piwik no script img

Vorfreude auf die Frauen-WMEndlich wieder Fußball!

Unsere Autorin ist eigentlich kein Fußballfan. Doch auf ein queeres und feministisches Team hat sie richtig Bock.

Verändert den Fußball: Alexandra Popp, Kapitänin der Deutschen Foto: Memmler/Eibner/Imago

Ich hab so Bock auf Fußball! Nach den Coronajahren endlich mal wieder beim Public Viewing dicht gedrängt im Bierzelt sitzen, mir für jedes Tor feierlich einen Jägermeister-Shot reinflöten und neunzig kostbare Minuten lang meine Gefühle mit halb Deutschland synchronisieren.

Dabei bin ich wirklich kein Fußballfan. Ich weiß nicht viel darüber. Ich kann normalerweise nur gut dabei einschlafen. Nichtsdestotrotz mochte ich dieses Gefühl von Aufregung, das sich früher zu Männer-WM- und -EM-Zeiten kollektiv eingestellt hat.

Doch in den letzten Jahren hat die Spannung nachgelassen. Die Männer-Mannschaft ist bei der WM 2018 in der Vorrunde rausgeflogen, seitdem sind sie auf dem absteigenden Ast. Im Moment verhauen sie ein Testspiel nach dem anderen. Auf die Männer-WM in Katar wollte man sich aus Menschenrechtsgründen nicht freuen. Außerdem wurde Manuel Neuer noch seine Regenbogen-Binde abgenommen. Und dann sind sie auch noch früh rausgeflogen. Die Einschaltquoten in Deutschland schrumpelten in sich zusammen, das mag sich wirklich keiner mehr anschauen.

Das Finale der Frauen-EM gegen England letztes Jahr ging dagegen einschaltquotenmäßig durch die Decke. Es bringt auch einfach mehr Spaß, die Frauen anzufeuern, denn das Team hat nicht nur fußballerisch was drauf, sondern ist auch queer und feministisch. Da hat man gleich mehrere Gründe, begeistert loszubrüllen.

Der perfekte Moment, um Fan zu werden

Es wird also Zeit für einen Machtwechsel im Fußball. Dieses Jahr werden wieder alle Spiele der Frauen-WM im Öffentlich-Rechtlichen übertragen. Zwar nicht gerade in der Primetime, die Austragungsorte sind Aus­tralien und Neuseeland und die Spielzeiten vormittags. Aber ich habe mir vorgenommen, möglichst viele Spiele in der Mediathek nachzuschauen. Jetzt ist der perfekte Moment, um Fußballfan zu werden.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Denn wir sind noch lange nicht am Ziel. Es braucht nicht nur mehr Fans, sondern auch mehr Frauen in den Chefetagen der Fifa und des DFB – und eine faire Bezahlung für die Spieler:innen. Aktuell liegen im Preisgeld-Topf 110 Millionen Dollar. Das ist nur ein Viertel von dem, was die Männer 2022 bekamen. Am allermeisten braucht es aber den kapitalistischen Fußball-Hype. Nicht, weil ich Kommerz so geil finde, sondern wegen der Sichtbarkeit. Die Marketingabteilungen von Großunternehmen müssen ihrer Verantwortung nachkommen.

Ich will diesen Sommer von Fanartikeln geradezu erschlagen werden, an jeder Kasse Panini-Bilder kaufen können, auf sämtlichen Chipstüten sollen die Köpfe der Frauen-Nationalelf prangern, in jedem Fernsehwerbespot ein Ball ins Tor fliegen. Sogar Deutschlandfähnchen an Autofenstern würde ich in Kauf nehmen. Endlich kann man sich wieder auf Fußball freuen, und dann jetzt bitte auch so richtig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • "Sogar Deutschlandfähnchen an Autofenstern würde ich in Kauf nehmen. Endlich kann man sich wieder auf Fußball freuen, und dann jetzt bitte auch so richtig".

    Wie bitte? Bei den Männern wäre dies übler deutscher Nationalismus, und jetzt soll dies in Ordnung sein?

  • Wer sich Fußballspiele (egal ob Frauen- oder Männerfußball) in der Mediathek anschaut, ist Konsument, aber kein Fußballfan.

  • "Die Marketingabteilungen von Großunternehmen müssen ihrer Verantwortung nachkommen."

    ---------



    Am Frauenfussball lässt sich kein Geld verdienen. Die grosse Merchandise-Maschine bleibt dementsprechend aus.

  • Danke, habe sehr gelacht über: "Die Marketingabteilungen von Großunternehmen müssen ihrer Verantwortung nachkommen.".

  • Heute las ich in der taz:



    "Aggrofrauen: Nach 20 Minuten brach Irland das Fußballtestspiel gegen Kolumbien ab. Grund: Die Irinnen hatten Angst um ihre körperliche Unversehrtheit. Kolumbien ist am 30. Juli in Sydney Gruppengegner der DFB-Elf. Besser die Bälle nicht lange halten, erkärt Svenja Huth, „so entgehen wir oft unnötigen Zweikämpfen".



    Also, ich weiß nicht recht, wie ich das einordnen soll.

    • @Martin Rees:

      Habe mir die drei Testspiele der Chinesinnen angeschaut. Die waren jetzt nicht so rücksichtslos aggressiv, haben aber auch nichts anbrennen lassen und sich nach jedem Foul unbeteiligt zurückgezogen, anstatt sich zu entschuldigen. Unsportlich und nicht sehr sympathisch.



      Auch da habe ich mich schon gefragt, wie das wird, wenn es um wirklich was geht.



      Da liegt dann wohl alle Hoffnung auf den Schiedsrichterinnen.

  • "Aber ich habe mir vorgenommen, möglichst viele Spiele in der Mediathek nachzuschauen. Jetzt ist der perfekte Moment, um Fußballfan zu werden."

    Leidenschaft für den Sport, Teamspirit, Stadionerlebnis, Auswärtsfahrten, Feundschaften, Emotionen in Sieg oder Niederlage. Irrational aber mit Hingabe. Vom Bolzplatz in die Kurve in die Szenekneipe. Eine Konstante, die dich für ein paar Stunden jede Woche aus dem grauen Alltag, der kaputten Welt und den alltäglichen Sorgen herausreißt. Das ist es, was einen zum FAN macht.

    "Mediathek schauen, von Fanartikeln geradezu erschlagen werden, an jeder Kasse Panini-Bilder kaufen können, auf sämtlichen Chipstüten sollen die Köpfe der Frauen-Nationalelf prangern, in jedem Fernsehwerbespot ein Ball ins Tor fliegen. Sogar Deutschlandfähnchen an Autofenstern.." Das ist etwas für flüchtige KONSUMENTEN.

    Und deshalb ist vom sogenannten "Sommermärchn 2006" auch nix mehr übrig. Aufgeblasene Marketingevents mögen die Sichtbarkeit für ein paar Wochen erhöhen, im Erfolfsfall vielleicht ein paar Kids in die Vereine treiben. Aber nachhaltig ist daran überhaupt nichts.

    • @Deep South:

      Was soll das Gatekeeping? Es ist doch klar, dass die meisten Menschen sich nur die größten Events anschauen und auch in Ordnung.

      Handball WM



      Eishockey WM



      Basketball WM

      Die wenigsten sind bei allen Saisonspielen dabei. Die Playoffs beim Basketball sind auch immer besser besucht, als die regulären Spiele.

      Natürlich ist vieles daran Kommerz, aber ich denke es ist wichtiger, gemeinsam Freude zu erleben, statt Fans in "gut" und "schlecht" aufzuteilen.

    • @Deep South:

      Naja, so ein Sommermärchen heißt eben so, weil es nur einen Sommer lang dauert.