Wahlkampf in Großbritannien: Durchmarsch für Boris Johnson
Die britischen Konservativen katapultieren den Brexiteer in die Stichwahl um Mays Nachfolge. Jetzt geht es nur noch um seinen Gegner.
Der Einzug in die Urwahl, bei der die 160.000 Parteimitglieder in einer Stichwahl zwischen den zwei von der Fraktion favorisierten Kandidaten entscheiden, ist ihm rechnerisch nicht mehr zu nehmen. Es können ihn jetzt keine zwei anderen mehr überholen, außer wenn er in den nächsten Runden wieder Unterstützer verlieren sollte.
Er dürfte eher noch Zulauf bekommen. Da die Basis in allen Umfragen mit hoher Mehrheit Boris Johnson bevorzugt, ist ihm der Einzug in 10 Downing Street jetzt so gut wie sicher. So etwas erzeugt erfahrungsgemäß eine Eigendynamik.
Johnson erhielt auf Anhieb mehr Stimmen als seine drei nächstplazierten Rivalen zusammen: Außenminister Jeremy Hunt mit 43 Stimmen, Umweltminister Michael Gove (37) und Ex-Brexitminister Dominic Raab (27). Es folgen Innenminister Sajid Javid (23), dann Gesundheitsminister Matt Hancock (20) und Entwicklungsminister Rory Stewart (19). Drei weitere Kandidaten erhielten jeweils weniger als 16 Stimmen und sind damit aus dem Rennen ausgeschieden.
Die Parteigeschäftsführung hatte die Hürden für den Einzug in die nächste Wahlrunde höher gelegt, um das mehrstufige Wahlprozedere zu beschleunigen. Nach der zweiten Runde bleiben nur noch solche Kandidaten im Rennen, die mehr als 32 Stimmen auf sich vereinen.
Jetzt geht es nur noch darum, wer gegen Johnson in die Urwahl einzieht. Dies dürfte spätestens in einer Woche feststehen. Erstmal aber rivalisieren in der zweiten Runde am kommenden Dienstag die vielen Vertreter des Pro-EU-Flügels und der noch verbleibenden May-Sympathisanten in der Partei miteinander.
Hunt und Gove sind die Favoriten, aber bislang wollen Javid, Hancock und Stewart alle weitermachen und jeder hält sich öffentlich für den besten Johnson-Gegner. Johnson wird derweil die anderen Brexiteers um sich scharen – an erster Stelle Dominic Raab vom rechten Parteiflügel.
Ein langer parteiinterner Wahlkampf könnte aber die ohnehin zerstrittenen Konservativen noch weiter spalten. So ist nicht auszuschließen, dass sie am Ende auf die Urwahl verzichten, da die demoralisierte Partei wenig Lust auf wochenlange Selbstzerfleischung hat und Johnsons Gegner voraussichtlich sowieso chancenlos wäre.
Eine neue Umfrage gibt Johnson an der Parteibasis 54 Prozent; zweitplaziert, aber mit bloß 14 Prozent, liegt Überraschungsaußenseiter Stewart, der Entwicklungsminister und Ex-Weltreisende mit Opiumerfahrung im Iran, den die eigene Partei nicht ernst nimmt und der jetzt mit einem schrägen Wahlkampf Punkte sammelt.
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