Waffenlieferant muss Reststrafe verbüßen: NSU-Helfer Wohlleben wieder in Haft
Der frühere NPD-Mann besorgte die NSU-Mordwaffe, nun muss er in der JVA Burg seine Reststrafe verbüßen. Dort saß auch der Halle-Attentäter ein.
Wohlleben, der einst für die NPD in Thüringen aktiv war und zuletzt in Sachsen-Anhalt lebte, hatte den Rechtsterroristen die Waffe für neun ihrer zehn Morde organisiert, die sie von 2000 bis 2006 begingen. Nach der Selbstenttarnung des NSU im November 2011 wurde er festgenommen und 2018 vom Oberlandesgericht München zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Nach dem Urteil wurde er vorerst wieder freigelassen, weil er bereits fast zwei Drittel seiner Strafe durch die U-Haft abgesessen hatte. Zuletzt hatte der Bundesgerichtshof aber entschieden, dass Wohlleben auch die Reststrafe von drei Jahren noch in Haft verbüßen muss. Ihm könne weiterhin „keine günstige Prognose für die Legalbewährung in Freiheit gestellt“ werden, entschied der Senat.
So habe sich Wohlleben bis heute „allenfalls oberflächlich“ mit seiner NSU-Terrorhilfe auseinandergesetzt. Auch bestehe seine „ausländerfeindlich-rassistische Gesinnung“ fort: Er halte eine „Vielzahl“ an Kontakten in die rechtsextreme Szene. In Haft habe er Briefe so beschriftet, dass sich Buchstaben zu Hakenkreuzen verbanden – und dies später als „Versuche der Kalligrafie“ abgetan. Noch 2020 habe er der später als Rechtsterroristin verurteilten Susanne G. 100 Euro geschickt. Es sei daher nicht auszuschließen, dass sich Wohlleben von anderen Rechtsextremisten erneut zu Gewalttaten verleiten lasse, erklärte der BGH.
Sicherheitsbehörden halten ihn weiter für gefährlich
Auch die Sicherheitsbehörden hatten Wohlleben bis zuletzt intensiv im Blick, nach taz-Informationen ist er als Gefährder eingestuft. Bis zuletzt hatte der Rechtsextremist sich nicht vom NSU-Terror distanziert, in der Neonazi-Szene genießt er Promi-Status. Nach seiner Haftentlassung war er im Umfeld des Anführers der rechtsextremen Artgemeinschaft, Jens Bauer, untergekommen. Öffentlich trat Wohlleben in der Szene zuletzt nicht mehr auf – hielt dorthin aber weiter engen Kontakt.
Wohlleben selbst hatte gehofft, seine Reststrafe auf Bewährung verbüßen zu können, und dies juristisch durchzusetzen versucht. Frühstens im März kann er nun einen erneuten Antrag auf Bewährung stellen. In der JVA Burg sitzt Wohlleben jetzt in einem der modernsten Hochsicherheitsgefängnisse Deutschlands.
Dort war bis Dezember auch der Halle-Attentäter Stephan B. inhaftiert, der 2020 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde. Nach einer Geiselnahme von zwei JVA-Bediensteten, für die er zuvor einen pistolenähnlichen Gegenstand gebastelt hatte, wurde er nach Bayern, in die JVA Augsburg-Gablingen, verlegt. Auch dort wurde der 30-Jährige zuletzt wieder auffällig, trat in einen Hungerstreik. Die JVA Augsburg-Gablingen ist Bayerns modernste JVA und auf die Aufnahme hochgefährlicher Straftäter spezialisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!