Wahl in Madagaskar: Junger Exputschist wird Präsident
Andry Rajoelina gewinnt die Stichwahl. Präsident war er schon mal nach einem Putsch 2009. Sein Konkurrent erkennt den Wahlsieg nicht an.
Auf Madagaskar können solche Konfrontationen lang und blutig werden. Rajoelina weiß das, denn es ist nicht das erste Mal, dass er Ravalomanana abserviert. Der junge Shooting Star regierte schon einmal zwischen 2009 und 2014 – per Militärputsch kam Rajoelina 2009 an die Macht, nachdem er als damaliger Bürgermeister der Hauptstadt monatelange Proteste gegen den damaligen Staatschef Ravalomanana angeführt hatte und die Armee diesen schließlich stürzte. Keiner der beiden Streithähne durfte bei den nächsten Wahlen 2013 antreten. Es siegte Rajoelina-Schützling Hery Rajaonarimampianina. Jetzt geht die Macht wieder direkt an Rajoelina zurück.
Der Machtkampf zwischen Rajoelina und Ravalomanana ist auch einer zwischen zwei der reichsten Männer Madagaskars. Rajoelinas Programm konzentriert sich darauf, seinen bitterarmen Landsleuten seinen Reichtum als Reichtum des Landes vorzugaukeln. Im Wahlkampf versprach er, auf Madagaskar ein „Miami“ oder eine „Côte d’Azur“ zu bauen, und verglich sich mit Tony Blair.
Mit Gaukelei begann Rajoelina schon früh. Sein erstes Unternehmen gründete der Sohn einer Oberschichtfamilie nach eigenen Angaben im Alter von 19. Er war DJ, kam ins Radio, baute eine Werbedruckerei auf und erwarb einen TV-Sender – perfekte Sprungbretter, um die Werbetrommel für sich selbst zu rühren.
Er ließ sich TGV nennen, nach dem französischen Hochgeschwindigkeitszug, bastelte aus den Initialen die Bewegung Tanora Malagasy Vonona („Junge entschlossene Madegassen“), gewann 2008 die Bürgermeisterwahl in der damals bankrotten Hauptstadt – dann wurde er per Putsch-Präsident. Der Rest ist Geschichte.
Viel wichtiger für Madagaskars Zukunft als Rajoelinas Wahlversprechen ist die Frage, wer alles in den mittlerweile nicht mehr ganz jungen Senkrechtstarter Geld investiert hat. Gestohlene Gelder und Fluchtkapital aus Madagaskar, einem der ärmsten und zugleich rohstoffreichsten Länder Afrikas, gedeihen im nahen Mauritius ebenso wie im fernen Paris.
Im Fokus steht unter anderem Milliardär Mamy Ravatomanga, der mit eigentlich verbotenen Rosenholzexporten reich wurde und dessen Immobiliengeschäfte in Paris die französische Justiz interessieren. Rajoelina bezeichnete ihn in einem Interview vor den Wahlen als „engen Freund“ und führte aus: „Ich finanziere meinen Wahlkampf selbst, aber es gibt gutwillige Menschen, die mitmachen, die meine Reisen und meinen Wahlkampf zum großen Teil bezahlen.“ Nun muss er wohl seine politischen Schulden zurückzahlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht