Weitere Reaktionen auf Spionageaffäre: Nicht länger leisetreten

Grünen-Politiker Trittin fordert die Regierung auf, „Klartext“ mit den USA zu reden. Der Linken-Politiker Bockhahn stellt das Verhältnis zum Partner in Frage.

Stellt drei konkrete Forderungen an die Regierung: Jürgen Trittin. Bild: reuters

BERLIN taz | Die USA beschädige mit ihrer Spionage in Deutschland die Beziehung der beiden Länder. Er sei „deswegen sehr besorgt", sagte der Grüne Außenexperte Jürgen Trittin. Angesichts der Konflikte in der Welt, etwa in der Ukraine oder in Syrien, sei der Zusammenhalt zwischen Washington und Berlin wichtig. Das heiße aber nicht, dass die Bundesregierung nun einfach klein bei geben solle - ganz im Gegenteil.

Am vergangenen Donnerstag hatte die schwarz-rote Koalition einen hochrangigen US-Geheimdienstmitarbeiter aufgefordert Deutschland zu verlassen. Hintergrund waren die Ermittlungen gegen zwei mutmaßliche Spione der USA. Der eine tauchte im Bundesnachrichtendienst (BND) auf, der andere im Verteidigungsministerium. Schon vor einem Jahr waren umfangreiche Spähaktionen des US-Dienstes NSA bekannt geworden.

Der Rauswurf des obersten US-Geheimdienstlers sei richtig, meint Bernd Schmidbauer. Schmidbauer koordinierte unter Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl die Geheimdienste. Nur so würden „auch unsere Empfindlichkeiten deutlich“, sagte er. Für die USA sei das ein Weckruf. Doch für Trittin, der im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages sitzt, geht die Bundesregierung nicht weit genug.

Zumal es mit zwei Spionen offenbar nicht getan ist. Der US-Geheimdienst CIA führt laut Bild am Sonntag mehr als ein Dutzend Regierungsmitarbeiter in Deutschland als Quellen. Offenbar betroffen: die vier Bundesministerien Verteidigung, Wirtschaft, Inneres und Entwicklungshilfe.

„Kein schönes Gefühl“

Und nach Informationen des Spiegel wurden verschiedene Handys überwacht, um etwa den E-Mail-Verkehr des Linken-Politikers Steffen Bockhahn mitzulesen. Bockhahn gehörte in der vergangenen Legislaturperiode zum parlamentarischen Kontrollgremium, das die Geheimdienste überwacht. Ausgespäht zu werden, sei „kein schönes Gefühl“, sagte Bockhahn. Er sieht das „Grundrecht auf Kommunikationsfreiheit“ verletzt. Der Nutzen der transatlantischen Beziehungen wiege womöglich die Kosten nicht mehr auf. Das müsse die Bundesregierung prüfen.

Derweil stellt der Grüne Trittin drei konkrete Forderungen auf: Die Bundesregierung müsse erstens den Zugriff der US-amerikanischen Behörden auf Daten der Europäer kappen. Mit der Begründung den Kampf gegen Terror zu stärken, haben Brüssel und Washington vor wenigen Jahren Abkommen etwa über die Weitergabe von Fluggastdaten beschlossen. Zweitens müsse in das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU ein „klares Verbot der Wirtschaftsspionage“ aufgenommen werden. Mit dem sogenannten TTIP-Handelspakt soll die größte Freihandelszone der Welt geschaffen werden.

Und drittens, so Trittin, muss die „Spionageabwehr, die Strafverfolgung der Spione und die Gegenspionage“ verbessert werden. Auch Angriffe befreundeter Staaten müssten einbezogen werden. Der mutmaßlich BND-Agent war dem für die Spionageabwehr zuständigen Bundesamt für Verfassungsschutz erst in Netz gegangen, als er auch den Russen seine Zusammenarbeit anbot – und nicht als er den US-Geheimdiensten geheime BND-Dokumente lieferte.

Trittin meint, „Leisetreterei“ sei falsch: „Auch wenn Deutschland und die USA gemeinsame Interessen in der Welt vertreten, muss auf höchster Ebene Klartext geredet werden.“ Das führe zunächst zwar zu Streitigkeiten, langfristig aber zur Klärung des Verhältnisses und zu einer Stärkung des Bündnisses.

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