Von der Leyen in Indien: EU und Indien auf Kooperationskurs

Die EU will die Handelsbeziehungen zu Indien stärken. Dabei geht es auch darum, das Land dem Einfluss Russlands zu entziehen.

Von der Leyen und Modi beim handshake in Delhi

Handshake mit Modi: von der Leyen in Indien Foto: Indisches Pressebüro via reuters

MUMBAI taz | Der indische Premier Narendra Modi ist gerne Gastgeber für internationale Größen. Und das kann er wieder, seitdem sich die pandemische Lage auf dem Subkontinent entspannt hat. Somit begann er jüngst eine Reihe diplomatisch wie wirtschaftlich bedeutender Treffen, die in dem Sinne waren, Russland den Rang abzulaufen: Vergangene Woche traf Großbritanniens Premier Boris Johnson in der Hauptstadt Delhi ein, ihm folgte nun EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

Beide kamen mit ähnlichen Zielen: ein jeweiliges Freihandelsabkommen voranzubringen und die ein oder andere Kooperation im Rüstungssektor. Aber nicht nur: Digitalisierung, Technologie, Handel und der Kampf gegen den Klimawandel stehen auf der Agenda, erklärte von der Leyen am Montag bei ihrem Treffen mit Modi: „Die EU ist der drittwichtigste Handelspartner Indiens und einer seiner wichtigsten Investoren. Und wir können noch so viel mehr tun.“

Konkret wurde die Gründung eines Handels- und Technologierats vorgestellt. Er soll Indien unabhängiger von China und Russland machen. 2021 wurde bereits ein sogenannter Trade and Technology Council mit den USA ins Leben gerufen. Veränderungen des geopolitischen Umfelds machten deutlich, dass ein strategisches Engagement erforderlich sei, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Von der Leyen betont, die Energieabhängigkeit Indiens von Russland verringern zu wollen, die allerdings im Vergleich zur Abhängigkeit der EU gering ist. Außerdem war ein stärkeres Engagement der EU im Indopazifik und Sicherheit in Bezug auf China Gesprächspunkt.

Europäisch-Indisches Freihandelsabkommen denkbar

Erst im April schlossen Indien und Australien ein vorläufiges Freihandelsabkommen. Ein ähnliches vorläufiges Abkommen wäre zwischen Indien und der EU denkbar, sagt der indische Finanzexperte Bhavik Dand, der Vorteile für beide Seiten sieht. Dand betont Indiens Stärke in den Bereichen Automobilindustrie, IT-Dienstleistungen und Pharmazeutika. Außerdem ist Indien Agrarproduzent und würde beispielsweise gerne mehr Weizen exportieren, was der EU in der aktuellen Lage zugutekommen könnte.

Andererseits ist Indien für die EU ein interessanter Absatzmarkt. Dand sieht höhere Importe aus der EU durch fallende Zölle in den genannten Bereichen als verkraftbar für den indischen Arbeitsmarkt an. Indiens Augenmerk wird darauf liegen, mehr Investitionen und Produktionen auf den Subkontinent zu holen. In der Vergangenheit zogen beispielsweise deutsche Autobauer nach Indien, um Aufschläge von bis zu 100 Prozent zu umgehen.

Zwar laufen die Gespräche über einen vereinfachten Handel bereits seit einem Jahr verstärkt, doch all das geschieht nun vor dem Hintergrund, dass Wladimir Putin und Modi kurz vor Kriegsbeginn den Ausbau im Rüstungsbereich sowie die gemeinsame Produktion von Gewehren beschlossen hatten. Johnson bot Delhi Fachkompetenz für die Herstellung eigener Kampfjets an. Auch die EU hat mögliche Joint Ventures im Angebot.

Im Bereich der erneuerbaren Energien wollen die EU und Indien ihre Beziehungen weiter ausbauen. Am Sonntag führte von der Leyen Gespräche zu Klima- und Energiethemen mit der International Solar Alliance, dem Umwelt- und Energie-Forschungsinstitut TERI sowie Klimaaktivist:innen.

Das Treffen wird von der Weigerung Indiens, den Einmarsch von Präsident Wladimir Putin offen zu verurteilen, überschattet. Modi bezeichnete die Lage in der Ukraine zwar als sehr besorgniserregend, den russischen Präsidenten kritisiert er aber nicht.

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