Vorwürfe von schwarzer KI-Forscherin: Proteste bei Google
Die bekannte KI-Forscherin Timnit Gebru verlässt Google im Streit. Grund ist eine Studie zu Sprachverarbeitung, die dem Konzern nicht passt.
Google liebt sein Image als uneigennütziger Tech-Konzern. Da passt es nicht gut ins Bild, wenn Tausende Mitarbeiter:innen protestieren und in einem offenen Brief Aufklärung fordern. Ihre Vorwürfe: Die Schwarze KI-Forscherin Timnit Gebru sei rassistisch diskriminiert und anschließend entlassen worden. Googles Leiter der KI-Abteilung Jeff Dean dementiert die Vorwürfe und sagt, Gebru habe gekündigt. Seit Anfang Dezember wird über diese Frage beim Tech-Konzern gestritten.
Eine unternehmenskritische Mail und eine nichtveröffentlichte Studie waren laut Gebru Auslöser des Konflikts. In der Mail beklagt Gebru die mangelnde Geschlechtervielfalt bei Google. Der Konflikt kochte schnell hoch, weil Gebru den Vorwurf auf Twitter postete. Als internationale Größe in der Forschung zu KI-Ethik arbeitet sie zu rassistischen und sexistischen Vorurteilen, die in vermeintlich neutralen Algorithmen schlummern.
Sie wies nach, dass KI-Gesichtserkennung Schwarze Frauen tendenziell schlechter erkennt. Die hohe Fehlerquote liegt auch darin begründet, dass nur wenige Schwarze Frauen bei der Entwicklung von Gesichtserkennungssoftware beteiligt sind. Nur verhältnismäßig wenige Schwarze Frauen arbeiten bei dem Tech-Konzern.
Aber auch die abgelehnte Studie ist für Google heikel, weil sie am Geschäftsmodell des Unternehmens sägt. Tech-Firmen, heißt es darin, könnten mehr tun, damit KI-Systeme Geschlechtervorurteile nicht weiter reproduzieren. Außerdem verbrauchten sie zur Spracherkennung viel Rechenleistung und würden damit die Umwelt belasten. Auch könnten derartige Systeme für Desinformation missbraucht werden. Google wies den Entwurf intern zurück, weil er angeblich nicht genügend aktuelle Studien berücksichtige. Wissenschaftler:innen sprechen hingegen von Zensur. In der Literaturliste sind indes mehr als 128 Verweise angeführt.
Schon im Jahr 2019 hatte Meredith Whittaker Google im Streit verlassen, auch sie arbeitete im Bereich der KI-Ethik. Der Eindruck bleibt, dass Google Mitarbeiter:innen, die das Geschäftsmodell gefährden und Kritik öffentlich äußern, loswerden will. Und dabei Kritik aus der Wissenschaft kleinredet, wenn sie nicht ins Bild passt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles