Waffenverkäufe an Saudi-Arabien: US-Regierung umgeht Kongress

Das Weiße Haus rechtfertigt Waffenexporte an den Golf mit der Gefahr, die vom Iran ausgeht. So will es das Mitspracherecht des Parlaments aushebeln.

Mehrere Kriegsschiffe auf offener See

Das US-Militär schickt seine Schiffe demonstrativ übers Arabische Meer Foto: dpa/U.S. Navy/ap

WASHINGTON/DUBAI dpa/rtr | Die US-Regierung führt die Spannungen mit dem Iran als Begründung an, um am Kongress vorbei 22 Waffenlieferungen an Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Jordanien in Gang zu setzen. US-Außenminister Mike Pompeo teilte am Freitagabend (Ortszeit) im Washington mit, er greife mit Blick auf die Krise mit dem Iran zu einer Ausnahmeklausel, um diese Exporte im Umfang von rund acht Milliarden Dollar (rund 7,2 Mrd Euro) sofort zu ermöglichen.

Üblicherweise hat der Kongress Mitspracherecht bei Waffenexporten und kann diese auch blockieren. Insbesondere Waffenlieferungen an Saudi-Arabien sind im US-Kongress umstritten.

Pompeo beklagte, mehrere der geplanten Verkäufe seien dem Kongress bereits vor fast 18 Monaten vorgelegt worden, dieser habe jedoch nicht gehandelt. Angesichts der Krise mit dem Iran sei eine weitere Verzögerung in diesem Fall nicht hinnehmbar.

Die Waffenlieferungen seien nötig für die Abschreckung iranischer Aggression in der Region und für die Stabilität im Nahen Osten, erklärte Pompeo. Daher mache er von der Notfall-Regelung Gebrauch, die es der Regierung erlaubt, in Ausnahmefällen auch ohne Zustimmung des Kongresses Waffenlieferungen in Gang zu setzen, sofern nationale Sicherheitsinteressen der USA berührt sind. Dies ist nach Pompeos Argumentation hier der Fall.

Der Minister betonte, er sehe dies als einmaligen Schritt. Auch frühere Administrationen hätten die Regelung genutzt. Die Anordnung ändere aber nichts an dem grundsätzlichen Bekenntnis der Regierung zur Zusammenarbeit mit dem Kongress in diesen Fragen.

Demokraten kritisieren Vorgehen

Demokratische Kongressmitglieder kritisierten den Schritt. Der demokratische Senator Chris Murphy etwa sprach von einem Amtsmissbrauch durch die Regierung. US-Präsident Donald Trump nutze das Schlupfloch nur, weil er wisse, dass der Kongress dem Waffenverkauf auf normalem Weg nicht zustimmen würde.

Im Kongress gibt es große Unzufriedenheit über die Haltung der Regierung gegenüber Saudi-Arabien. Beide Kongresskammern – auch der von Trumps Republikanern dominierte Senat – hatten eine Resolution verabschiedet, mit der die Hilfe der USA für die von Saudi-Arabien geführte Militäroperation im Jemen beendet werden sollte. Trump hatte dagegen sein Veto eingelegt.

Im Jemen kämpfen Huthi-Rebellen seit mehr als vier Jahren gegen Anhänger der international anerkannten Regierung. Deren Truppen werden von der saudisch geführten Koalition mit Luftangriffen unterstützt. Das sunnitische Königshaus in Saudi-Arabien sieht in den Rebellen einen engen Verbündeten seines Erzfeindes, des schiitischen Irans. Saudi-Arabien wird vorgeworfen, bei den Militärangriffen nicht ausreichend Rücksicht auf den Schutz von Zivilisten zu nehmen.

Für Unmut – auch in den Reihen der Republikaner – hatte außerdem das Vorgehen der Trump-Administration im Fall das getöteten saudischen Journalisten und Regimekritikers Jamal Khashoggi gesorgt. Es gibt Hinweise, dass höchste Kreise Saudi-Arabiens um Kronprinz Mohammed bin Salman den Mord im saudischen Generalkonsulat in Istanbul im vergangenen Jahr veranlasst haben könnten oder zumindest davon wussten. Trump und seine Regierung hatten sich in der Debatte aber klar hinter die saudische Führung und den Thronfolger gestellt – was auf Kritik und Unverständnis stieß.

Dass die Regierung nun die Iran-Krise als Begründung heranzieht, um die Waffengeschäfte durchzusetzen, stößt zusätzlich für Unmut.

Die US-Regierung argumentiert, es gebe eine reale Bedrohung durch den Iran, und stockt die militärische Präsenz in der Region seit Wochen spürbar auf. Anfang Mai hatte Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton angekündigt, einen Flugzeugträgerverband und eine Bomberstaffel in den Nahen Osten zu schicken. Wenige Tage später verkündete das Pentagon, ein weiteres Kriegsschiff und ein Patriot-System würden in die Region verlegt, um auf Drohungen aus dem Iran reagieren zu können. Am Freitag folgte die Ankündigung, rund 1500 weitere Soldaten in den Nahen Osten zu entsenden – zum Schutz von bereits in der Region stationierten Truppen.

Iran droht mit Angriff auf US-Kriegsschiffe

Die Krise zwischen Washington und Teheran eskaliert seit Monaten – beide Seiten betonen allerdings, keinen Krieg zu wollen. Vor einem Jahr war Trump einseitig aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen, das die Europäer erhalten wollen. Durch den Ausstieg Trumps aus dem internationalen Abkommen traten US-Wirtschaftssanktionen wieder in Kraft, die den Iran massiv unter Druck setzen. Die USA werfen der Führung in Teheran vor, Konflikte in der Region anzuheizen und Terrorismus zu unterstützen.

Der Iran hat die Verlegung weiterer US-Truppen in die Golf-Region scharf kritisiert. Dieser Schritt sei „sehr gefährlich für den internationalen Frieden“, sagte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif Region laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna am Samstag.

Das iranische Militär warnte die USA angesichts der verschärften Spannungen vor unüberlegten Handlungen und drohte mit dem Angriff auf amerikanische Kriegsschiffe. Sollten die USA nur die geringste Dummheit begehen, werde der Iran die entsandten US-Schiffe samt ihrer Besatzung und ihren Flugzeugen versenken, sagte ein Vertreter der Militärführung.

US-Präsident Donald Trump hatte am Freitag die Entsendung weiterer 1500 Soldaten bekanntgegeben. Die USA haben bereits einen Flugzeugträger samt Begleitverband, Langstreckenbomber und Flugabwehrraketen in die Region verlegt.

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