Vor dem Christchurch-Anschlag: Identitärer erhielt wohl Spenden
Der Christchurch-Attentäter spendete offenbar an die Identitäre Bewegung. Geld ging wohl auch an Martin Sellner, deren österreichischen Anführer.
BERLIN taz | Brenton Tarrant, der Attentäter auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch, unterstützte offenbar mit einer Spende die Identitäre Bewegung. Martin Sellner, Chef der rechtsextremen Gruppierung in Österreich, erklärte in einem Video, seine Wiener Wohnung sei am Montagabend von Polizisten durchsucht worden – weil er eine Spende von dem Attentäter erhalten habe. Erst am Sonntag sei ihm aufgefallen, dass er Anfang 2018 eine „unverhältnismäßig hohe Spende“ von einer Person mit dem Nachnamen Tarrant bekommen habe, behauptet Sellner. Er habe darauf mit seinem Anwalt besprechen wollen, wie damit umzugehen sei – dann aber sei ihm die Polizei mit ihrer Durchsuchung zuvorgekommen.
Österreichs Innenministerium bestätigte der taz am Dienstag die Hausdurchsuchung bei Sellner. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sei beteiligt gewesen. Die Spende über rund 1.500 Euro sei wegen ihrer Höhe aufgefallen. Weitere Auskünfte wollten die Behörden „aus kriminaltaktischen Gründen“ nicht geben.
Laut Sellner wird gegen ihn wegen „Gründung oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ ermittelt. Die Beamten hätten Computer, Handy und Fotokameras beschlagnahmt. Sellner räumt ein, dass er sich damals bei dem Spender bedankt habe – wie er es bei jedem Spender tue. Mit dem Anschlag und dem Attentäter habe er aber nichts zu tun, beteuert der Rechtsextreme. Dessen Spende sei ein Versuch, ihn „mitreinzuziehen“. Er werde das Geld an eine karitative Einrichtung spenden.
Das Innenministerium hat inzwischen bestätigt, dass der Attentäter Ende letzten Jahres in Österreich war. Er sei am 26. November 2018 in Wien angekommen, soll aber auch in Kärnten, Salzburg und Innsbruck gewesen sein. Sein Facebook-Account zeigte touristische Motive aus diesen Städten. Unter anderem soll er Wiens Heeresgeschichtliches Museum besucht haben. Die Verteidiger Wiens bei der Türkenbelagerung 1683 zählen zu seinen Helden.
Über Kontakte zu rechtsextremen Kreisen in Österreich gibt es bisher keine Informationen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) forderte, „jede Verbindung zwischen dem Attentäter von Christchurch zu Mitgliedern der Identitären in Österreich muss restlos und schonungslos aufgeklärt werden“.
Der Attentäter hatte am 15. März 50 Muslime in zwei Moscheen erschossen. In einem Pamphlet nannte er sich „Öko-Faschist“ und geißelte eine muslimische „Invasion“ in westliche Staaten. Seinen Text überschrieb er mit „Der Große Austausch“. Das ist das Leit- und Angstmotiv der Identitären. Gemeint ist eine angeblich gezielte massenhafte Einwanderung von Muslimen in „weiße“ Nationen, um deren einheimische Bevölkerungen zu marginalisieren. Sellner verteidigte seine Ideologie und kündigte an, sich weiter politisch mit den Identitären zu betätigen – mit „friedlichem Widerstand“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus