Vorratsdaten und EU-Recht: Wer entscheidet?
Der Europäische Gerichtshof ist viel strenger als das Bundesverfassungsgericht. Er kritisiert die anlasslose Speicherung von Daten generell.
Bestes Beispiel ist die lange Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung. Schon seit 2006 wird diskutiert, ob Telefon- und Internetfirmen gezwungen werden können zu speichern, wer wann wie lange mit wem telefoniert, gesimst und gemailt hat. Die Daten sollen zur Verfügung stehen, falls die Polizei sie braucht.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2010 die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland beanstandet, allerdings nicht grundsätzlich. Die Karlsruher Richter forderten vor allem strengere Regeln für den Schutz und den Abruf der sechs Monate lang zwangsgespeicherten Daten.
Deutlich strenger ist der EuGH. Er kritisiert die anlasslose Speicherung von Daten der ganzen Bevölkerung generell. Zuerst beseitigte er 2014 die entsprechende EU-Richtlinie. Dann beanstandete er 2016 nationale Speichergesetze in Schweden und Großbritannien.
Die 2015 in Deutschland wieder eingeführte Vorratsdatenspeicherung wurde deshalb von der Bundesnetzagentur faktisch ausgesetzt, bevor es richtig losging. Die Bundesregierung hat die Hoffnung auf ein Inkrafttreten aber noch nicht aufgegeben.
Doch welches Gericht wird entscheiden? In Karlsruhe liegen zahlreiche Verfassungsbeschwerden und in Luxemburg liegt eine deutsche Richtervorlage. Auch nach dem nun propagierten neuen Modell der Zusammenarbeit liegt es nahe, dass das Bundesverfassungsgericht den Fall dem EuGH zur Entscheidung vorlegt. Dabei kann Karlsruhe durchaus seine polizeifreundlichere Meinung begründen. Das letzte Wort hätte aber der Europäische Gerichtshof.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen