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VertrauenfrageEin Jahr zu spät

Kersten Augustin
Kommentar von Kersten Augustin

Kanzler Scholz hat die Abstimmung im Parlament wie geplant verloren. Das ist bitter für den Mann, aber eine gute Nachricht für das Volk.

Olaf Scholz macht den Olaf Scholz-Blick: nach der verlorenen Vertrauensfrage im Bundestag am 16.12.2024 Foto: Liesa Johannssen/reuters

O laf Scholz hat die Vertrauensfrage wie geplant verloren. Die Selbstvertrauensfrage hat er einmal mehr gewonnen: Von Selbstkritik fehlt bei ihm jede Spur. In seiner Rede im Bundestag unterstellte er der FDP fehlende „sittliche Reife“, ein Begriff aus dem Jugendstrafrecht. Irgendwann aber wird auch aus berechtigter Kritik ein Nachtreten. Ob das der Weg ist, Vertrauen zurückzugewinnen?

Auch wenn die Debatte anlässlich der Vertrauensfrage keine Sternstunde des Parlaments war: Zusammen mit den Wahlprogrammen machten die Reden klar, wie unterschiedlich die Vorstellungen der Parteien sind. Scholz’ Auftritt war der eines Wahlkämpfers und nicht der eines Bundeskanzlers in historischer Stunde. Er richtete seine Rede an die WählerInnen, nicht an die Abgeordneten vor ihm. Scholz warb für Investitionen und einen höheren Mindestlohn.

Sein Problem bleibt er selbst: Er hat all die Jahre regiert, als Finanzminister und Kanzler. Etwas hilflos wirkte es, als er die Forderung nach „Respekt“ aus der Mottenkiste hervorkramte. Alle sollen von Scholz Respekt bekommen, der Mindestlohnbezieher so wie Menschen, die privat vorsorgen. Er zeigt damit nur, wie leer seine alte Wahlkampfformel ist.

Der Oppositionsführer dagegen setzte auf „Wettbewerbsfähigkeit“, wandte sich gegen Steuererhöhungen. Auch im Bundestag verriet Merz nicht, wie er all die Geschenke finanzieren will. Ähnlich faktenfrei sprach er über Strompreise. Es sind keine guten Aussichten, dass der mögliche nächste Kanzler es mit der Wahrheit nicht ganz genau nimmt.

Habeck dagegen trat wie das verkörperte Bürgertum auf: Mit Weste unter dem Jackett, nachdenklich schauend auf die Krise der Demokratie. Während Scholz und Merz polemisierten, konnte es dem Grünen nicht staatsmännisch genug sein. Es ist unwahrscheinlich, dass den Wählern die Verantwortung so wichtig ist wie dem Staatsmann selbst. Wie sich die Grünen abheben wollen, ging unter. Habeck kritisierte die Union für ihre unterlassene Hilfeleistung am deutschen Patienten in den Jahren Merkels, die SPD aber nicht. Warum die Grünen Scholz nicht das Vertrauen aussprachen, wurde nicht deutlich.

Vertrauen ist ein großes Wort. Daran, dass das Vertrauen in die Demokratie gelitten hat, trägt die Regierung eine Mitverantwortung. Vermutlich kam die Vertrauensfrage deshalb ein Jahr zu spät. Spätestens nach dem Karlsruher Urteil zum Haushalt hätten die Wähler entscheiden müssen, ob eine neue Weltlage auch eine neue Regierung braucht. Nun aber kann endlich der Souverän entscheiden, welche Politik er will. Und das ist eine gute Nachricht.

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Kersten Augustin
Ressortleiter Inland
Kersten Augustin leitet das innenpolitische Ressort der taz. Geboren 1988 in Hamburg. Er studierte in Berlin, Jerusalem und Ramallah und wurde an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ausgebildet. 2015 wurde er Redakteur der taz.am wochenende. 2022 wurde er stellvertretender Ressortleiter der neu gegründeten wochentaz und leitete das Politikteam der Wochenzeitung. In der wochentaz schreibt er die Kolumne „Materie“. Seine Recherchen wurden mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Langem Atem und dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet.
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24 Kommentare

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  • Wäre das vor einem Jahr passiert hätte es Selbstbestimmungsgesetz und Cannabis-Legalisierung nicht gegeben und wer weiß für wie lange.

  • Ich habe mir die ganze Chose mal angesehen.



    Ehrlicherweise fand ich den Vorwurf der sittlichen Unreife an Lindner sehr treffend und richtig.



    Ansonsten schalte ich um, wenn Scholz im Fernsehen auftaucht, ich kann diesen Mann nicht mehr ertragen.



    Merz und sein Männerclub sind ebenfalls unerträglich.



    Und auch Habeck, den ich eigentlich gut leiden kann, geht mir immer öfter auf die Nerven.



    Ich frage mich wirklich, wen soll ich wählen?



    Irgendwas läuft da gründlich schief.

    • @Ninotschki:

      Allesamt " nur " Gesichter eines Systems - die ihr Spiel, der



      " repräsentativer Demokratie " spielen.



      Da läuft nix schief - alles konform nach Spielregeln...🤣😂🤣🤑

  • Ich sehe mich veranlasst, dem Autor zu widersprechen: Es ist zwar (eh') zu spät, aber keine GUTE Nachricht, wenn wir jetzt wählen müssen. Denn eigentlich haben wir bei dem Angebot der Parteien keine Wahl: Mit Olaf Scholz weiter so ? Mit einer CDU, deren Personal fast ausschliesslich aus rückwärtsgewandten Reaktionären besteht ? Mit Grünen, deren Lippen an einem an Schauspieltalent reichlichen Guru hängen, der im Zweifelsfall, wie er es immer tut, mit Reaktionären oder Klimaverpestern herumkunkelt und den Umweltverbänden massiv geschadet hat ? Mit Linken, die für Putin Verständnis aufbringen, weil sie sich in einer Einheitsfront gegen des US-Imperialismus sehen ? Alle kämpfen ausserdem um ihren Job, den ich als alter 68er lieber auf zwei Wahlperioden begrenzt sehen wollte, damit junge Leute vorher wenigstens ihre Ausbildung abschliessen, bevor sie sich ins Fegefeuer begeben und in totaler Abhängigkeit von Partei und Medien weiterwursteln. Ich vermisse Kandidaten, die die Gesellschaft zusammenbringen und sie nicht mit Mehrwertsteuerrabatten von 2% abspeisen wollen.

  • Die Frage nach der BTW wird sein: Wohin mit Scholz?

    Der nächste BP kann nicht wieder von der SPD kommen, und sowohl bei EU als auch NATO sind die interessanten Posten gerade neubesetzt worden.

    Bleibt eigentlich nur noch die Rente. Das Alter hat er ja .

    • @Nairam:

      Genau, Marian, also eigentlich nicht so die Frage.



      In der SPD wird man übrigens meist noch ein bisschen Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung.



      Scholz könnte als Anwalt, bei internationalen Organisationen oder als Wahlkreisabgeordneter ebenso noch tätig sein. Oder erst mal ein Buch schreiben. Oder er nimmt ein überschaubares Ministerium in einer Großen Koalition an.

  • Naja, die Koalition hätte sich natürlich auch in finanziell klammeren Zeiten einigen können.



    Die FDP gibt ihre umweltschädliche Politik auf und erlaubt den Stopp der direkten und indirekten Zuschüsse an Umweltschädliches und entsprechende angemessene Besteuerung. Die Grünen hätten ihre Erfolge. Der Etat wieder Spielraum, den man durch das echte Schließen von Schlupflöchern auch ohne Gesichtsverlust für Lindner hätte weiten können.



    Die SPD hatte ihre Erfolge zu dem Zeitpunkt weitgehend schon.



    Die FDP erhält Bürgerrechte, Digitalisierung und ein paar Leckerli für die Industrie. Vielleicht noch eine letzte symbolische Autobahnstrecke. Das sollte unter einem normal guten Vorsitzenden mehr als für den Wiedereinzug reichen.

    Naja, Lindners Blockieren-"Strategie" nach dem Drehbuch eines Peter Schröder war fürs Land, die Partei selbst und Lindner letztlich verheerend, und er lernte leider auch nicht dazu. Dass Wissing es in Rheinland-Pfalz vormachte, wie es hätte gehen können, hat Lindner vielleicht auch nicht vertragen.

  • Eine neue Weltlage eingeleitet haben soll also das "Karlsruher Urteil", so so. Muss wohl auch, jedenfalls der Krieg in der Ukraine lief schon einige Jahre bevor auch die taz, der's jetz nicht schnell gehen konnte, die "Fortschrittsampel" eine Weile ganz gross schrieb. Vom Klimawandel nicht zu reden. Das mit der Selbstkritik ist aber natürlich nur'n Problem von Olaf Scholz. Obwohl der nie für ne Dreierkoalition angetreten ist, bzw. wenn schon dann - man höre und staune immer noch - jedenfalls m.W. sogar für rot-rot-grün damals nicht völlig verschlossen war. Warum auch, Hauptsache Kanzler. Die Grünen waren das weniger, nicht ganz so überraschend, kaum mehr längst dass sich auch diese Zeitung dafür (nur noch) wenig zu erwärmt haben schien. Bisschen schräg, sich selber in Berlin hat man's lang genug gegönnt, aber das ist jetzt mal Geschichte und dazu denken wir uns alle mal unsern Teil. Rätselhaft bleibt mir, welcher Souverän sich nun was davon versprechen sollte, bald alle zwei Jahre zu wählen. Können eigentlich nur Leute sein, die ne völlig andere Politik vertreten und gewissenhaft, ausdauernd wählen, und die müssen erst mal in den Bundestag kommen. Ja, das wäre eine gute Nachricht.

  • "eine gute Nachricht für das Volk"

    Bei der taz freut man sich auf Merz. Aha.

  • Mal eben schnell eine Wahl abzuhalten (und zu so einem Datum) ist mehr als problematisch. Die Rechte erreicht so mit Hilfe der FDP ihr Ziel Ansätze, ich sage Ansätze zu einer etwas anderen Politik hinsichtlich des Klimawandels (der radikale Umkehr jetzt verlangt) und einer weitsichtigen Immigrationspolitik zu untergraben und in den weltweiten Lobgesang auf Abschottung ein zu stimmen.

  • "Kanzler Scholz hat die Abstimmung im Parlament wie geplant verloren. Das ist bitter für den Mann"



    Versteh ich nicht, wieso? Er das gekriegt, was er wollte.

  • Nun liegen die Hoffnungen, bei einer Partei die in den letzten 20 Jahren 80% der Zeit an der Macht federführend war. Leider sind genau in diesen 20 Jahren wesentliche Entwicklungen verschlafen worden.

    - Digitalisierung



    - Abhängigkeiten von Autokratien



    - Umweltpolitik



    - Sicherheitspolitik

    Die Merkel-Regierungen haben einen Großteil dieser Fehlentwicklungen zu verantworten und damit den heutigen Krisen Vorschub geleistet. Trump wird Merz in der Pfeife rauchen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen wie ein Merz international Deutschland adäquat vertreten kann da er oft unbeholfen wirkt.

  • Zitat: - "Das ist bitter für den Mann, aber eine gute Nachricht für das Volk . [...] Nun aber kann endlich der Souverän entscheiden, welche Politik er will. Und das ist eine gute Nachricht."

    Die schlechte Nachricht ist aber: "Das Volk" oder "den Souverän" gibt es nicht, das sind nur gedankliche Konstrukte. Es gibt eine fragmentierte Gesellschaft voller widerstreitender Interessen, die sich freilich gern jeweils als Allgemeininteresse kostümieren. Solange die Ressourcen da sind, gibt es einen Ausgleich. Je weniger Ressourcen da sind, desto mehr geht es einer Seite an den Kragen. Meist geht es an den blauen und nicht an den weißen Kragen, aber das ist auch wieder nur eine Vereinfachung.

  • "...dass der mögliche nächste Kanzler es mit der Wahrheit nicht ganz genau..". Also bitte, das war ja nun bei der jetzigen Regierung ebenfalls der Fall. Wo ist denn der grüne Wirtschaftsaufschwung, wo ist die kostenneutrale grüne Energiewende, wo ist die faesersche Grenzsicherung, wo sind die scholzen Rückführungen? Einzig die Ukraine wird tatsächlich unterstützt. Es geht mir nicht darum die vorhergehenden Punkte gut oder schlecht zu finden, sondern es wurden klare Erwartungshaltungen geweckt und Versprechungen gemacht. Wie darf ich das interpretieren? Ahnungslosigkeit oder bewusste Lüge. Für mich ist beides nicht akzeptabel.

  • Ein Herr Merz, der behauptet, durch Rückabwicklung des Bürgergeldes einen zweistelligen Milliardenbetrag zur Finanzierung seiner Steuersenkungsphantasien freimachen zu können, wird sicher nicht der bessere Kanzler werden. Wer weiß, dass die Gesamtsumme, die jährlich für das Bürgergeld ausgegeben wird, bei ca. 30 Mrd. Euro liegt, wird Herrn Merz nicht ernst nehmen können. Wenn er aber schon dort bei einfachen Rechenaufgaben versagt, wie soll er dann ein Land wie Deutschland regieren können?



    Lustig ist auch das ständige Grünen-Bashing. Wer das Wirtschaftskonzept der Grünen ernst nimmt und durchdenkt (dezentrale lokale Energieversorgung durch Wind- und Solarkraft, Energiesparen durch Technologien wie die Wärmepumpe etc., E-Mobilität, Kreislaufwirtschaft), müsste schnell darauf kommen, dass dieser Ansatz durchaus wirtschaftsfreundlich ist, da alle dafür notwendigen Dinge in Deutschland Arbeitsplätze schaffen würden, wenn man die Themen richtig anginge. Und wie man sich Billiglohnländer vom Hals hält, daran hat uns Trump gerade wieder erinnert: Durch Zölle.

    • @Aurego:

      Ob das die vielen Menschen, die ihren Arbeitsplatz bei Industrie-, Chemieunternehmen oder deren Zulieferer gerade verlieren aufgrund der hohen Strompreise genauso sehen, darf angezweifelt werden.



      Die Schweden sind auch nicht gerade erfreut über die grüne Energiepolitik in Dunkelphasen. Gottseidank führt das aber dazu dass wir im Winter französischen Atomstrom kaufen und die Kohlekraftwerke auf Hochtouren laufen.



      Grundsätzlich ist die Grundidee der Grünen ja ganz in Ordnung aus einer idealistischen Perspektive. Allerdings fehlt es bei der Partei, und insbesondere bei Rober Habeck an jeglicher Kompetenz, was zigfach eindrucksvoll auch nachgewiesen wurde.

    • @Aurego:

      Au weia ... Naja - jeder hat ja ein Anrecht auf seine eigene Meinung

  • Lindner hat die Demokratie durch sein Schmierentheater mutwillig beschädigt - leider ist Scholz keinen Deut besser.



    Das Scholz Selbstkritik nicht kennt, zuweilen überheblich agiert und wie Merkel meint alles aussitzen bzw ausschweigen zu können ist hinlänglich bekannt - nicht wenige sagen, dass es das gar braucht um ganz oben zu landen.



    Wie er aber diese politische Krise, dieses Versagen das auch seines ist, seit der Entlassung Lindners moderiert ist unerträglich.



    Da lernt man glatt rückblickend seine stille Abwesenheit als Kanzler zu schätzen.



    Unwürdig ist eine Untertreibung für diese Posse - widerwärtig trifft es besser, wie hier unsere politische Kultur und Gepflogenheiten missachtet werden.



    Ebenfalls mit Blick darauf muss ich eine Lanze für Frau Lang brechen - in ihrem politischen Tun fand ich fast nie etwas das mich abgeholt hat, aber ihre Ehrlichkeit seit ihrem Rücktritt, ihre offene ungeschönte Art die eigenen Fehler rückblickend aufzuarbeiten - Hut ab und Applaus für so viel Größe. Ich wünsche mir Scholz und Lindner hätten nur einen Bruchteil ihrer Integrität - unser Land hätte es so bitter nötig

    • @Farang:

      Um welche "unsere politische Kultur und Gepflogenheiten" geht es genau? Die gab es auch bei Strauß und Wehner nicht immer. Besonders Herr Straß hätte sich mit Herrn Trump wunderbar verstanden.

      Das große Problem mit der Ehrlichkeit ist: Die Ehrlichen werden nicht gewählt. Man erinnere sich an den "Einheitswahlkampf" 1990 zwischen Lafontaine und Kohl. Lafontaine sagte, die Wiedervereinigung werde 1 Billion DM kosten, Kohl sagte, sie werde nichts kosten. Wer hat gewonnen? Und lag näher an der Wahrheit?

      Offensichtlich mag das Wahlvolk Politiker, von denen es belogen wird, Hauptsache die Versprechen hören sich großartig an.

      • @Aurego:

        Das es das schon früher gab kann doch kein Rechtfertigungsgrund sein - oder wollen wir als Gesellschaft wieder zurück zu Strauß und Wehner - oder gleich zu Hitler?



        "Das große Problem mit der Ehrlichkeit ist: Die Ehrlichen werden nicht gewählt" - das sehe ich anders, die Grünen ritten auf einer Welle vor der letzten Wahl und wurden GERADE WEGEN ihrer Ehrlichkeit geschätzt.



        Leider versenkte Frau Baerbock ihren Wahlkampf phänomenal unter anderem mit geschöntem Lebenslauf (höflich ausgedrückt) etc...



        Habeck wurde anfangs der Koalition auch bundesweit geschätzt, der stand sehr weit oben im Politikerranking, hat aber durch katastrophale handwerkliche Fehler, den Graichenskandal und seine dann doch immer wieder offensichtlich zu Tage getretene Inkompetenz (ich erinnere an diverse Talkshowauftritte) sich sukzessive ins Aus geschwätzt.



        Die Grünen sind eigentlich der beste Beweis das Ehrlichkeit ginge, sie sind aber auch der beste Beweis, das Kompetenz vor Ideologie kommen sollte.



        Da wurde eine grandiose Chance vertan was den Umbau unserer Wirtschaft angeht - ob so eine Chance nochmal kommt 🤷‍♂️

        • @Farang:

          Ich bitte Sie! Strauß und Wehner im selben Atemzug mit Hitler zu nennen, ist für mich kein sinnvoller Ausgangspunkt für eine Diskussion über "unsere politische Kultur und Gepflogenheiten". Was Sie über die Kompetenz von Politikern gesagt haben, finden Sie genau so auch in der CDU/CSU. Deren Inkompetenz hat uns ja 16 Jahre lang genau an den Abgrund geführt, vor dem wir gerade stehen. Damals wollte nur niemand wahrhaben, dass Stillstand Rückschritt bedeutet.

          Genau dieselben wirtschaftlichen Verwerfungen, die wir jetzt sehen, gab es übrigens auch durch die Ölpreiskrise(n) ab 1973. Damals hat die Wirtschaft erst im Zuge der Wiedervereinigung wieder richtig Fahrt aufgenommen. Falls Sie mal nach Lübeck kommen, sollten Sie das Willy-Brandt-Haus besuchen. Dort ist eine Collage von Zeitungsausschnitten von 1973 ausgestellt, ich zitiere: "Die Bundesregierung läßt Gehälter sperren - Fluglotsen legen den Frankfurter Flughafen lahm." (SZ) "Die Dollar-Flut nimmt kein Ende - Schließung der Devisenbörsen erwartet" (FAZ) "Wieviel Arbeitslose?" (DER SPIEGEL) ...



          Noch Fragen?

  • Das 'Vertrauen in die deutsche Demokratie' war nie berechtigt, wenn man unter Demokratie eine Herrschaftsform egalitärer Mitbestimmung versteht. Das 'Vertrauen in die deutsche Demokratie' bröckelt immer dann, wenn das Versprechen auf 'Wohlstand und Sicherheit' nicht mehr funktioniert. Weil das Wahlvolk aber gut erzogen ist, schmollt es oder wählt mal die anderen, damit die es dann, hoffentlich, besser machen.

    Wenn nun mal wieder eine entscheidende Richtungswahl ausgerufen wird, geht das an der Wirklichkeit der deutschen Demokratie vorbei. Gesetze, int'l Verträge, Verhältniswahlrecht, die fragwürdige Unabhängigkeit der MandatsträgerInnen, Koalitionskompromisse usw. führen fast zwangsläufig zur alternativlosen Notwendigkeit realpolitischer Kompromisse. Da der Liberalismus schon längst sowohl die Herrschaftsform, die Wirtschaftsorganisation und das Gesellschaftsmodell bestimmt, bleibt alles gleich und wird doch nur noch schlimmer.

  • Warum sollte man nach dem Karlsruher Urteil die Vertrauensfrage stellen? Das Urteil erzeugt ein ganz normales Problem für die Regierung: "Das Geld reicht nicht für alles" Na und? Das ist immer so.

    Das Problem war doch schon damals das die FDP eigentlich Opposition gespielt hat. Das funktioniert halt noch besser wenn man vortäuscht Regierungspartei zu sein. Und jetzt werfen Sie dem Kanzler und den Grünen vor, sich haben täuschen zu lassen?

    Ihren Glaube, daß die Wahl durch den Souverän irgendwas verbessern wird, bei der Art von Parteien die wir aktuell in diesem Land haben, kann ich nur als naiv bezeichnen.

    • @Semon:

      Der Grund, warum die Vertrauensfrage damals gestellt hätte werden müssen, ist nicht das fehlende Geld, sondern die bewusste und politisch unverantwortliche Trickserei, die zu diesem Urteil geführt hat, und die Ignoranz gegenüber fast allen Warnungen von Rechtsexperten, sowohl der Verwaltung wie auch von ausserhalb. Und die extrem selbstgefällige Art, wie Herr Scholz schon damals regiert hat.

      Und das Problem ist nicht die Art von Parteien, sondern das Listenwahlrecht, das in dieser Wahlperiode durch die Schwächung der Überhangmandate nochmal gestärkt wurde.

      In fast allen Parteien gibt es gute Köpfe. Leider meistens nicht auf den vorderen Listenplätzen. Das Problem ist die Listenwahl, da Parteien polarisieredende HochglanzpolitikerInnen auf die ersten Listenplätze setzen lassen, und eben nicht die Besten. Damit haben die Strippenzieher der Parteien leider deutlich mehr Einfluss als der wählende Schein-Suverän. Wie man gestern ja sah, da Scholz, Merz und Habeck die Parteien repräsentieren, in denen ich keineswegs die besten Vertreter dieser Parteien sehe.

      Dazu kommt noch, dass die Wählenden offensichtlich immer vergesslicher, ignoranter und politisch uninformierter werden.