Vorurteile gegen Muslime: Volksverhetzung aus Versehen
In einer Filmrezension hetzt die „Bild“-Zeitung gegen Muslime. Nach Protesten macht sie einen Rückzieher, aber der Hass ist in der Welt.
B ei Netflix ist ein neuer Thriller zu sehen: „The Red Sea Diving Resort“. Der Film erzählt die Geschichte von Mossad-Agenten, die in einer Undercover-Mission versuchen, äthiopische Juden aus dem bürgerkriegsgeschüttelten Sudan nach Israel zu evakuieren. Der Film ist von der realen „Operation Brüder“ zu Beginn der 1980er Jahre inspiriert, erhebt aber nicht den Anspruch, eine historisch korrekte Darstellung der dramatischen Ereignisse zu sein.
Die Bild-Zeitung fand die Geschichte spannend und veröffentlichte eine Filmrezension. Zum geschichtlichen Background hieß es auf Bild.de: „Der Sudan ist ein überwiegend muslimisches Land. Muslime hassen Juden. Ein Menschenleben ist dort nichts wert. Ein jüdisches umso weniger.“
Es sind nur vier kurze Sätze, in denen sich doch so viel Falsches aneinanderreiht. Nein, Menschen muslimischen Glaubens hassen nicht automatisch Menschen jüdischen Glaubens. „Ein Menschenleben ist dort nichts wert. Ein jüdisches umso weniger.“ – Auch jüdische Leben sind Menschenleben. Und was ist bitte die Steigerung von nichts wert? Gar nichts wert?
Das unabhängige, journalistische Portal Bildblog reagierte und konfrontierte den Chefredakteur Julian Reichelt auf Twitter: „Sagen Sie, Julian Reichelt, ist das wirklich die Ansicht Ihrer Bild.de-Redaktion? Oder ist Ihnen einfach völlig egal, was so bei Ihnen auf der Seite steht?“ Eine Verlinkung im Post verwies auf den Artikel. Ebenfalls angehängt war dem Tweet ein Screenshot der betreffenden Zeilen. Bildblog hat die Stelle „Muslime hassen Juden“ gelb markiert.
Auf Twitter: Entsetzte Reaktionen über „Bild“-Text
Der Tweet zeigte Wirkung. Nur etwa eine halbe Stunde nach dem ersten Post reagiert die Bild.de-Redaktion und ändert den Text: „Im Sudan ist ein Menschenleben eher weniger wert. Ein jüdisches umso weniger.“ Bildblog war mit dieser Änderung zu Recht nicht zufrieden und kritisierte die Zeilen als ein „sprachlich wie logisch interessantes Konstrukt“.
Der Watchblog, der seit 2009 kritisch über die deutsche Medienlandschaft berichtet, vermerkt, dass Bild bei ihrer unglücklichen Korrektur leider den Hinweis auf ebendiese vergaß – sicherlich ganz unbeabsichtigt, wo die Zeitung doch sonst stets transparent mit den eigenen Fehlern umgeht. Auch hier zeigt sich, was öffentliche Aufmerksamkeit bewegen kann, denn nach einer halben Stunde fand sich unter dem Bild-Text eine Anmerkung der Redaktion: „ Eine frühere Version dieses Artikels enthielt die Formulierung: ‚Muslime hassen Juden.‘ Der Satz wurde ersatzlos entfernt.“ Derweil wurde der Post von Bildblog zum Originaltext in den sozialen Netzwerken fleißig geteilt und entsetzt kommentiert.
Am Abend des gleichen Tages verschwanden die vier Sätze ganz aus der Filmrezension. An ihrer Stelle las man jetzt einen aktualisierten, längeren Vermerk der Redaktion: „Eine frühere Version dieses Artikels enthielt die Formulierung: ‚Der Sudan ist ein überwiegend muslimisches Land. Muslime hassen Juden. Ein Menschenleben ist dort nichts wert. Ein jüdisches umso weniger.‘ Für diese falsche Pauschalisierung bitten wir um Entschuldigung. Der Absatz wurde ersatzlos entfernt.“
Die Redaktion zeigte Einsicht, wenn auch spät und erst nach wiederholter Aufforderung. Doch Volksverhetzung geschieht nicht aus Versehen. Bild lebt von großen Skandalen und der vermeintlichen Dehnbarkeit von Wahrheit. Doch wenn sie dabei nicht nur moralische und ethische Standards verletzt, sondern auch gegen Gesetze verstößt, dann sollte sie für den Verstoß juristisch belangt und vom deutschen Presserat offiziell gerügt werden.
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