Rechtsextreme Parteien: Armut fördert Aufstieg der Rechten

Eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich sorgt laut einer Studie für den Aufstieg rechtsextremer Parteien. Auch regionale Unterschiede spielen eine Rolle.

Halb herutergelassener Rollladen an einem AfD-Büro.

Bürgerbüro der AfD in Berlin-Lichterfelde Foto: Florian Boillot

BERLIN taz | Armut ist einer neuen Ifo-Studie zufolge ein Nährboden für den Aufstieg rechtsextremer Parteien und Populisten. Steige der Anteil armer Haushalte um einen Prozent, so steige das Wahlergebnis von rechtsextremen Parteien um 0,5 Prozent. Daraus folgt aber nicht, dass es die armen Personen sind, die rechts wählen. Für die Wähler sei die gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland wichtiger als ihre tatsächliche persönliche Situation.

Die Studie des Münchner Ifo-Instituts ist eine Zusammenfassung der bisherigen Forschungen zu den Faktoren für den Aufstieg von rechtsextremen Parteien. Dabei wurden Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP), des Mikrozensus sowie die Ergebnisse der Bundestagswahlen von 1998 bis 2017 berücksichtigt. Untersucht wurden nicht nur die Ergebnisse der AfD oder der NPD, sondern aller nationalistischen oder rechtsextremen Parteien, die antraten. Als ärmere Haushalte gelten in der Studie Personen mit einem Einkommen, das unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt.

„Das ist statistisch und politisch bedeutsam“, meint Forscher Florian Dorn zu den zentralen Ergebnissen seiner Studie. Zwischen 1998 und 2017 sei der Anteil der ärmeren Haushalte in Deutschland um 1,9 Prozent gestiegen. So lasse sich ein Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahrzehnte – Finanzkrise, Kriege und Covid-19-Pandemie – und einem Aufstieg rechtsextremer und populistischer Parteien auch wissenschaftlich nachweisen.

Besonders bemerkbar mache sich der Trend laut Studie in strukturschwachen Regionen Deutschlands. Hier könne die AfD stärkere Zugewinne verbuchen als in anderen Regionen. Auch in Ostdeutschland sind die Effekte deutlich stärker ausgeprägt als im Westen. „Örtlich kann ein Nährboden für demokratiefeindliche und nationalistische Strömungen entstehen, je mehr Haushalte einer Region nicht mehr mit der nationalen Einkommensentwicklung Schritt halten und abgehängt werden“, ordnet Forscher Florian Neumeier die Ergebnisse der gemeinsamen Studie ein.

Populisten und Rechtsextreme bekämpfen

Verstärkt wird der Befund durch ein weiteres Ergebnis: Wenn sich der Abstand des durchschnittlichen Haushaltseinkommens in einer Region zur Armutsgrenze um ein Prozent erhöht, steigt der Stimmenanteil rechtsextremer Parteien bei Wahlen in der Region um 1,2 Prozent. Sprich, je höher die Kluft zwischen Arm und Reich insbesondere im Hinblick auf regionale Unterschiede, desto leichter haben es rechtsextreme Parteien und Populisten. Einen bedeutsamen Unterschied zwischen Stadt und Land konnten die Forschenden nicht feststellen.

Um den Aufstieg von Populisten und Rechtsextremen zu bekämpfen, muss die Demokratie widerstandsfähiger werden, heißt es in der Ifo-Studie. Zentral sei es, effektive struktur- und wirtschaftspolitische Maßnahmen für strukturschwache Regionen zu entwickeln. „Menschen, die von strukturellem und digitalem Wandel betroffen sind, brauchen glaubhafte Chancen und Zukunftsaussichten“, sagt Dorn. Um das Vertrauen in die Demokratie zu stärken, müssten Sozial- und Bildungssysteme gestärkt werden. Klare Forderungen stellen die Forschenden jedoch nicht auf.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.