Verkauf der DB Schenker: Gewerkschaft will Deal stoppen
Am Mittwoch entscheidet der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn über den Verkauf der Logistiktochter Schenker. EVG-Chef Burkert will den Deal aufhalten.
Die Bundesregierung hatte die Suche nach einem Käufer für DB Schenker schon vor Längerem gestartet. Der Grund, laut Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP): Die DB solle sich auf den Schienenverkehr in Deutschland fokussieren. DB Schenker ist weltweit als Logistikdienstleister tätig. Vor gut zwei Wochen wurde bekannt, dass der dänische Wettbewerber DSV Schenker übernehmen soll – und dafür mehr als 14 Milliarden Euro zahlt. Der Erlös dient dem Abbau eines Teils der 33 Milliarden Euro Schulden, die die Bahn hat.
DB Schenker gehört zu den profitablen Sparten der Bahn. 2023 machte die Tochter 1,8 Milliarden Euro Profit und polierte die Bilanz des Bahn-Konzerns auf. „Politik und Bahnvorstand wollen das Verscherbeln von Tafelsilber als Strategie verkaufen“, kritisierte EVG-Chef Burkert. Die Bundesregierung stecke zu wenig Geld in den Schienenverkehr in Deutschland, nun müsse die Deutsche Bahn „als Melkkuh für eine verfehlte Haushalspolitik des Bundes“ herhalten. Dabei ist laut Burkert nicht rechtlich gesichert, dass der Verkaufserlös wirklich genutzt wird, um Schulden des Staatskonzerns zu tilgen.
„Der Schenker-Verkauf liegt im Interesse des DB-Konzerns und der Schiene in Deutschland“, sagte der taz hingegen Matthias Gastel, Bahnpolitiker der Grünen im Bundestag. Und auch Christian Böttger, Verkehrs- und Eisenbahnforscher an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, hält den Verkauf grundsätzlich für sinnvoll. Doch die Sorge um Jobs sei berechtigt: DSV werde die Schenker-Strukturen voraussichtlich zerschlagen und massiv Stellen abbauen, erklärt Böttger. Auch das luxemburgische Finanzunternehmen CVC hatte ein Gebot abgegeben – und versprochen, die Strukturen von Schenker und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.
EVG braucht Stimmen der GDL
Ob die Gewerkschaft EVG den Deal am Mittwoch stoppen kann, ist noch nicht ausgemacht. Der Aufsichtsrat der Bahn besteht zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern. Nicht nur aus der EVG, sondern auch aus der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Die GDL wiederum lote ihre Position gerade noch aus, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft der taz. Wenn es bei der Abstimmung zu einem Gleichstand kommt, könnte der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Gatzer mit seinem Doppelstimmrecht den Schenker-Verkauf gegen den Widerstand der Gewerkschaften durchdrücken.
Eine dritte Gewerkschaft, die IG Metall, fordert derweil gemeinsam mit dem Umweltverband Germanwatch, dass die Bundesregierung mehr Geld in ein modernes Schienennetz steckt – und weniger in neue Fernstraßen und Autobahnen. Der Bundestag verhandelt aktuell über den Etat für das Jahr 2025. Die Deutsche Bahn müsse von Renditedruck befreit werden, ein mehrjähriger Infrastrukturfonds gefüllt mit Bundesmitteln soll die Finanzierung sichern. Sonst sei die klimafreundliche Verkehrswende in Gefahr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin