Volksbegehren Klimaneustart in Berlin: Warnung an die nächste Koalition
Mit dem Klima-Bündnis kommt das nächste Volksbegehren. Ähnlich wie die Enteignungs-Initiative dürfte sie die Politik in den nächsten Jahren prägen.
Auch ein deutliches Zeichen: Klimastreik am Freitag vor der Wahl in Berlin Foto: dpa
Man sollte die Zahl der Unterschriften für das Volksbegehren „Klimaneustart Berlin“ nicht unterschätzen: Fast 40.000 Berliner*innen haben dafür unterschrieben, dass die Stadt bereits bis 2030 klimaneutral sein soll; am Mittwoch wurden die Unterschriften der Senatsinnenverwaltung zur Prüfung übergeben. Das sind zwar nicht so viele wie beim Radentscheid 2016 oder für Deutsche Wohnen und Co. enteignen. Aber dafür hatte sich die Initiative auch nur drei Monate Zeit genommen und damit lediglich die Hälfte, die ihr zustehen würde.
Damit bleibt die Zahl 39.116 (so viele Unterschriften waren es exakt) ein deutliches Zeichen, dass das Thema Klimaschutz – anders als es die jüngsten Wahlkämpfe für Bundestag und Abgeordnetenhaus vermuten ließen – nichts an Relevanz für die Berliner*innen eingebüßt hat. Und dass sie gerade jetzt, unmittelbar vor Beginn der Koalitionsverhandlungen in Berlin eingereicht wurden, ist ein Signal an die Politik, die Klimakrise ernster zu nehmen.
Natürlich kann Berlin diese nicht allein bewältigen; tatsächlich ist der mögliche Beitrag der Stadt zur Rettung des globalen Klimagleichgewichts eher überschaubar. Aber es geht auch um die Vorbildfunktion der Städte, in der inzwischen weit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wohnt. Und es geht natürlich auch – ganz egoistisch gedacht – darum, mögliche Schäden durch Trockenheit, Hitze oder Starkregen gering zu halten.
Im taz-Interview kurz vor der Wahl hatte Klimaschutz-Senatorin Regine Günther (Grüne) die Ziele der Initiative als unrealistisch bezeichnet. Es gäbe zum Beispiel gar nicht genug HandwerkerInnen, die die dringend nötige Wärmedämmung der Wohngebäude derart schnell umsetzen könnten. Auch die Umstellung der Wärmeerzeugung auf erneuerbare Energien sei nicht in acht Jahren möglich. Dennoch dürfte auch Günther – die lange als leitende Mitarbeiterin für den WWF unterwegs war – der Druck durch das Begehren nicht ungelegen kommen. Es ist allemal besser, sich harte Ziele zu setzen und diese eventuell zu verfehlen, als sie von vornherein aufzuweichen.
Und schließlich gibt es ja nicht nur einen Volksentscheid als letztes Mittel. Parlament und Senat können schon vorab versuchen, einen Kompromiss mit der Initiative zu erzielen. Das wird schwer, schließlich sind deren Forderungen radikal. Aber falls Rot-Grün-Rot fortgesetzt wird, wäre eine Einigung nicht von vornherein unmöglich.
Gegenwind aus der Zivilgesellschaft
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob neben dem klaren Ja für den Enteignen-Volksentscheid auch das Klima-Volksbegehren eine indirekte Wirkung erzielen könnte, etwa indem es die SPD bei der Wahl der Koalitionspartner beeinflusst. Denn klar ist: Eine SPD-CDU-FDP-Koalition wie auch eine Ampel aus SPD, Grüne und FDP müssten sich auf massiven Gegenwind aus der Zivilgesellschaft gefasst machen. Schon die Wahl von Union und Liberalen als Regierungspartner ließe sich als Absage an die jeweiligen Initiativen werten.
Aber selbst wenn es – wieder – zu Rot-Grün-Rot kommt: Sowohl die Klima- wie Mietenbewegung werden die Politik in Berlin in den nächsten Jahren entscheidend prägen.
Volksbegehren Klimaneustart in Berlin: Warnung an die nächste Koalition
Mit dem Klima-Bündnis kommt das nächste Volksbegehren. Ähnlich wie die Enteignungs-Initiative dürfte sie die Politik in den nächsten Jahren prägen.
Auch ein deutliches Zeichen: Klimastreik am Freitag vor der Wahl in Berlin Foto: dpa
Man sollte die Zahl der Unterschriften für das Volksbegehren „Klimaneustart Berlin“ nicht unterschätzen: Fast 40.000 Berliner*innen haben dafür unterschrieben, dass die Stadt bereits bis 2030 klimaneutral sein soll; am Mittwoch wurden die Unterschriften der Senatsinnenverwaltung zur Prüfung übergeben. Das sind zwar nicht so viele wie beim Radentscheid 2016 oder für Deutsche Wohnen und Co. enteignen. Aber dafür hatte sich die Initiative auch nur drei Monate Zeit genommen und damit lediglich die Hälfte, die ihr zustehen würde.
Damit bleibt die Zahl 39.116 (so viele Unterschriften waren es exakt) ein deutliches Zeichen, dass das Thema Klimaschutz – anders als es die jüngsten Wahlkämpfe für Bundestag und Abgeordnetenhaus vermuten ließen – nichts an Relevanz für die Berliner*innen eingebüßt hat. Und dass sie gerade jetzt, unmittelbar vor Beginn der Koalitionsverhandlungen in Berlin eingereicht wurden, ist ein Signal an die Politik, die Klimakrise ernster zu nehmen.
Natürlich kann Berlin diese nicht allein bewältigen; tatsächlich ist der mögliche Beitrag der Stadt zur Rettung des globalen Klimagleichgewichts eher überschaubar. Aber es geht auch um die Vorbildfunktion der Städte, in der inzwischen weit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wohnt. Und es geht natürlich auch – ganz egoistisch gedacht – darum, mögliche Schäden durch Trockenheit, Hitze oder Starkregen gering zu halten.
Im taz-Interview kurz vor der Wahl hatte Klimaschutz-Senatorin Regine Günther (Grüne) die Ziele der Initiative als unrealistisch bezeichnet. Es gäbe zum Beispiel gar nicht genug HandwerkerInnen, die die dringend nötige Wärmedämmung der Wohngebäude derart schnell umsetzen könnten. Auch die Umstellung der Wärmeerzeugung auf erneuerbare Energien sei nicht in acht Jahren möglich. Dennoch dürfte auch Günther – die lange als leitende Mitarbeiterin für den WWF unterwegs war – der Druck durch das Begehren nicht ungelegen kommen. Es ist allemal besser, sich harte Ziele zu setzen und diese eventuell zu verfehlen, als sie von vornherein aufzuweichen.
Und schließlich gibt es ja nicht nur einen Volksentscheid als letztes Mittel. Parlament und Senat können schon vorab versuchen, einen Kompromiss mit der Initiative zu erzielen. Das wird schwer, schließlich sind deren Forderungen radikal. Aber falls Rot-Grün-Rot fortgesetzt wird, wäre eine Einigung nicht von vornherein unmöglich.
Gegenwind aus der Zivilgesellschaft
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob neben dem klaren Ja für den Enteignen-Volksentscheid auch das Klima-Volksbegehren eine indirekte Wirkung erzielen könnte, etwa indem es die SPD bei der Wahl der Koalitionspartner beeinflusst. Denn klar ist: Eine SPD-CDU-FDP-Koalition wie auch eine Ampel aus SPD, Grüne und FDP müssten sich auf massiven Gegenwind aus der Zivilgesellschaft gefasst machen. Schon die Wahl von Union und Liberalen als Regierungspartner ließe sich als Absage an die jeweiligen Initiativen werten.
Aber selbst wenn es – wieder – zu Rot-Grün-Rot kommt: Sowohl die Klima- wie Mietenbewegung werden die Politik in Berlin in den nächsten Jahren entscheidend prägen.
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Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Kommentar von
Bert Schulz
Ex-Leiter taz.Berlin
Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.
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