Wahlerfolg von Die Partei: So ernst, so politisch

Die Partei hat ihre Sitze im EU-Parlament verdoppelt. Zur Wahl hat sie ihren konsequent satirischen Weg aufgegeben. Hat das geholfen? Und ist das gut?

Nico Semsrott und Martin Sonneborn

Die Zwei von der Partei: Nico Semsrott (l.) und Martin Sonneborn Foto: dpa

Viel wurde vor der Bundestagswahl 2017 über die Satirepartei „Die Partei“ diskutiert: Darf man bei dieser Wahl, bei der die AfD vor ihrer Premiere im Bundestag steht, eine Spaßpartei wählen? Eine Partei, die Inhalte überwinden will – in Zeiten, in denen es doch gerade bessere Inhalte als die der Rechten braucht? Schwächt man so nicht ernsthafte, demokratische Parteien?

Der Partei war diese Diskussion damals herzlich egal. Jetzt, nach der Europawahl, wird sie sich noch weniger um sie scheren. Denn „Die Partei“ feiert einen großen Erfolg: 2,4 Prozent der Stimmen und einen Zugewinn von 1,8 Prozentpunkten im Vergleich zu 2014. Neben Ex-Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn erhält sie somit ein weiteres Mandat im EU-Parlament, das an den selbsternannten „Demotivationstrainer“ Nico Semsrott geht. Einen dritten Sitz verpasst „Die Partei“ nur knapp.

Besonders kurios: Bei den Erstwählern schafft sie es mit 9 Prozent auf den dritten Platz, nur knapp hinter der Union (11) und vor der SPD (7). In Berlin überholt sie mit 4,8 Prozent gar die FDP (4,7).

Woher kommt der Erfolg? Unter dem Motto „Für Europa reicht’s“ stellte „Die Partei“ in ihrem Wahlprogramm mal wieder Nonsens-Forderungen auf: eine deutsche Atombombe, Austrittsverhandlungen mit „Österreich-Ungarn“, das Verbot von Flugreisen und ein Höchstwahlalter. Anders als in früheren Wahlkämpfen hielt sie sich dieses Mal aber nicht konsequent an ihren Gründungsmythos des „Inhalte überwinden“.

So zeigte sie etwa in einem bedrückenden Wahlwerbespot einen ertrinkenden Jungen, um auf das Sterben im Mittelmeer aufmerksam zu machen. Das ZDF wollte den Spot zunächst nicht ausstrahlen. Das Video sei nicht als Wahlwerbung erkennbar und eher ein Unterstützungsaufruf für den Seenotrettungs-Verein Sea-Watch. Letztlich wurde eine Version mit „Die Partei“-Logo ausgestrahlt.

Die Partei hat ihre Balance gefunden

Ein weniger prominentes Beispiel ereignete sich im rheinland-pfälzischen Zweibrücken. Der dortige Ortsverband reagierte auf antisemitische Plakate der rechtsextremen Partei „Die Rechte“, auf denen stand: „Israel ist unser Unglück!“ Auf Facebook kritisierte die Ortsgruppe, dass die Stadtratsparteien nicht gegen die Plakate vorgingen. Sie selbst hängte eigene Plakate dazu, auf denen ein israelischer Panzer, eine Israelfahne und die Aufschrift „Israel zum Glück gut bewaffnet“ zu sehen sind.

Es gab während des Europawahlkampfs auch Kritik – queer.de warf der Partei zum Beispiel vor, „linke Homophobie und Demokratieverachtung“ zu schüren, weil Martin Sonneborn im Parlament nicht für eine Erklärung ­gegen die Konversionstherapie gestimmt hatte. Aber gerade in Person des zukünftigen Europa-Abgeordneten Semsrott gab sich „Die Partei“ auch ungewohnt explizit und politisch.

In Interviews kritisierte Semsrott den altbackenen Politikstil der Parteien in einer digitalisierten Öffentlichkeit. Immer wieder betonte er, dass er junge Wähler und Nichtwähler erreichen wolle, indem er Öffentlichkeit durch Satire schafft. Dabei sprach er Probleme der jungen Generation an, kritisierte den Umgang mit psychischen Krankheiten oder den gesellschaftlichen Leistungsdruck.

So ernst und so politisch – darf das Satire noch? Dass „Die Partei“ ihre konsequent satirische Haltung aufgegeben hat, kann man entweder als Scheitern an einer bitter-ernsten Realität werten. Oder als eine Art Gleichgewicht, das die Partei nach 15 Jahren Bestehen gefunden hat – zwischen satirischer Fundamentalkritik und durch die Realität notwendig gewordener ernsthafter Intervention. Bei dieser Europawahl dürften deshalb auch jene „Die Partei“ gewählt haben, für die ihre Formkritik bei früheren Wahlen zwar nachvollziehbar war, die Lage der Welt jedoch zu ernst gewesen ist.

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