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Wahlergebnis in MoldauResilient gegen russische Propaganda

Kommentar von Barbara Oertel

Die Moldauer habe sich bei der Wahl am Sonntag für Europa entschieden. Dabei war befürchtet worden, dass sich prorussische Propaganda durchsetzt.

Die moldauische Präsidentin Maia Sandu nach den Parlamentswahlen am Montag, 29. September 2025, in Chisinau Foto: Vadim Ghirda/ap

M aia Sandu, Präsidentin der Republik Moldau, kann aufatmen: Allen Prognosen und vorab durchgespielten Gruselszenarien zum Trotz wird ihre Partei „Aktion und Solidarität“ (PAS) vier weitere Jahre regieren können, und das ohne Koalitionspartner. Dabei war die Parlamentswahl am vergangenen Sonntag – als fundamentale Richtungsentscheidung für das Land und als eine Art Referendum über die Politik Sandus und der PAS tituliert – für das proeuropäische Lager kein Selbstläufer.

Wie schon bei der Präsidentschaftswahl und der Volksabstimmung über eine EU-Mitgliedschaft Moldaus im Herbst 2024 holte Russland mit freundlicher Unterstützung der prorussischen Bündnisse in Moldau erneut das ganz große Besteck raus: Stimmenkauf, Wähler*innenbestechung, Desinformation vor allem auf Social-Media-Kanälen. Kein finanzieller Einsatz schien zu hoch. Selbst die Moldauisch-Orthodoxe Kirche unter der Ägide des Moskauer Patriarchen Kirill spannte der Kreml ein, um die Bevölkerung mit plumpester Propaganda zu fluten.

Doch eine Mehrheit der Mol­dau­er*in­nen zeigte sich resilient, sieht man von der autonomen Region Gagausien ab. Deren Ein­woh­ne­r*in­nen stehen stramm an der Seite Moskaus. Der Sieg der PAS ist nicht nur eine gute Nachricht für das Land selbst, sondern auch für Europa. Denn was passiert, wenn demokratiefeindliche Kräfte an die Macht kommen, zeigt sich in Georgien. Tbilissi, wie Moldau seit 2022 EU-Beitrittskandidat, hat den Weg in Richtung Westen längst verlassen. Auch in der Ukraine dürfte der Wahlausgang mit Erleichterung registriert worden sein. Angesichts von Russlands Angriffskrieg, dessen Ende nicht absehbar ist, kann Kyjiw einen weiteren feindlich gesinnten Nachbarn nicht gebrauchen.

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Das Wahlergebnis kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die moldauische Gesellschaft nach wie vor tief gespalten ist. Ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Diese Menschen zu adressieren muss für die PAS vordringliche Aufgabe sein – und das sofort und nicht erst, wenn es wieder an die Wahlurne geht.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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3 Kommentare

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  • Erst kommt das Fressen, dann die Moral.

    Wenn die Situation sich nicht bald mit Hilfe Europas bessert, wird jemand anders kommen und mit Geldscheinen wedeln.

  • Die pro EU Seite hat den Wettbewerb im Tricksen gegen Russland gewonnen. Wir können also weiter anstreben, ein Land in die EU aufzunehmen, in dem Demokratie nichts als ein Schlagwort ist. Das wird die EU weiter schwächen. Staaten, die es mit Demokratie nicht ganz so ernst meinen, haben wir schon zu viele.

    Soll das also wirklich ein Grund sein, sich zu freuen?

  • Das prorussische Patriotische Bündnis erhielt lediglich 24,3 Prozent.



    Sind deren Wähler die ewig Gestrigen, die der Sowjetzeit hinterher trauern. Solche soll es ja auch hier im Osten geben.