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Vor Autogipfel in BerlinMehr Geld für Autofirmen?

Die SPD will corona-gebeutelte Zulieferer mit einem Mittelstandsfonds unterstützen. Auch Grünen-Chefin Baerbock spricht sich dafür aus.

Die Autoindustrie ist von den Folgen der Corona-Pandemie stark betroffen Foto: Jan Woitas/dpa

Berlin afp | Vor dem Autogipfel am Dienstag in Berlin werden Forderungen nach einem Staatseinstieg bei in Not geratenen Firmen aus der Branche laut. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans, Grünen-Chefin Annalena Baerbock und IG Metall-Chef Jörg Hofmann sprachen sich für einen solchen Mittelstandsfonds aus. Die FDP-Bundestagsfraktion warnte hingegen vor „Corona-Sozialismus“.

Die Autobranche sei „das Rückgrat unserer Industrie“, sagte Walter-Borjans dem Nachrichtenportal „T-online“. Der Blick müsse dabei besonders auf die Autozulieferer gerichtet werden. Für sie trügen zwar „vor allem die Autohersteller Verantwortung“, sagte der SPD-Chef. „Die Politik kann aber mit Beteiligungsmodellen einen wichtigen Beitrag leisten, die mittelständische Struktur und die Innovationskraft samt der Standorte zu sichern.“

Die SPD-Bundestagsfraktion hatte am Freitag auf ihrer Klausurtagung ein Papier beschlossen, das zu diesem Zweck einen „teilstaatlichen Beteiligungsfonds“ für bestimmte Zulieferer vorsieht. Mit einem solchen Fonds sollen demnach durch die Corona-Krise in Schwierigkeiten geratene Zulieferer bei der Umstellung auf neue Technologien unterstützt, aber auch „durch staatliche Beteiligung vor unerwünschten Übernahmen insbesondere von Investoren außerhalb der EU“ geschützt werden.

Baerbock und Hofmann forderten in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dass die Politik über einen staatlichen Fonds als Eigentümer von Krisenfirmen einspringen müsse. „Wir müssen Mittelständlern und Zulieferern Zeit verschaffen“, sagte Baerbock. Hofmann verwies darauf, dass kleinen und mittleren Unternehmen „die Kraft zu Investitionen und Innovationen“ verschafft werden könne, „wenn der Staat einen Teil des Risikos übernimmt“.

FDP fürchtet „Corona-Sozialismus“

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer kritisierte hingegen, SPD, Grüne und IG Metall würden den mittelständischen Autozulieferern und der Autoindustrie mit „Corona-Sozialismus“ und Verstaatlichungen einen „Bärendienst“ erweisen. „Deutschland ist mit der sozialen Marktwirtschaft und Technologieoffenheit sehr gut gefahren“, erklärte er. „Made in Germany und deutsche Autos sind so zum Exportschlager geworden.“

Hintergrund der Debatte ist, dass derzeit viele Zulieferer unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden und zusätzlich vom Strukturwandel in der Branche hin zu mehr Elektromobilität betroffen sind. Am Dienstagabend findet ein Autogipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) per Videokonferenz statt. Teilnehmer des Spitzengesprächs der sogenannten Konzertierten Aktion Mobilität sind neben Regierungsvertretern und Ministerpräsidenten der Autoländer Vertreter der Autoindustrie sowie Arbeitnehmervertreter.

Nach Angaben der Präsidentin des Verbands der deutschen Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, soll es bei dem Gespräch neben aktuellen Herausforderungen „im Schwerpunkt um Technologie- und Zukunftsthemen“ gehen, wie sie der „Wirtschaftswoche“ sagte. Dazu gehörten die Felder Digitalisierung und Automatisierung im Verkehr sowie Daten im Mobilitätssektor.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte am Freitag betont, dass es auch um die Sicherung von Arbeitsplätzen in der Branche gehe. Die Politik müsse den Strukturwandel in der Automobilindustrie, der auch ganze Branchen in der Zulieferindustrie umfasse, „so begleiten, dass Arbeitskräfte nicht verloren gehen“.

Ford will Kaufprämie für saubere Verbrennungsmotoren

Der Chef des Kölner Autobauers Ford, Gunnar Herrmann, sprach sich unterdessen erneut für eine Kaufprämie für saubere Verbrennungsmotoren aus. „Die Planung der Fahrzeugproduktion wird derzeit massiv erschwert durch die einseitige Förderung allein von Elektromobilität, der die Kunden aufgrund der mangelhaften Ladeinfrastruktur noch skeptisch gegenüberstehen“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Samstag.

Nachdem die Bundesregierung sich eher für ein Zukunftspaket als für ein Konjunkturpaket entschieden habe, sehe er aber „derzeit keine Realisierbarkeit einer generellen Kaufprämie“.

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10 Kommentare

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  • „Deutschland ist mit der sozialen Marktwirtschaft und Technologieoffenheit sehr gut gefahren“, „Made in Germany und deutsche Autos sind so zum Exportschlager geworden.“

    typische f"d"p-argumentation.



    der von einem ns-profiteur und funktionär gerprägte prokapitalistische propaganda-begriff der "sozialen marktwirtschaft" wird völlig krititklos verwendet







    "in den Kriegsjahren war Erhard als wirtschaftspolitischer Berater zur Integration der annektierten Gebiete Österreich, Polen und Lothringen tätig. Von 1942 bis 1945 leitete er das von ihm gegründete Institut für Industrieforschung, das von der Reichsgruppe Industrie finanziert wurde. Ab Ende 1942 beschäftigte sich Erhard hier mit der ökonomischen Nachkriegsplanung. 1944 verfasste er im Auftrag der Reichsgruppe Industrie für das Institut seine Denkschrift „Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung“, in der er Überlegungen zum Neuaufbau der Wirtschaft nach dem Krieg anstellte und u. a. einen Währungsschnitt empfahl. Die Endfassung der Denkschrift übergab er an SS-Gruppenführer Otto Ohlendorf, der im Wirtschaftsministerium unter dem Schutz Himmlers seit Ende 1943 die Planungen für die Wirtschaft nach dem Krieg leitete"

    de.wikipedia.org/w...ard#In_der_NS-Zeit

    makronom.de/sozial...ard-ein-nazi-34295

    taz.de/70-Jahre-so...rtschaft/!5591244/

    die deutsche automobilindustrie ist mit dem führer sehr gut gefahren.sie gehörte zu den hauptgewinnern und förderern des deutschen faschismus

    heute trägt sie durch die belieferung des weltmarktes mit autos weltweit zur destabilisierung des klimas,zur umweltverschmutzung und zur ressourcenverschwendung bei

    wie opportunistisch die grüne partei ist und wie wenig man von ihr einen konsequenten klimaschutz erwarten kann zeigt sich daran dass deren vorsitzende die deutsche automobilindustrie retten will

  • Die Industrie retten, weil sich die Leute das Produkt nicht mehr leisten können?! Ist das noch Kapitalismus?



    Außerdem sind doch schon genug Autos da. Die Industrie kann doch auch Züge und Fahrräder bauen.

    • @kommentomat:

      "Rettet das Kapital von Quandt & Co!" - oder so ähnlich ;-)

      • @Uranus:

        Karstadt sofort überall schließen Leute entlassen und das Kapital an Immobilien langsam kaputt gehen lassen.

        Das wäre dann Kommunismus :-)

  • Gegen eine kleine und befristete "Kaufprämie für saubere Verbrennungsmotoren" hätte ich nichts, wenn im Gegenzug gewährleistet wäre, dass der Treibstoff klimaneutral nach dem power-to-liquid Verfahren in Netzen mit ausschließlicher Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stammt.



    Aber sicherlich versteht die Autoindustrie etwas anderes unter "sauber".

  • Was sind die ökologischen Folgen von Autos samt Industrie im Vergleich zu ÖPNV, Bahn und Fahrrad?



    Für wen sind Autos eine Option, für wen nicht? Kann durch sie im allgemeinen und durch Neuanschaffungen im besonderen sozialgerechte Mobilität für ALLE gewährleistet werden?



    In welchen gesellschaftlichen Bereichen gibt es einen Bedarf von Arbeitskräften?



    Welche Arbeit bedingt welche CO2-Emissionen?



    ...



    Was ist angsichts von zuspitzenden Massensterben von Tieren und Klimaerhitzung, Gefährdung der Existenz von Menschen und Tieren JETZT zu tun?

    • @Uranus:

      1.der private automobilismus in den grossstädten ist zu beenden und durch den ausbau und die sozial gerechte finanzierung des öffentlichen personennahverkehrs überflüssig zu machen

      2.alle europäischen bahnunternehmen sind zu vereinigen und zu verstaatlichen.das schienennetz ist auszubauen und zu verbessern so dass der langstreckentransport von personen und gütern auf ihm stattfinden kann



      die flughäfen sind zu schliessen.die autobahnen sind für alle transporte die auch auf der schiene möglich sind zu sperren oder ihre benutzung ist soweit zu verteuern-dass der lkw und pkw verkehr um ungefähr 80 prozent abnimmt

      3.auf den autobahnen könnten strassenbahnschienen für den transport von kontainern (und wohnkontainern) verlegt werden:das spart sehr viel energie .ausserdem wird kein zusätzliches land versiegelt

      4.die automobilindustrie ist zum zweck der reduzierung der produktion zu verstaatlichen

      5.lkw s dürfen nur noch für kurzstreckentransporte vom kontainerbahnhof oder hafen zu den geschäften oder firmen genutzt werden



      6.sogenannte SUV sind sofort zu verbieten



      7.durch den einbau von luftaustauschanlagen sollte das infektionsrisiko in bussen bahnen und bahnhöfen minimiert werden-



      das ist auch eine sofortmassnahme gegen die coronaviruspandemie aber es wird auch vor harmloseren und schlimmeren zukünftigen pandemien schützen

      auch aber nicht nur um diese weniger wahrscheinlich zu machen sind die massentierhaltung und der handel mit wildtieren zu verbieten

    • @Uranus:

      Sie sprechen mit ihrem Kommentar grundsätzliche Fragen an. Diese bedürfen sicherlich in naher Zukunft einer gesellschaftlichen Klärung gegebenenfalls mit Ziel einer Neuausrichtung des individuellen Verkehrs. Hinsichtlich des im Artikel geschilderten Problems der Zulieferindustrie stellen sich jedoch andere Fragen. Ein mögliches Sterben der europäischen Zulieferindustrie bedeutet eben gerade nicht einen Rückgang der Produktion, sondern eine Verschiebung nach China und in andere Länder. Das bedeutet dann erst einmal gleiche Produktion bei weniger Umweltauflagen, Aus- und Neubau von Kohlekraftwerken für die Stromgewinnung und somit eine deutliche Erhöhung der CO2-Emissionen. Da kann man schon fragen, ob es nicht zumindest kurzfristig (bis die oben genannte Neuausrichtung Tagespolitik geworden ist) sinnvoller ist, die europäischen Umweltschutzstandards zu sichern und zu unterstützen.

      • @Cerberus:

        Dass das andere machen würden, ist hoffentlich aus moralischer Sicht ein kaum unterstützenswertes Argument. Es kann allenfalls ein Hinweis auf kapitalistische Systematik, Mechanismen und Verflechtungen hingewiesen werden. Und sicherlich sollte dies kritisiert werden und strategisch berücksichtigt werden. Wie Sie ja richtig schreiben, hilft eine Verlagerung nicht. Ein Ziel sollte also auch sein, die Nutzung und Kauf von Autos zu reduzieren. Das könnte auf verschiedene Weise umgesetzt werden bspw. durch autofreie Städte, Tempolimit, Reduzierung und Verteuerung der Parkplätze ... bei gleichzeitigem Ausbau von ÖPNV und Fahrradinfrastruktur und Fahrscheinloser Zugang zum ÖPNV usw.. Entsprechend enstünde bzw. gibt es einen Bedarf an Arbeitskräften in anderen Bereichen.



        Es stellt sich die Frage, warum die Autoindustrie zunächst tagespolitisch staatlich unterstützt werden solle, um sich im Anschluss einer Umstrukturierung des Verkehrs zu widmen? Ökologisch gesehen macht das kein Sinn. Zusammen mit politischen Mitteln wie Autoprämien wird Autoproduktion und -konsum weiter legitimiert und gefördert. Dabei müsste im Gegenteil sogleich komplexer betrachtet und gedacht werden und konsequent umgesteuert werden. Schwierigkeiten sind allerdings, dass eine Umstrukturierung wohl kaum Interesse des Kapitals ist und entsprechend Arbeiter*innenteressen beeinflusst worden sind, dass vorhandene Luxusansprüche dieser entgegenstehen, dass Arbeit derzeit in Teilen mit Pendeln mit dem Auto verknüpft ist, dass die ökologische, existenzbedrohende Katastrophe nicht als AKUTE Katastrophe erkannt wird.



        Dann noch: welche Auflagen, wie effektiv sind diese bspw. bgzl. des bereits begonnen Baus des Teslawerkes, obgleich es Einsprüche gibt? Bzgl. des Bau und der Weiterbetreibung von Kohlekraftwerken nebst Kohleabbau? Wie ökologisch ist Deutschland tatsächlich, wenn es um die eigene Ökonomie bzw. um (deutsche) Kapitalinteressen geht?

        • @Uranus:

          *Es kann allenfalls ein Hinweis auf ... SEIN.