piwik no script img

Wahl nach AltersgruppenDie Jugend ist links

Ältere Wäh­le­r:in­nen verschafften der Union den Wahlsieg. Die Erst­- und Jung­wäh­le­r:in­nen hingegen suchen nach einer linken Alternative.

Haben bei der Wahlparty der Partei Die Linke was zu jubeln Foto: Jens Gyarmaty

Berlin taz | Haben die Wäh­le­r:in­nen vor allem Stabilität gewählt? Für ältere Menschen mag das stimmen. Aber die Jugend sucht nach einer Alternative – und zwar links der Mitte. Zusammen kommen die Linke (25 Prozent), SPD (12 Prozent) und Grüne (10 Prozent) in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen auf ganze 47 Prozent der Stimmen. Zählt man kleinere Parteien wie die sozialliberale Europa-Partei Volt oder die Tierschutzpartei dazu, gibt es in der jungen Altersgruppe eine absolute linke Mehrheit. Bei Erst­wäh­le­r:in­nen führt die Linke sogar mit 27 Prozent.

Als Alice Weidel ihre Partei nach der Wahl im Hinblick auf die jungen Wäh­le­r:in­nen „die Partei der Zukunft“ nannte, träumte sie also. Die Idee der AfD, mit der Union auf Mehrheiten zu kommen, ist realitätsfern: Union und AfD kommen selbst gemeinsam gerade einmal auf ein Drittel der jungen Stimmen.

Selbst mit der FDP wäre ein rechtes Bündnis keine Option. Nahezu brutal sind die starken Verluste der FDP bei den Jüngeren: Bekamen die Liberalen 2021 noch 21 Prozent der jungen Stimmen, liegen sie diesmal bei rund 5 Prozent – ein Verlust von ganzen 16 Prozentpunkten. Zum Vergleich: Die große Wahlverliererin, die SPD, verliert bei den Jung­wäh­le­r:in­nen nur 3 Prozent.

Auch die Grünen verlieren bei den Jüngeren stark: Kam die Partei 2021 auf der Klima-Protestwelle noch zu 23 Prozent, waren es bei dieser Wahl nur noch 10. Insgesamt hielt sie ihre Kernwählerschaft trotzdem stabiler als alle anderen Parteien – nur ist diese zwischen 25 und 44 Jahre alt.

Altersgruppen ab 35 Jahren traditionell

Stimmen der Wäh­le­r:in­nen ab 35 Jahren gingen insgesamt deutlich öfter an die alten Volksparteien CDU und SPD. Die Mittelalten verschafften allerdings auch der AfD ihr starkes Ergebnis, besonders die 35- bis 44-Jährigen. Am stärksten ist die in Teilen rechtsextreme Partei in eben dieser Altersgruppe, hier kommt sie auf knapp ein Viertel der Stimmen. Ganz besonders im Osten und unter Ar­bei­te­r:in­nen erzielte die AfD ihre stärksten Ergebnisse.

Ganze 42 Prozent der 59,2 Millionen Wahlberechtigten sind über 60 Jahre alt. Bei ihnen gab es einen klaren Schwenk von der SPD (-11) zur Union (+5). Erweitert man die Altersgruppe der Älteren auf Menschen ab 45 Jahren, wird der Schwenk noch deutlicher: In der Altersgruppe der 45- bis 60-Jährigen gewann die Union 10 Prozentpunkte dazu. Ihr stärkstes Wahlergebnis holte sie allerdings bei den Ü70-Jährigen ein: 43 Prozent der Stimmen dieser Altersgruppe gingen an die Union.

Die Stimmanteile aller Altersgruppen lassen sich in einer interaktiven Grafik auf tagesschau.de erkunden.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Erstmal abwarten wie nachhaltig das ist. Zuletzt war ja auch mal die FDP der Renner bei Erstwählern und jetzt hat sie diese weitesgehend verloren.

    Davon abgesehen wird die Gesellschaft im Schnitt immer älter, eine Mehrheit links der Mitte ist daher ohne die ältere Generation nicht zu erreichen.

  • Es ist natürlich schön. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass 21% also nur 4% weniger afd gewählt haben. Und das nur in der Altersgruppe 18-24. Das die AfD insgesamt



    12% mehr bekommen hat darf man auch nicht vergessen.

    www.tagesschau.de/...mfrage-alter.shtml

    Natürlich braucht man auch mal Feelgood Nachrichten, allerdings ist dieses Wahlergebnis (auch wenn es hätte schlimmer kommen können) keine dieser Nachrichten

  • Ulf Schleth , Autor Moderator , Autor & Online-Entwickler

    testkommentar für kommune um die meldung von gerade zu checken. BITTE LÖSCHEN.

  • Meine Mutter 77 und ich (58) haben für die Enkel auch Links und Grün gewählt. Selbst dürfen sie ja noch nicht.

  • Ich würde eher konstatieren, dass die Jugend radikal wählt (wenn man die AfD und einiger der "kleinen" Parteien noch mit dazu nimmt). Ohne mittelalte und vor allem alte Wähler gäbe es in diesem Land nur noch eine sehr schmale politische Mitte, inclusive aller Folgen, die das hätte. Da kann man fast froh sein, dass die Alterpyramide auf dem Kopf steht.

  • Vieles an dem Ergebnis ist erschreckend.

    Doch nicht nur die hohe Wahlbeteiligung hat gezeigt: Die Demokratie ist immer noch dynamisch und lebendig.

    Es ist jetzt an Friedrich Merz zu beweisen, dass er wirklich ein würdiger christdemokratischer Kanzler sein kann.

    Das heißt übrigens nicht, den Neoliberalismus nach Thatcher und Reagan in Deutschland zu vollenden.

    Nur so als Hinweis.

    Es ist auch die besondere Verantwortung der Linken, ihren Idealismus und ihre Begeisterung nicht aufzugeben, aber gleichzeitig pragmatisch genug zu agieren und sich weiter um die konkreten Sorgen der Menschen zu kümmern.

    Dann kann sie einen starken Beitrag dazu leisten, diese Gesellschaft wieder in Balance zu bringen. Das ist ihre historische Aufgabe.

    Und es ist bitter notwendig.

  • Man kann also festhalten: unsere Jugend wählt stramm links und stramm rechts. Finden wir das jetzt gut?

  • Nunja die Linke 27% bei den Jungwählern, die AFD 25%, das sollte man mal nicht runter spielen, das sind schon viele Junge, die da auch rechts gewählt haben und das finde ich sehr bedenklich, bei aller Freude über den Erfolg der Linken

  • Außer den Boomern wählt ja wohl keiner mehr CDU oder SPD. Leider werden wir aber diese Generation nicht los in den nächsten Jahren.



    Hätten wir zudem mal besser nicht über 30 Jahre tatenlos bei der Abwanderung der Jugend aus dem Osten zugesehen, sähe dort das Wahlergebnis gestern auch anders aus.

  • "Zählt man kleinere Parteien wie die sozialliberale Europa-Partei Volt oder die Tierschutzpartei dazu, gibt es in der jungen Altersgruppe eine absolute linke Mehrheit."



    Deutschland am Tag 1 nachdem Union und AfD 15% Zuwachs verzeichnet haben und in der taz wird sich schöngerechnet das die Jugend links will...🙄🤦‍♂️



    Der wahnsinnige Erfolg Der Linken - und man kann es nicht kleiner beschreiben, es ist ein wahnsinniger Erfolg - muss sich erst noch bewähren, denn es ist eben KEIN gewachsener Kurs, das war eine Lawine der letzten Wochen, maßgeblich auch durch das fulminante Ergebnis aus Berlin ermöglicht.



    Dem Berlin, dass eigentlich grün dominiert, bei der letzten Wahl plötzlich schwarz - und jetzt nach Zweitstimmen klar in schwarz West und lila Ost getrennt ist.



    Wie nachhaltig dieser Trend bleibt 🤷‍♂️



    Es ist ein unglaublicher Achtungserfolg, vielleicht der Beginn einer neuen Ära - aber eine Jugend die links will daraus abzuleiten ist mal wieder der zehnte vor dem ersten Schritt...



    Schau mer mal was die Linke nun wirklich wuppt, schau mer mal wie sie sich verhält wenn sie im Bundestag vllt für die Reform der Schuldenbremse benötigt wird, schau mer mal ob das Feuer erhalten bleibt

  • Tierschutzpartei und VOLT jetzt zu den "linken Parteien" zählen? Ist der Anspruch mittlerweile so gering geworden?