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Weitere Amtszeit für BundespräsidentenSteinmeier zum Zweiten

Mit großer Mehrheit stimmt die Bundesversammlung für eine weitere Amtszeit des Staatsoberhaupts. Eine Frau der 1.472 Wahlleute erhält großen Applaus.

Verfolgte seine Wiederwahl als Zuschauer: Bundespräsident Steinmeier mit Frau Elke Büdenbender Foto: Michael Sohn/AP

Berlin dpa/taz | Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist im ersten Wahlgang der Bundesversammlung für eine zweite Amtszeit gewählt worden. Das Gremium wählte den Amtsinhaber mit großer Mehrheit von 1.045 von insgesamt 1.437 abgegebenen Stimmen, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) am frühen Sonntagnachmittag verkündete. Steinmeier bedankte sich und nahm die Wahl an.

Gegen ihn kandidierten für die Linke der Mediziner Gerhard Trabert, der 96 Stimmen erhielt und für die AfD der Ökonom und CDU-Mann Max Otte (140 Stimmen). Außerdem hatten die Freien Wähler die Physikerin Stefanie Gebauer ins Rennen geschickt, sie erhielt 58 Stimmen. Weil sowohl die drei Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP als auch die oppositionelle Union Steinmeier vorab ihre Unterstützung zugesagt hatten, galten die drei als chancenlos. Es gab 86 Enthaltungen.

Die Bundestagspräsidentin eröffnete die Sitzung am Sonntagmittag im Paul-Löbe-Haus. Sie rief Bürger und Politiker auf, auch unter den erschwerten Bedingungen der Coronapandemie und anderer schwelender Krisen mutig zu sein und nicht die Nerven zu verlieren. „Jede Zeit stellt neue Aufgaben. Mit jedem Schritt vorwärts sind Risiken verbunden“, sagte sie und forderte: „Trauen wir uns dennoch Veränderung und Fortschritt zu!“

Bas beschrieb die polarisierte Stimmung im Land: „Scheinbar unversöhnlich stehen Menschen sich gegenüber, die unterschiedliche Einstellungen haben. Die Stimmung im Land, in Familien und Freundeskreisen leidet darunter. Dagegen hilft kein Impfstoff“, sagte sie. Deshalb seien Mut, Zuversicht und ein respektvoller Ton im Umgang mit Andersdenkenden jetzt so wichtig. „Die Mehrheit hat nicht automatisch Recht – die Minderheit aber auch nicht“, sagte sie. Alle müssten sich bewegen und aufeinander zugehen.

Die Abgeordneten unter den Anwesenden rief Bas auf, den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr zuzuhören. Denn das könne die Debatte in der parlamentarischen Demokratie nur bereichern.

Bundesversammlung so groß wie nie

Zur Wahl des Bundespräsidenten versammelten sich die Delegierten wegen der Coronapandemie dieses Mal nicht im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes, sondern im benachbarten Paul-Löbe-Haus, wo auf fünf Stockwerken mit zahlreichen Sitzungssälen mehr Platz ist.

Die Bundesversammlung ist das größte parlamentarische Gremium in Deutschland. Seine einzige Aufgabe ist die Wahl des Staatsoberhaupts alle fünf Jahre. Sie setzt sich zusammen aus den Abgeordneten des Deutschen Bundestags und einer gleich großen Zahl von Mitgliedern, die die 16 Landtage entsenden. Da der Bundestag derzeit 736 Abgeordnete zählt, besteht die Bundesversammlung aus 1.472 Wahlfrauen und -männern – so viele wie nie zuvor.

Auch Ex-Kanzlerin Angela Merkel gehörte zu den Delegierten, die vor Beginn der Wahl großen Applaus bekam. Auf der Liste standen zudem Prominente wie Bundestrainer Hansi Flick, Fußballer Leon Goretzka oder Musiker Roland Kaiser, aber in diesem Jahr auch etwa Wissenschaftler wie Astronaut Alexander Gerst, Virologe Christian Drosten und die Biontech-Mitgründerin und Impfstoff-Entwicklerin Özlem Türeci.

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11 Kommentare

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  • Erschütternd waren geleakte Videos der Veranstaltung, die zeigten dass sich vor dem offiziellen Beginn kaum jemand an die Abstandsregeln gehalten hat. Die gleichen Leute, die für die Allgemeinheit keine Lockerungen „in Sorge um Vulnerable“ immer wieder aufschieben. Boris von der Insel lässt grüßen …

    • @TazTiz:

      "geleakte Videos"

      ROFL. 1.500 Leute mit Handy liefen dort rum und durften frei filmen oder fotografieren. Livestreams und Fotojournalisten runden das Bild ab.

      Dort wurde nichts geleakt. Das war transparent wie Klare Suppe, in der sich natürlich immer auch noch ein Haar finden läßt.

      Und wer sind ihre "gleichen Leute"? AfDler?

      • @Rudolf Fissner:

        Journalisten waren übrigens nicht zugelassen. Von Innen haben nur das Hausfernsehen und Phönix berichtet.

  • Aus humanistischer Sicht und aus



    sicherheitspolitischer Sicht war das Assoziierungsabkommen der Ukraine



    in der jetzigen Form ein Kriegs-/Aufstands-/Bürgerkriegsgarant.



    Im Wissen über die Misere des Katastrophenschutzes, der Bundeswehr, der Demographie, Bandbreite ultratödlichster Waffensysteme ist es völlig unverantwortbar die Bedenken der Russen einfach bei Seite zu wischen!



    Und natürlich auch aus rein technischer Perspektive argumentieren die Russen ehrlich, sie brauchen die Vorwarnzeit, dass Interkontinentalraketen über die Ukraine fliegen müssen, um sicher bestimmen zu können, ob eine Gefahr



    für sie droht, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Und die unehrlichen NATO-Leute müssten auch zugeben,



    dass auch diese Vorwarnzeit brauchen, dass auch ihre technischen Systeme und Menschen hinter Apparaten mehr Zeit brauchen!



    Und Russland, auch in der jetzigen Verfasstheit hat das gleiche Existenzrecht wie die EU und die USA. Punkt. Es steht uns nicht zu, den Russen zu diktieren, wie sie zu leben haben. Und wenn wir das nicht kapieren, beschwören wir den dritten Weltkrieg. Nicht jeder Staat darf eine militärische Supermacht werden!



    Dann wird dieses perverse Psychospiel



    unkontrollierbar. Die NATO soll Russland die Sicherheitsgarantien geben! Das ist auch zu unseren eigenen Gunsten. Und die NATO und Russland sind Feinde! Das nutzt auch keine Heuchelei. Das Wettrüsten mit den den Abertausenden Atombomben ist doch nicht so einfach wegzudiskutieren. Die sind da!



    Diesen ganzen Mist hat Steinmeier als Außenminister mit zu verantworten.



    In der Demokratie kann man Leute, die schwere Fehler begangen haben abwählen, aber leider geschieht das viel zu wenig.



    Und man konnte alles vorhersehen.

    Ich frage mich, ob die Model-Demokraten mit den Ukrainern zusammen gegen die Russen kämpfen werden oder ob der Kaviar im Schloss Bellevue doch genehmer ist.



    Herr Steinmeyer nehmen sie sich ein Sturmgewehr und seien Sie in der Ukraine mit dabei!



    Die Ukraine muss neutral werden, wie CH, S und FIN.

  • Scheinbar brauchen wir dringend reichlich Beruhigungsmittel. Also dann: weiterschlafen!

  • Steinmeier war unter Schröder Kanzleramtsminister und Geheimdienstkoordinator. In dieser Funktion hat er die Aktivitäten des BND in Tschetschenien genehmigt. Der BND war der einzige westliche Geheimdienst, der die Russen bei ihrem systematischen Krieg gegen die tschetschenische Zivilbevölkerung unterstützt hat. Diese Verwicklung Deutschlands in Kriegsverbrechen im Nordkaukasus (Codename "Lanze") hat Steinmeier - instinktloser Technokrat durch und durch - zu verantworten.



    Steinmeier hat dafür gesorgt, dass Murat Kurnaz vier Jahre länger in Guantanamo inhaftiert war als die Amerikaner selbst wollten. Kein Wort der Entschuldigung dafür, vielmehr "würde ich es genau so wieder machen". Lediglich die parlamentarische Immunität hat ihn seinerzeit vor Strafverfolgung wegen der Causa Kurnaz geschützt.



    Wenn einer wie Steinmeier Bundespräsident ist, zeigt das, wie sehr die Demokratie in Deutschland auf den Hund gekommen ist.

  • Schön das die Wahl mal wieder unaufgeregt geklappt hat.

    Nun wurde ich nicht als Delegierter aufgerufen - vermutlich weil meine Meinung zu häufig abseitig der gewünschten Regierungsmeinung anzutreffen ist - dennoch sehe ich mich von Frank Walter Steinmeier nicht vertreten, und möchte auch nicht von diesem Herren vertreten sein, denn er würde meine Stimme aufgrund seiner Unaufrichtigkeit hinsichtlich der Menschenwürde und unseres Grundgesetzes auch nicht bekommen.

  • Hat was von Berlinale.



    Schöne Bilder. Sehen und gesehen werden. Schulung von Mimik und Rhetorik.



    Ich hätte Gerhard Trabert gewählt.



    Als seinen" Staatssekretär" das ist ja möglich, Ricardo Lange!



    Dieser Rhetorik habe ich zugehört.



    Ansonsten, der immer, gleiche Brei!



    Warum wird so was nicht mit einer Videoschalte gemacht.



    Für die Kosten dieser Berlinaleveranstaltung hätte man ein paar Schulen digital ausstatten können.

    • @Ringelnatz1:

      Da möchte ich ihnen zustimmen.

      Besser auf die richtige Berlinale gehen und den Film über Hrn. Kurnaz ansehen. Das ist weniger "rhetorische Show" (oder Realsatire!) und mehr Lebensrealität gerade hinsichtlich der Wiederwahl des Bundespräsidenten.

  • Dass Promis aufgrund ihres Promi-Status Einfluss auf die Wahl in der Bundesversammlung haben, halte ich für falsch.



    Wer die Promis auswählt, wählt dann indirekt auch schon den Bundespräsidenten.



    Als Steinmeier Außenminister war hat er auch in der Ukraine-Krise versagt.



    Mio. von Existenzen und Schicksalsverläufen stehen nun auf den Spiel.



    Ich hätte es gut gefunden, wenn in der Bundesversammlung nicht Promis, sondern ein aufgeklärter Durchschnitt der Bevölkerung (siehe Geschworenengericht der USA) zur Wahl aufgerufen wäre oder der Bundespräsident bzw. die Bundespräsidentin vom Volk gewählt würde. Ich finde, dass alle KandidatInnen für diesen Posten mit sehr guter Bezahlung und großer Reputation sich nicht ausreichend angestrengt haben.



    Das war eine Stallgeruchs- und Habituswahl und keine Wahl der besseren Argumente, Visionen, Konzepte. Sie war damit irgendwo sinnentleert und leistungsentkoppelt.



    Genauso einfältig war auch das Votum für ein Assoziierungsabkommen



    der Ukraine für die EU.



    Auch hier wollte niemand anecken und alle waren die modernistischen Vorantreiber.



    Das Resultat ist ein gespaltenes Land, viele Tote, wirtschaftlich zerstörte Lebensentwürfe und ein drohender dritter Weltkrieg, sowie bleibend geringere Vorsorgezeiten für beide. Im übrigen drohen keine Panzerkriege,



    weil man uns den Sprit vorher abdrehen würde, sondern Atomkriege!



    Ich weise daraufhin, dass auch Russland in Syrien Chemiewaffen eingesetzt hat.



    Wir sind in keiner Weise auf einen 3. Weltkrieg vorbereitet.



    Anstatt vernünftige Realpolitik zu machen, hat Steinmeier den superhonorigen Weltlenker mit Fr. Dr. Merkel gespielt, nur kam da wie auch in all den anderen Ländern nicht viel Positives heraus.



    Vielleicht hätte sich die Stefanie Gebauer etwas besser angestellt. In einer Demokratie



    sollte auch die bisherige Bilanz der Amtsträger herausgearbeitet werden.



    Ein "Sie kennen mich" - Argument finde ich bei der Bilanz von Steinmeier nicht ausreichend. Gute Reden reichen nicht!

  • Steinmeier wieder Bundespräsident? Verdammt, das hätte ich nicht gedacht!