiert, haben gearbeitet. Allein dadurch weiß ich, dass viele Spielerinnen sich für Politik interessiert haben.

Sie sind Weltmeisterin von 2003 und 2007 – und heute Mitarbeiterin im Gleichstellungsbüro der Stadt Düsseldorf. Gibt es im Fußball so etwas wie die Gleichstellung von Frauen und Männern?

Es ist die gleiche Sportart, wir sollten also entsprechend alle gleich behandeln. Aber meine Erfahrung sagt mir das Gegenteil. Es ist ein komplett anderes Geschäft. Es gibt ein riesengroßes Ungleichgewicht, von Gleichstellung sind wir meilenweit entfernt.

Liegt das am Geld?

Auch. Fußball ist ein wahnsinniges Business geworden: Social Media, die ganzen Werbeauftritte. Wer kriegt Nivea, wer Rewe? Für mich wirkt es oft, als sei das alles wichtiger.

Dennoch wird Frauen beim Fußballerischen weniger Expertise zugetraut. Warum ist das immer noch so extrem?

Fußball ist die Sportart Nr. 1 in Deutschland – und absolut männerdominiert. Es geht symbolisch gesehen um Kraft, Stärke und Härte. Dieses Bild verbindet die Gesellschaft eher mit Männern als mit Frauen.

Auch bei den TV-Expertenrunden fielen Frauen vor allem durch Abwesenheit auf. Sie dürfen mit Philipp Lahm am Tegernsee sitzen oder mit einem Mikro über den Roten Platz hüpfen, aber selten ein Spiel analysieren – warum?

Frauen sind bedauerlicherweise in vielen Bereichen nur „schmückendes Beiwerk“. Sehen Sie sich an, wer die Gäste in den Logen bedient: Frauen in kurzen Röcken. Im Männerfußball ist die weibliche Expertise leider nicht gefragt.

Männer müssen sich dagegen kaum anstrengen, um gehört zu werden.

So wie zum Beispiel Mario Basler. Er hat in seinem Fußballerleben einfach nicht sonderlich viel erreicht. Trotzdem wird er in zig Talkshows eingeladen – klar, weil er Dinge sagt, über die sich dann alle aufregen können, aber eben auch, weil ihm automatisch Expertise zugeschrieben wird. Als Frau musst du ein paar Mal Weltmeisterin werden, um wahrgenommen zu werden.

Die einstige deutsche Nationalstürmerin Célia Šašić saß mit Mario Basler in der Runde bei der ARD-Sendung „Hart aber fair“, erntete aber prompt Kritik für diesen Auftritt.

Das kommt dann dazu: Wenn eine Frau als Expertin auftritt, werden absurde Maßstäbe an sie angesetzt.

Wie bei der ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann …

Von ihrer Kompetenz könnten sich einige männliche Kollegen wirklich eine Scheibe abschneiden. Ein Mann mit ihrer Erfahrung und ihrer Sachkenntnis hätte aber eben auch nicht mit Mitte 50 sein erstes WM-Spiel kommentiert.

Was muss passieren?

Alles steht und fällt mit der Förderung. Solange die bei den Männern so viel stärker betrieben wird, führen wir in 20 Jahren immer noch die gleichen Gespräche. Alle Frauen, die in der Bundesliga spielen, müssten die Möglichkeit haben, das als Vollprofis zu tun. Wer nicht gerade bei Wolfsburg oder Bayern München spielt, geht aber heute nebenher noch arbeiten. Wenn die Spielerinnen sich voll und ganz auf den Fußball konzentrieren könnten, würde auch die Qualität besser. Und dann müsste auch die Bezahlung angeglichen werden.

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13 Kommentare

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  • Mir fallen nocgh viele Bereiche ein, in denen Frauen unterepräsentiert sind: Müllwerker sind immer nur Männer, im Straßenbau arbeiten auch nur fast Männer. LKW-Fahrerinnen gibt es so wenige, daß es über die, die den Beruf machen, Fernsehsendungen gibt. Wollen wir da mal über Quoten sprechen ?

  • Versteh´ich nicht. Verkaufssendungen im Fernsehen sind doch auch frauendominiert. Da steht dann höchstens mal ein Glöökler rum und darf "aaaaach" sagen. Da beschwert sich doch auch kein Macker, daß er dort nicht auftauchen darf.

  • Das Problem sind vor allem die Öffentlich-Rechtlichen die ihre Mono-Sport-Kultur (Männer-)Fußball hegen und pflegen und verdammt viel Gebührengelder dafür ausgeben.



    Volleyball, Eishockey, Basketball, Handball werden ignoriert und allenfalls bei Olympiaden oder in Endrunden von Weltmeisterschaften gezeigt wie es ja auch beim Frauen-Fußball der Fall ist, obwohl die Gebühren ja mit der "Vielfalt" gerechtfertigt werden. Beim "Sommer-Sport" allerdings ist Schluß mit Vielfalt.



    200 Millionen alleine für die WM2018-Rechte.



    Würden die Öffentlich-Rechtlichen die u.a. oben genannten Sportarten regelmäßig ausstrahlen würden diese auch populärer und dadurch hätten diese auch mehr Zuschauer (im Stadion), Werbeeinnahmen etc.

  • Wer ist Linda Bresonik? Ist das Interview echt? Oder ein Test, ob die Männer gleich wieder antifeministisch loskommentieren?

  • Männer müssen sich dagegen kaum anstrengen, um gehört zu werden.



    >> Vielleicht im Fussball. Siehe Tennis. Da tauchen ehemalige Stars regelmässig auf.

    Es ist die gleiche Sportart, wir sollten also entsprechend alle gleich behandeln.



    >>> Solange Frauenfussball uninteressant bleibt, bleibt es wie es heute ist. Macht was dagegen. Billie Jean konnte das auch.

    Fußballerischen weniger Expertise zugetraut. Warum ist das immer noch so extrem?



    >>> Ganz im Ernst, wie ist es in den Staaten? Wo Fussball ein Frauensport ist? Kennt sich jemand von den Leser mit Frauenfussball aus, ich meine



    dem Fussball in den USA?

    Als Frau musst du ein paar Mal Weltmeisterin werden, um wahrgenommen zu werden.



    >>> War das auch so bei Hope Solo?

    Alles steht und fällt mit der Förderung. Solange die bei den Männern so viel stärker betrieben wird, führen wir in 20 Jahren immer noch die gleichen Gespräche. Alle Frauen, die in der Bundesliga spielen, müssten die Möglichkeit haben, das als Vollprofis zu tun.



    >>> Es hat nix mit Mann und Frau zu tun, sondern mit Angebot und Nachfrage. Früher schaute ich immer WTA Tennisspiele, vorallem in den neunziger. Mauresmo, Tauziat, Davenport, Kournikova (nie ein Einzelturnier gewonnen), Hingis, Williams, Capriati, Sanchez, Graf etc. füllten die Center Courts. Inzwischen verdienen weiblicht Tennisspielerinnen sehr sehr viel, weil es sich halt auszahlt.

  • Wer hat denn das Bild ausgewählt? Haha. Ich liebe die taz.

  • Der letzte Absatz ist doch Käse. Was hat denn die Gesellschaft davon, wenn eine künstlich abgegrenzte, winzig kleine Teilmenge gehegt wird?



    Statt der Trennung in Männer- und Frauenteams und positiver Diskriminierung, wäre es doch angebrachter in allen Sportarten nur noch mixed unterwegs zu sein. Dann gelten für alle die gleichen äusseren Voraussetzungen.

  • Und beim letzten Absatz kommen wir doch wieder zum Thema Geld. Woher sollen die Gelder kommen um alle mit Profiverträgen auszustatten?

    Die Bundesliga hat in der letzten Saison einen Zuschauerschnitt von 846 Personen. Bei uns hatte die Regionalliga Südwest 1.706 und auch da haben nicht alle einen Profivetrag.

    Da es bei uns kein Franchisesystem wie in den USA gibt, muss das Geld dafür von Vereinen mit einer erfolgreichen Männermannschaft kommen.

  • Für Frauen, die so viel reflektieren, ist der Schluss etwas dürftig. Das Fussballerinnen Expertise haben sollte unbestritten sein. Aber Mario Basler wird nicht wegen seiner Expertise hofiert, sondern weil er ein Typ war /ist, ob berechtigt oder nicht ist keine Frage. Andere Fussballer, auch die die wenig international erreicht haben, müssten sonst auch in einer rein männlichen Schiene vorgezogen werden.

    "müssten die Möglichkeit haben, das als Vollprofis zu tun."



    "Bezahlung angeglichen werden"

    Ok, vielleicht kann man den Männerfussball eine Bringschuld andefinieren. In dem Sinne, dass die erfolgreichen Vereine auch für einige Jahre Frauen als Vollprofis bezahlen. Aber irgendwann muss sich das selber tragen. Und dann, wenn Frauenfussball von Millionen geguckt und gespielt wird, dann können sie auch 200 Mio Ablöse fordern. Aber solange das nicht passiert, kann man nicht verlangen von der Sportart Nr 1 durchalimentiert zu werden. Es ist auch kein strukturelles Problem, die Werbepartnerschaften und Geldquellen im Männerfussball sind über Jahrzehnte gewachsen.

    • @fly:

      Ich empfehle da den Wechsel zum Tennis. Dort ist es umgekehrt. Frauenfussball ist zuwenig attraktiv weltweit, deswegen verdienen die Frauen weniger.



      Dass Männer die Frauen alimentieren, wozu??? Wo sind die Billie Jeans des Fussballsports? Wo? Ah noch was. Im Tennis ist der Center Court voll, egal ob Williams oder Federer im Final spielen.

  • Frau Bresonik, letzte Frage noch:



    Die durchschnittliche Zuschauerzahl Bundesliga Frauen in 2017/2018 betrug nur 846 pro Spiel. Wie sollen bei so geringen Interesse halbwegs vernünftige Profigehälter ausgezahlt werden ?

  • Völlig realitätsfremd, die Dame, deren Namen ich bislang nicht kannte. Aber Basler konnte Eckbälle direkt verwandeln und hat im Champions-League-Finale gegen Manchester United per direktem Freistoß die 1:0-Führung erzielt. Der Zuseher zahlt für Spektakuläres und nicht für Mittelmaß. Hat ihre Frauennationalmannschaft nicht hoch gegen eine Juniorenmannschaft verloren?

  • Frau Bresonik spielt sicherlich besser Fussball als die meisten Männer, aber verglichen mit männlichen Profifußballern würde sie es kaum in eine Verbandsligamannschaft schaffen. Daher zu fordern, als Vollprofi bezahlt zu werden ist anmaßend. Mit diesem Anspruch könnten auch Spitzen-Wasserballer Millionen-Gagen fordern.