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Vor Konferenz zur atomaren AbrüstungLeere Versprechen

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Die Erklärung der fünf offziellen Atomwaffenstaaten, eine Welt ohne Atomwaffen zu erreichen, ist irreführend. Das Gegenteil passiert.

Sitzstreik gegen nukleare Waffen: 35 Jahre später noch immer Thema Foto: imago-images

Wir wollen mit allen Staaten zusammenarbeiten, um das endgültige Ziel einer Welt ohne Atomwaffen zu erreichen und bekennen uns zu unserer Verpflichtung aus dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NPT), Verhandlungen über ein Ende des atomaren Rüstungswettlaufs und ein Abkommen zur vollständigen Abrüstung zu führen.“

Das behaupten die fünf offiziellen Atomwaffenstaaten und ständigen Vetomächte des UNO-Sicherheitsrates, USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien (P5) in einer gemeinsamen Erklärung, die am Montag, dem Vorabend der 10. NPT-Überprüfungskonferenz, in New York veröffentlicht wurde. Die zitierte Behauptung ist ebenso irreführend und unwahr, wie das Bekenntniss der fünf Atomwaffenmächte zur „Stärkung von Stabilität und Vorhersehbarkeit“.

Die an sich völlig richtige Feststellung, dass „ein Nuklearkrieg nicht gewinnbar ist und niemals geführt werden darf“, erinnert an Walter Ulbrichts absurdes Versprechen: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Denn tatsächlich verweigern und boykottieren die P5 bislang jegliche multilaterale Verhandlung zu atomarer Abrüstung.

Stattdessen betreiben sie mit großem Aufwand und gigantischen Geldsummen die von allen Seiten stets als „Modernisierung“ verharmloste Aufrüstung ihrer atomaren Arsenale. Dabei werden immer mehr Waffensysteme entwickelt, die zerstörungsstärker, zielgenauer, schneller und flexibler einsetzbar sind als ihre Vorgänger und damit gefährlicher und unberechenbarer für den Gegner.

Das gilt für die geplanten Nachfolgesysteme der US-Atombomben in der Eifel, für deren Einsatz auch die Ampelkoalition neue Kampfflugzeuge anschaffen will, ebenso wie die von Russland entwickelte Hyperschallrakete „Zirkion“, die mit einer Geschwindigkeit von 10.000 Stundenkilometern dem anvisierten Gegner jede Vorwarnzeit und Abwehrchance nimmt.

Derartige Waffen senken die Schwelle zum Einsatz und bewirken das Gegenteil der von den P5 angeblich angestrebten „Stabilität und Vorhersehbarkeit“. Noch führen die USA und Russland den atomaren Aufrüstungswettlauf an. Doch China zieht inzwischen gewaltig nach. Die Erklärung der P5 dürfte kaum ausreichen, den wachsenden Unmut der 186 Vertragsstaaten des NPT, die auf atomare Waffen verzichtet haben, zu beruhigen.

Daher wäre ein erneutes Scheitern der New Yorker Überprüfungskonferenz wie schon 2015 keine Überraschung. Zumal auch der Beschluss zur Durchführung einer UNO-Konferenz über eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten, mit dem die NPT-Konferenz 2010 gerettet werde konnte, wegen des Widerstandes Israels und der USA bis heute nicht umgesetzt wurde.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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3 Kommentare

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  • Wer länger taz liest oder mal im Archiv blättert, der oder die kennt die alte Leier schon: Bekundungen, Absichtserklärungen, Irreführungen.



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    taz.de/!1700522/



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    www.deutschlandfun...ruestung-100.html/



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    taz.de/!1874236/



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    taz.de/Die-Ampel-u...Teilhabe/!5819189/



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    Ein Circulus vitiosus mit unheimlichem Dejá-vù-Potenzial.



    Omma hätte gesagt, wegen der Realitäten: "Dass die sich nicht schämen!"



    Die Kategorien für die Selbsteinschätzung in der Politik und mit Bezug zum militärisch-industriellen bzw. militärisch-informationellen Komplex sind aber weniger moralisch oder ethisch bzw. religiös als die von Omma anno tuck. Die hätte Papst Franziskus in den Fragen von Frieden und Sicherheit mehr Vertrauen geschenkt als den Führern der Atommächte mit ständigem Sitz im Sicherheitsrat, aus Prinzip und tiefer Überzeugung, dass es andere Wege gibt als ein Gleichgewicht des Schreckens mit Overkill im Anthropozän, das ein thermonukleares Zeitalter mit permanent latenter Gefahr einer ultimativen, terminalen Disruption wurde.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Iran verhandelt ein Abkommen mit den USA nicht nach Atomwaffen zu streben und die USA brechen es, Ukraine verhandelt mit Russland ein Abkommen seine Atomwaffen abzugeben und Russland bricht es. China besetzt und baut Inseln um seinen Nachbarn Marinegebiete abzuknöpfen etc. etc.



    Warum sollten Regionalmächte und solche in Nachbarschaft zu Großmächten nicht nach Atomwaffen streben? Wer garantiert die Unabhängigkeit der Ukraine? Der Westen nicht. Daher ist das nur konsequent. Bis 2040 werden Balten, Polen, Ukrainer in Europa, Türken, Saudis, Iraner und Ägypter im Nahen Osten und Japaner und Taiwanesen in Asien zu den Atommächten da-zustoßen. Warum? Weil sie nur so ihre Sicherheit gegenüber den Großmächten sicherstellen können. Die Großmächte werden gleich dreimal nicht abrüsten wollen ja schließlich ihren Vorsprung vor den kleineren bewahren. Dazu kommt das China aufrüstet und Russen und Amerikaner das als Bedrohung sehen.

    Anstatt sich mit hoffnungslosen Abrüstungsabkommen zu beschäftigen sollte Deutschland auf nuklear Teilhabe via EU an Frankreichs Arsenal drängen. Besser Mitglied im Club als im Regen stehen.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Und wenn dann mal einer dieser Staaten kollabiert, es zu einem Putsch oder Bürgerkrieg kommt werden sich auch Al-Quaida, IS, etc. nach Herzenslust am nuklearen Arsenal bedienen. Schließlich gilt: Besser Mitglied im Club als im Regen stehen.