Wärmster Januar: Zerstörerische Ignoranz
Der Januar 2025 war der wärmste Monat, der zu Jahresbeginn je gemessen wurde. Doch statt die Politik danach auszurichten, wird die Krise ignoriert.

W er hätte das gedacht? Der Januar 2025 war der wärmste Monat, der je zum Anfang eines Jahres gemessen wurde. Verglichen mit der Zeit vor der menschgemachten Atmosphärenerwärmung ist die Temperatur um 1,75 Grad angestiegen – global im Durchschnitt, wie der EU-Klimadienst Copernicus ermittelte.
Nun: Jeder, der nachdenkt, den wird die Messung wenig überraschen. Die Gleichung lautet: Kein oder zu wenig Klimaschutz gleich steigende Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre gleich weiter ansteigende Temperatur. Nie ist die Kohlendioxidkonzentration so stark gestiegen wie 2024. Weshalb jene, die sich mit dem Thema befassen, auch nicht überrascht sind: 18 der vergangenen 19 Monate haben die Marke von 1,5-Grad mehr bereits überschritten, das Ziel des Paris-Protokolls entgleitet der Menschheit.
Deshalb ist es überraschend, dass Klimaschutz in diesem Wahlkampf überhaupt nicht vorkommt. 2021 hatte sich Olaf Scholz noch als „Klimakanzler“ plakatieren lassen, ein paar Jahrhunderthochwasser später sagt er in diesem Wahlkampf nichts dazu. Die Union will die Atomkraftwerke wieder anschmeißen, Windräder zurückbauen und das Heizungsgesetz kippen. Die FDP will „technologieoffen“ sein – und das von Brüssel beschlossene Verbrenner-Aus wieder kippen. Die Linke kämpft mit Brot-und-Butter-Themen um den Wiedereinzug, AfD und Sahra Wagenknechts Wahlverein ignorieren die Klimaerhitzung einfach.
Nicht einmal bei den Bündnisgrünen steht der Klimaschutz auf der Agenda oben. Thema immerhin ist das Klimageld: Alle Bürger sollen von jenen Einnahmen partizipieren, die der Staat durch steigende CO2-Preise einnimmt. Die Botschaft soll wohl heißen: Klimaschutz macht alle reich. An welcher Stelle die Grünen aber Treibhausgase reduzieren wollen, bleibt vage.
All das erinnert an die Taktik der drei japanischen Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Aber diese Taktik lässt Brände heftiger, Fluten zerstörerischer, Hitze unerträglicher machen und immer neue Temperaturrekorde hervorrufen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen