Vorkaufsrecht in Neukölln: Selbstverwaltet statt Ausverkauf
Neukölln zieht für den Gebäudekomplex in der Hermannstraße 48 die Vorkaufsrecht-Karte. 125 Mieter*innen sollen selbst zum Zuge kommen.
„Wir haben das sorgfältig geprüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind und die Mieter*innen wirtschaftlich in der Lage und dauerhaft dafür geeignet sind, das Haus im Sinne des Milieuschutzes zu betreiben“, so Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) gegenüber der taz. Ganz in trockenen Tüchern sei der Kauf für die Hausgemeinschaft jedoch noch nicht. Denn am letzten Tag der Frist habe der private Käufer des Hauses noch eine einseitige Abwendungsvereinbarung vorgelegt, die aber nicht jenen durch den Bezirk gesetzten Bedingungen für den Erhalt des Milieuschutzes entspricht. Diese werde jetzt „sorgfältig geprüft“, so Biedermann.
Sollte der Bezirk trotz dieses Versuches, das Vorkaufsrecht abzuwehren, an der Ausübung festhalten – wie in einem ähnlich gelagerten Fall in der Sanderstraße 11 vor drei Jahren –, stünden dem verhinderten Käufer aber auch noch ein Widerspruch und der Rechtsweg offen. Biedermann gibt sich aber optimistisch: „Ich bin froh, dass wir so weit gekommen sind.“ Den Verkauf des Hauses, das zuvor einer Privateigentümerin gehörte, und den drohenden Verlust des unkommerziellen Raumes H48 hatte Biedermann als „Drama“ bezeichnet.
Hinter den Bewohner*innen liegen aufreibende Wochen, wie die Vorsitzende des bereits zuvor bestehenden Hausvereins Hermannshöfe e. V., Anne-Kathrin Krug, berichtet. 15 bis 20 Personen hätten in verschiedenen AGs und „hochspezialisert nahezu rund um die Uhr gearbeitet“.
„Sternstunde der Selbstbestimmung“
Um den Kaufpreis in Höhe der 28-fachen Jahresnettokaltmiete zu stemmen, mussten Bankkredite besorgt und Eigenkapitalnachweise erbracht werden. Hilfe kam dabei vom Freiburger Mietshäusersyndikat, dem bereits 160 Projekte in ganz Deutschland angehören. Die Hermannstraße 48 ist eines der teuersten Projekte des Vereins, der darüber wacht, dass ein späterer Weiterverkauf ausgeschlossen bleibt.
Hätte all das nicht geklappt, wäre nach taz-Informationen auch eine städtische Wohnungsbaugesellschaft bereit gewesen, in den Kauf einzuspringen. Doch die Bewohner*innen haben sich auf einer Hausversammlung für die Selbstverwaltung entscheiden. „Wir fanden es total gut, selbst entscheiden zu können“, so Krug und sprach von einer „Sternstunde der Selbstbestimmung im Häuserkampf“. Ob sie auch gekrönt wird, liegt nun aber nicht mehr an ihnen.
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