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Wahlverhalten bei niedrigem EinkommenMieterhöhungen helfen der AfD

Steigende Mieten sind vor allem für arme Menschen ein Problem. Eine neue Studie untersucht, wie sich das auf politische Präferenzen auswirkt.

Hält die Brandmauer? Steigende Mieten beeinflussen die Bundestagswahl Foto: Sabine Gudath/imago

Mannheim dpa | Bei Mie­te­r*in­nen mit niedrigen Einkommen wächst laut einer neuen Studie die Unterstützung für die AfD, wenn die Mietpreise in ihrem städtischen Wohngebiet ansteigen. Wis­sen­schaft­le­r*in­nen unter Leitung von Denis Cohen vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung haben für ihre Analysen unter anderem Mietmarktdaten auf Ebene der Postleitzahlen und Befragungsdaten des Sozio-ökonomischen Panels betrachtet.

Laut ihren Ergebnissen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass einkommensschwache Mie­te­r*in­nen in Befragungen die AfD unterstützen, um bis zu vier Prozentpunkte, wenn die durchschnittlichen Mieten in der Nachbarschaft um einen Euro pro Quadratmeter steigen. Dies gelte auch für Menschen, die von den Mieterhöhungen persönlich bislang gar nicht direkt betroffen seien, stellen die For­sche­r*in­nen aus Mannheim, Oxford und Zürich fest.

Denn Mie­te­r*in­nen mit geringeren Einkommen empfänden steigende Mieten in ihrem Umfeld sowie die damit einhergehenden Veränderungen in der Nachbarschaft als „latente Bedrohung für ihren sozialen und wirtschaftlichen Status“.

Bei Mieterinnen und Mietern mit höheren Einkommen sowie bei Menschen mit Wohneigentum sei dagegen ein gegenteiliger Effekt zu beobachten. „Wenn Mieten steigen, profitieren manche von den Aufwertungsprozessen – andere nehmen diese Entwicklung hingegen als sozio-ökonomische Bedrohung wahr“, analysiert Cohen.

Die höchsten Zustimmungswerte hat die AfD insgesamt allerdings in ländlichen, strukturschwachen Gebieten, wo die Mieten eher niedrig sind.

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6 Kommentare

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  • Daher auch der besondere Hass auf die Grünen. Zum einen wohnen sie bevorzugt in gentrifizierten Vierteln (wenn die ersten Christianiabikes auftauchen, dauert‘s nicht mehr lang, bis die Mieten steigen und Menschen verdrängt werden), zum anderen ist bei keiner Partei bei sowohl Mitgliedern als auch Wählern der Anteil der Akademiker und Staatsangestellten, also der Besserverdienenden und Abgesicherten, so hoch.



    Menschen, die Angst vor dem Abstieg haben, sehen die Grünen und sehen Menschen, die um sich selbst keine Angst haben müssen.

  • Heisst für Vermieter, die der AfD nahestehen: Miete rauf bringt mehr Geld für die Vermieter und mehr Stimmen für die AfD.

  • "Bei Mie­te­r*in­nen mit niedrigen Einkommen wächst laut einer neuen Studie die Unterstützung für die AfD, wenn die Mietpreise in ihrem städtischen Wohngebiet ansteigen."



    Das wirft 2 Fragen auf:



    Haben die alle nicht im Geschichtsunterricht aufgepasst?



    Lesen die nur noch "X" Instagram und TikTok?



    Meine Empfehlung: Mal ins Wahlprogramm der AfD schauen:



    Die AfD fordert daher die Reduktion der überzogenen Standards und Vorgaben, die Streichung der Energieeinsparverordnung sowie den Brand-, den Wärme- und den Schallschutz auf ein notwendiges Mindestmaß zurückzufahren. Wir benötigen eine bundesweite Vereinfachung und Vereinheitlichung des Baurechtes und eine Beschleunigung von Verfahren durch Bürokratieabbau und Digitalisierung.

    Also ich seh´da nix für diese Bevölkerungsgruppe



    (ach so, weiter oben steht noch irgendwas mit Migration — ohne das geht es bei denen ja gar nicht ...)



    Gruß Fritze

  • Wir haben es mit Abstiegsängsten zu tun. In den letzten 10-20 Jahren wurde die untere Mittelschicht ökonomisch der Unterschicht gleichgestellt. Diese Distinktion ziwschen den Klassen ist in der deutschen Klassengesellschaft aber äußerst wichtig. Deshalb wählen viele Menschen jetzt auch die Partei die am deutlichsten auf die Unterschicht eindreschen will. Das die Unterschicht inzwischen mehrheitlich aus Migranten besteht, ist für die AfD nur ein netter Nebeneffekt.

    • @Šarru-kīnu:

      Die Mittelschicht ist ökonomisch mit den Einkommensschwachen gleichgestellt? Was für ein Blödsinn.

    • @Šarru-kīnu:

      Sie widersprechen sich. Oder Sie behaupten, dass die "Mittelschicht" ebenfalls mehrheitlich aus Migranten besteht. Wie auch immer - im Tenor geb' ich Ihnen Recht. Ein gutes Zeichen ist das weder für das Lohngefüge, noch für den Bildungsstand, noch für die "polit. Resilienz" der dt. Gesellschaft. Es könnte einem ja bekannt vorkommen: ein abstiegsgefährdetes (Klein)Bürgertum, das -gegen jedes Interesse- den eigenen Metzger wählt. Das eigentliche Problem ist, dass die Renditeinteressen von Kapitalbesitzern keine Sekunde zur Disposition stehen. Dazu gehören natürlich auch Immobilienbesitzer. Die Renditevorstellungen (vulgo: die Mieten) haben ein unverschämtes und unanständiges Niveau erreicht. Jeder der Miete zahlen muss, erfährt die Steigerungen am eigenen Leib. Die Lohnentwicklung v.a. der schlechter entlohnten Berufe kann da nicht mal ansatzweise mithalten. Es ist das Werk jahrzehntelanger Indoktrination auf allen gesellsch. Ebenen (Schule, Medien, Politik, etc.), dass es heute quasi keine gesellsch. Kraft mehr gibt, die diesen überbordenden Interessen -auch substanziell, also inhaltlich- etwas entgegensetzen kann - dass sich niemand etwas anderes auch nur vorstellen kann. Schlimm.