Weitere Hamas-Geisel in Gaza befreit: Beduinisch-arabischer Israeli gerettet
Farhan al-Qadi wurde am Dienstag aus Geiselhaft in Gaza befreit. Er war seit dem 7. Oktober in den Händen militanter Palästinenser in Gaza.
Auf einem Selfie aus dem Klinikum im südisraelischen Beerscheba lächeln zwei Männer: Der eine, sehr dünn, mit kurzgeschorenem grauen Haar und Bart, trägt ein Krankenhaushemd, in seinem Arm steckt ein Infusionszugang. Es ist Farhan al-Qadi, der am Dienstag aus einem Tunnel im südlichen Gazastreifen gerettet wurde.
Wie noch immer über 100 weitere Geiseln befand er sich seit dem 7. Oktober in den Händen militanter Palästinenser in Gaza. Neben ihm strahlt sein Bruder, auf dem Kopf trägt er die traditionelle Kopfbedeckung muslimischer Männer, auch mit seinem langen dunklen Bart steht er in der Tradition frommer Muslime.
Farhan al-Qadi ist einer von ursprünglich sechs nach Gaza entführten Mitgliedern der Gemeinschaft der Beduinen in Südisrael. Zwei der Entführten, der 18-jährige Bilal und die 17-jährige Aischa, kamen beim Geiseldeal im vergangenen Herbst frei, die drei Verbliebenen, allesamt Männer, sind weiterhin in Gaza.
Bevor al-Qadi nun vom israelischen Militär gerettet wurde, hatte man zuletzt am Morgen des 7. Oktobers von ihm gehört, berichtete damals die Gruppe „Citizens of Bedouin Society Victims Forum“.
Bewohner verteidigten ihren Kibbuz
Gemeinsam mit seinen zwei Ehefrauen und insgesamt elf Kindern lebt al-Qadi in der Nähe der ausschließlich von beduinischen Arabern bewohnten Stadt Rahat in Südisrael, in der Wüste Negev. Er arbeitet als Wachmann in einer Packungsfabrik im Kibbuz Magen und wurde am 7. Oktober aus der benachbarten Gemeinde Mivtahim entführt.
Der Kibbuz, der nur wenige Kilometer von der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen entfernt liegt, war am 7. Oktober von schweren Kämpfen betroffen. Zwei Mitglieder des Kibbuz kamen dabei ums Leben, doch immerhin schafften die Bewohner es, ihren Kibbuz zu verteidigen und die meisten Angreifer aus dem Gelände herauszuhalten.
Dass sein Bruder nach über zehn Monaten nun wieder nach Israel zurückgekehrt sei, erfülle ihn mit großer Freude, sagte sein Bruder: „Ich kann dieses Gefühl nicht erklären, es ist noch besser als das Gefühl, wenn ein Kind das Licht der Welt erblickt.“ Er danke Gott, dass sein Bruder zurück sei. Nach Medienberichten soll der Gesundheitszustand des 52-Jährigen den Umständen entsprechend gut sein.
Auch israelische Politiker nutzten die Gelegenheit: Verteidigungsminister Joav Galant erklärte sogleich, dass die Operation, die al-Qadi gerettet hatte, „Teil der risikoreichen und mutigen Aktivitäten des israelischen Militärs tief im Gazastreifen“ sei. Auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu meldete sich Medienberichten zufolge telefonisch bei al-Qadi.
Diskriminierung von Beduinen
„Die ganze Nation Israel ist bewegt von seiner Rettung“, erklärte sein Büro später in einem Statement. Und betonte sogleich: Man tue alles, um auch die verbliebenen Geiseln nach Hause zu bringen.
Die beduinische Gemeinschaft in Israel erlebt immer wieder Diskriminierung. Ihre Mitglieder sind meist arm und erhalten oft wenig Bildung. Als arabische Bürgerinnen und Bürger Israels erfahren sie außerdem ähnliche Diskriminierung wie die nichtbeduinische arabische Gemeinschaft. Während al-Qadi als Geisel in Gaza saß, wurde Mitgliedern der beduinischen Gemeinde immer wieder vorgehalten, dass ihnen nicht zu trauen sei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen