Waffenstillstand im Südsudan: Ein erster Schritt zum Frieden
Nach fünf Monaten Bürgerkrieg unterzeichnen Präsident Kiir und Rebellenchef Machar eine erste Friedensvereinbarung. Doch es bleiben viele Stolpersteine.
BERLIN taz | Im Südsudan regt sich Hoffnung auf ein Ende des Bürgerkrieges, der seit Dezember 2013 weit über 10.000 Tote gefordert hat. Präsident Salva Kiir und der zum Rebellenführer mutierte ehemalige Vizepräsident Riek Machar unterzeichneten am späten Freitag in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ein Waffenstillstandsabkommen. Allerdings warfen sich Regierung und Rebellen am Sonntag gegenseitig wiederholte Verletzungen des Abkommens vor.
Es war das erste Mal seit Ausbruch der Gefechte zwischen Regierungstruppen und meuternden Machar-treuen Soldaten vor fünf Monaten, dass die beiden Hauptkontrahenten öffentlich aufeinander trafen. Dies gibt der neuen Vereinbarung mehr Gewicht als dem letzten Südsudan-Waffenstillstand vom 23. Januar, der nie eingehalten wurde.
Die „Vereinbarung zur Lösung der Krise“ vom 9. Mai bestätigt zunächst die Vereinbarung vom 23. Januar, wonach die Kämpfe im Südsudan vorläufig eingestellt werden und dies international überwacht wird. Bis zu einem „dauerhaften Waffenstillstand“ sollen die Konfliktparteien „ihre Streitkräfte entflechten und von jeder provokativen Handlung oder Kampfgewegung absehen“, heißt es.
Die Kontrahenten verpflichten sich zu einem Friedensprozeß
Dies trat 24 Stunden nach Unterzeichnung in Kraft, also am Samstag abend. Internationale Beobachter der ostafrikanischen Regionalorganisation IGAD sollen innerhalb einer Woche verifizieren, dass die entsprechenden Befehle bei den Einheiten im Feld angekommen sind, und nach einem Monat wird die Einhaltung des Abkommens und weitere Fortschritte überprüft.
So weit ist die neue Vereinbarung eine Bestätigung der alten. Aber Salva Kiir und Riek Machar verpflichten sich darüberhinaus zu einem politischen Friedensprozess. Wie es gleich im ersten Satz der Vereinbarung heißt, „erkennen sie an, dass es keine militärische Lösung der Krise im Südsudan gibt und dass nachhaltiger Frieden nur durch umfassenden politischen Dialog erreicht werden kann“. Sie „kommen überein, dass eine Übergangsregierung der Nationalen Einheit dem südsudanesischen Volk die beste Chance bietet, das Land nach vorn zu bringen“, heißt es weiter. Die Übergangsregierung solle eine Verfassungsreform und Neuwahlen einleiten. Ihre Zusammensetzung solle nicht nur zwischen den Konfliktparteien ausgehandelt werden, sondern unter Einschluss anderer ziviler Kräfte.
Nicht viele Optionen für eine neue Regierung
Wann und wie das geschehen soll, ist allerdings nicht geregelt und dürfte so schnell auch nicht geregelt werden. Es gibt nicht viele Optionen. Eine gemeinsame Regierung von Kiir und Machar ist zunächst einmal keine Lösung, denn die gab es bereits nach Südsudans Unabhängigkeit 2011 bis zu Machars Rauswurf als Vizepräsident durch Kiir im Juli 2013.
Eine Regierung, an der nur einer der beiden beteiligt ist und der andere nicht, wäre für den jeweils anderen inakzeptabel. Eine Regierung ohne Kiir und Machar scheint schwer vorstellbar und würde nichts an der Stellung der beiden Kriegsführer als „starke Männer“ ihrer jeweiligen Volksgruppen Dinka und Nuer, der beiden größten Ethnien Südsudans, ändern.
Präsenz ausländischer Soldaten noch ungelöst
Ein weiterer Stolperstein bleibt, wie schon im Januar, die Präsenz ausländischer Soldaten. Präsident Salva Kiir wird nicht mehr nur von Ugandas Armee unterstützt, sondern auch von Darfur-Rebellen aus Sudan. Welche fremden Kämpfer sich auf Rebellenseite befinden, ist unklar. Die ausländischen Kriegsteilnehmer sind in der Vereinbarung weder genannt noch sind sie daran gebunden.
Dennoch wurde die neue Vereinbarung international als erster Schritt begrüßt. Sollte die Feuerpause in den nächsten Tagen halten, wäre eine Stationierung internationaler Friedenstruppen, die Rückkehr von Vertriebenen und mehr humanitäre Hilfe für Südsudans Bevölkerung in den Kriegsgebieten möglich. Berichten aus Addis Abeba ist die Vereinbarung eine direkte Folge des Besuchs von US-Außenminister John Kerry in Äthiopien und danach in Südsudan vorletzte Woche. Kerry soll beiden Seiten mit harten Sanktionen gedroht haben, falls sie nicht einlenken. Da Südsudans Machthaber für ihr Überleben auf den Zugriff auf Südsudans Ölexporteinnahmen angewiesen sind, könnten Finanzsanktionen sie empfindlich treffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!