Verschleppter Familiennachzug: Deutsche Regierung trennt Familien
Die Bundesregierung bremst die Einreise von Flüchtlingen aus Griechenland, deren Angehörige hier leben. Betroffen sind viele Kinder.
Für 2017 sind offiziell viel mehr geplant: 4.560 Flüchtlinge in Griechenland, deren Angehörige in Deutschland leben, hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in diesem Jahr zugesichert, ihr Asylverfahren in Deutschland durchführen zu können. Gerade einmal 221 davon wurden laut der Regierungsantwort auf die Linken-Anfrage bisher überstellt – also weniger als fünf Prozent. Rund 3.000 der Wartenden sind Syrer, über die Hälfte Kinder und Jugendliche, etwa zehn Prozent davon Unbegleitete. Während die Bundesregierung von etwa 4.400 wartenden Menschen ausgeht, nimmt die Linke an, dass die Zahl wesentlich höher liegt, weil auch Zusagen aus dem Jahr 2016 nicht eingelöst worden seien.
Im Mai war bekannt geworden, dass die Bundesregierung mit Griechenland eine Deckelung des Familiennachzugs von Syrern vereinbart hatte. Die Bundesregierung hatte dem widersprochen. Kurz darauf aber war ein Brief des griechischen Migrationsminister Ioannis Mouzalas an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geleakt worden. In dem meldete Mouzalas seinem deutschen Kollegen, dass die Familienzusammenführung nach Deutschland „wie vereinbart verlangsamt wird“. Betroffen seien über 2.000 Antragsteller. Diese müssten „teils Jahre darauf warten, nach Deutschland zu kommen“.
„Es ist unerträglich, dass die Bundesregierung Familienangehörige unter meist unzumutbaren Bedingungen in Griechenland versauern lässt, obwohl diese einen Rechtsanspruch auf unverzügliche Familienzusammenführung haben“, sagte die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke. Für die konkret Betroffenen sei die „Verweigerungshaltung der Bundesregierung eine Katastrophe“. Vor allem bei Kindern sei die Bundesregierung der „vorrangigen Beachtung des Kindeswohls international verpflichtet“.
In einem offenen Brief an den UNHCR, die EU und die Bundesregierung haben 27 NGOs aus Griechenland und Deutschland, darunter die Diakonie, nun gefordert, dass die Familien zusammengeführt werden. Die Absprachen zwischen der deutschen und griechischen Regierung stellen einen „schwerwiegenden Verstoß gegen das Recht von Flüchtlingen auf die Einheit der Familie“ dar, heißt es darin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein