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Verschärfung für GeflüchteteGrundrechte abgeschoben

Das Kabinett hat einen Gesetzentwurf für schärfere Abschieberegeln beschlossen. Dieser greift in Grundrechte Geflüchteter ein, kritisiert Pro Asyl.

Abschiebeflug: Die Polizei ist immer mit dabei Foto: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Berlin taz | Die Bundesregierung hat weitreichende Verschärfungen bei Abschiebungen beschlossen. „Wir sorgen dafür, dass Menschen ohne Bleiberecht schneller unser Land verlassen müssen“, sagte Innnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwoch nach der Kabinettssitzung. Das sei „notwendig, damit wir weiterhin unserer humanitären Verantwortung für die Menschen gerecht werden können, die wir vor Krieg und Terror schützen müssen – wie die 1,1 Millionen Geflüchteten aus der Ukraine.“

Der Regierungsentwurf nennt mehrere Grundrechte, die dafür eingeschränkt werden sollen: die Freiheit der Person, das Fernmeldegeheimnis und die Unantastbarkeit der Wohnung. So soll die Sicherungshaft, etwa bei Fluchtgefahr, von drei auf sechs Monate ausweitet werden. Der Ausreisegewahrsam unmittelbar vor der Abschiebung, für den keine Fluchtgefahr vorliegen muss, soll von zehn auf bis zu 28 Tage verlängert werden. Datenträger wie etwa Mobiltelefone sollen in deutlich größerem Umfang ausgelesen werden dürfen als bisher.

Die Polizei soll mehr Befugnisse zum Durchsuchen von Wohnungen Abzuschiebender, aber auch weiterer Be­woh­ne­r*in­nen von Flüchtlingsunterkünften bekommen. Abschiebungen sollen auch bei Menschen, die seit über einem Jahr geduldet sind, nicht mehr angekündigt werden müssen – es sei denn, sie haben Kinder unter 12 Jahren. Falsche Angaben im Asylverfahren sollen strafbar werden. Auch die Ausweisung von Schleu­se­r*in­nen oder Mitgliedern krimineller Vereinigungen soll erleichtert werden – bei Letzteren soll künftig keine gerichtliche Verurteilung mehr notwendig sein.

Schon in diesem Jahr habe man die Zahl der Abschiebungen um 27 Prozent gesteigert, erklärte Faeser. Es gebe aber immer noch „erheblichen Handlungsbedarf.“ Mit dem Gesetzentwurf gehe man auch auf die Forderungen der Länder und Kommunen ein. Hessens Innenminister Peter Beuth erklärte am Mittwoch gar, die eingebrachten Regelungen seien „der Bundesinnenministerin von der Länderebene diktiert“ worden. Ebenso wie die Unionsfraktion im Bundestag erklärte er, die Beschlüsse dürften nun „nicht verwässert“ werden.

Grüne Mi­nis­te­r*in­nen im Boot

Die grüne Migrationsexpertin Filiz Polat hatte am Dienstag erklärt, im parlamentarischen Verfahren „verfassungs- und europarechtlichen Bedenken thematisieren“ zu wollen. Der Entwurf enthalte Regelungen, „die unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte“ darstellten und „zu recht auf einhellige Ablehnung von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen“ stießen.

Es gebe viele Gründe dafür, warum abgelehnte Asylsuchende nicht abgeschoben würden: „Manche sind geduldet, weil sie sich in einer Ausbildung befinden, andere, weil sie nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden können, wie zum Beispiel Geflüchtete aus dem Iran. Ein Großteil von ihnen sind Kinder.“ Ende August hielten sich in Deutschland rund 260.000 Ausreisepflichtige auf. Nicht alle davon sind abgelehnte Asylsuchende, und mit 80 Prozent verfügt ein Großteil von ihnen über eine Duldung.

Eine „Rückführungsoffensive“ hatte die Ampel bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Entsprechend reagierte Faeser nun auf Kritik am Gesetzesvorhaben: Es hätten ja auch grüne Mi­nis­te­r*in­nen mit am Kabinettstisch gesessen und den Entwurf mit beschlossen, so Faeser.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte, die Regelungen würden zwar nicht zu nennenswert mehr Abschiebungen führen, aber zu „noch mehr Härte und Verletzungen der Grundrechte“. Schon jetzt sei jede zweite Abschiebehaft rechtswidrig. „Die Bundesregierung opfert mit dem Abschiebungsgesetz die Grundrechte der Betroffenen dem aktuellen rechtspopulistischen Diskurs“, kritisierte Pro Asyl.

Faeser selbst weiß offenbar auch, dass die Verschärfungen vor allem ein politisches Signal sind: Laut Gesetzentwurf geht ihr Haus davon aus, dass man durch diese Regelungen im Jahr etwa 600 Menschen zusätzlich abschieben werde. „Für ein so kleines Ziel so schwerwiegende Grundrechtseingriffe hinzunehmen, ist wirklich bitter“, hatte der taz im Vorfeld die Migrationsrechtlerin Gisela Seidler vom Deutschen Anwaltverein gesagt.

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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Trauriges Ergebnis der durchs Land schwappenden Hysteriewelle, am Ende verursacht duch gut 50.000 Menschen, die man nicht abschieben kann. Kaum zu glauben, dass das ein reiches 80-Millionen-Volk überlasten soll. Der AfD kann man ein Meisterstück an politisch-widerlicher Effektivität attestieren. Das Land übernimmt nahezu willenlos die Erzählung, das Wording, die Forderungen einer 20%-Partei, bis in die linksliberale Mitte hinein, sekundiert vom vermeintlich linken BSW. Die Kapitulation vor dem Rechtspopulismus kann sich noch bitter rächen, selbst wenn es gelingt, den Höhenflug der Braunen zu stoppen. Eindeutig ein zivilisatorischer Rückschritt, und dass nahezu ohne Not.

  • Dieser Opportunismus ist nur schwer erträglich:

    "Rückführungsoffensive", wtf.

    Soll man noch enttäuscht sein?

    Insbesondere bei den Grünen frage ich mich, was sie eigentlich inhaltlich in dieser Koalition erreichen.

    Aber vielleicht ist das die falsche Frage.

  • Wie man die technischen Probleme angeht, den Personalmangel und die nötigen finanziellen Mittel bekommt, woher die Schul- und Kitaplätze für die Integration kommen sollen, all darauf gibt es keine Antwort.



    Selbst wenn sogar 10 000 Ausländer abgeschoben werden, würde das bei der Lösung dieser Probleme nicht helfen.

  • ...die Gründer der SPD - Liebknecht, Bebel & Lassalle, würden den jetzigen Dilettanten der SPD vermutlich das " S " entziehen...



    Die " C " Parteien können ihr " C " auch in die Tonne treten...



    Eine Schande für unser Land - so ein Gebaren !

  • Was so traurig ist, dieses plötzliche Engagement in Sachen Abschieberegeln scheint wohl nur eine Reaktion auf die verlorenen Landtagswahlen in Bayern und Hessen zu sein. Und damit wird elegant von den Themen Umwelt und Energie abgelenkt. Das Kabinett Scholz konzentriert sich auf die Frage, wie sich am besten die Grünen ausbremsen lassen. Funktioniert hat das bisher bei der Kindergrundsicherung, dem Elterngeld und der Budgetkürzung bei den Freiwilligendiensten. Der FDP mag es um die Schuldenbremse gehen, Scholz schein mehr daran gelegen zu sein, die Grünen auflaufen zu lassen. Mit der verschärften Abschiebung triff er er zumindest die Grüne Jugend und Teile der Grünen Basis sowie der Grünenwähler. Doch der SPD wird das nicht helfen. Den einen ist das zu viel, den anderen ist es zu wenig.

  • Danke - anschließe mich!

    Es ist ein Elend - wie diese Polikaster der regierenden D-Mannschaft!



    Sich von den schwarzbraunen Populisten instrumentalisieren lassen.



    Soweit da tatsächlich noch einzureißende Dämme vorhanden! Woll

  • Pro Asyl weist darauf hin, daß noch weitere verfassungs- und europarechtliche Änderungen erforderlich wären. Verständlich. Die betreffenden Gesetze und Konventionen bestehen teilweise seit über 50 Jahren in unveränderter Form. Die Anpassung von Gesetzen an veränderte Realitäten gehört zum Erhalt eines modernen und funktionierenden Rechtssystems dazu. Hier hat sich bereits ein Änderungsbedarf aufgestaut. Die Überarbeitung wird vermutlich kurz nach den Europawahlen beginnen.

    • @Donald Duck:

      Sorry. Mal die eine eine Frage! Gelle

      Sind’s IM-Redenschreiber von Faency Nancy? oder Höcken‘s schon?!