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„Verhaltenskodex“ der UnionUnsinnig und frech

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Ralph Brinkhaus und Alexander Dobrindt erarbeiten einen „Verhaltenskodex“ zum Thema Nebentätigkeiten. Das klingt gut, ist aber Unfug.

Ralph Brinkhaus (l.) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt basteln einen „Verhaltenskodex“ Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

D ie neuesten Manöver der Union sind eine Frechheit. Wieder wird versucht, die WählerInnen zu täuschen, statt für Transparenz beim Lobbyismus zu sorgen. Die Trickser sind diesmal Ralph Brinkhaus und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. In einem Schreiben an ihre Abgeordneten kündigen sie an, man werde einen „Verhaltenskodex“ zum Thema Nebentätigkeiten erarbeiten, der „deutlich“ über das hinausgehen würde, was „rein rechtlich“ erwartet würde.

Das klingt gut, ist aber Unfug. Brinkhaus und Dobrindt tun so, als wäre die Unionsfraktion eine normale Firma, die jetzt im Kundeninteresse so freundlich ist, besonders gesetzestreu zu agieren. Bekanntlich macht jedoch der Bundestag die Gesetze. Die Union könnte also mühelos verschärfen, was „rein rechtlich“ an Nebentätigkeiten bei Abgeordneten erlaubt ist. Aber nein. Lieber basteln Brinkhaus und Dobrindt einen „Verhaltenskodex“. Das ist kein Zufall. Der Kodex wäre rechtlich nicht bindend, könnte windelweich formuliert werden, und echte Kontrolle gäbe es auch nicht.

Der neue Verhaltenskodex soll unter anderem Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten „ausschließen“, die in einem „direkten Zusammenhang“ mit dem Aufgabengebiet in der Fraktion stehen. Wie unsinnig diese Regelung ist, zeigt das Beispiel Nikolas Löbel: Der Politiker ist gerade aus CDU und Bundestag ausgeschieden, weil er für die Vermittlung von Gesundheitsmasken 250.000 Euro kassiert hat. Löbel saß im auswärtigen Ausschuss – hatte demnach offiziell mit Gesundheitspolitik nichts zu tun. Nach dem nun geplanten „Verhaltenskodex“ hätte er sich also korrekt verhalten.

Für die Union gibt es nur einen Weg, den Maskenskandal zu überstehen: Sie muss ihren Widerstand gegen gesetzliche Regeln aufgeben. SPD und Opposition haben längst gute Vorschläge erarbeitet: Alle Parteispender müssen namentlich registriert werden, jeder Lobbykontakt ist zu dokumentieren, und alle Nebentätigkeiten müssen transparent gemacht werden. Da braucht es dann keinen „Verhaltenskodex“ mehr. Klare Gesetze reichen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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21 Kommentare

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  • Chapeau. Kann alles unterschreiben. Die Kunst des Regierens ist es, nicht erst seit Merkel, etwas Anderes zu sagen und zu tun als es allgemein verstanden wird. Jeweils so, dass es die Mehrheit, die dann wählt, nicht erkennen kann. Soll auch bei Dienstzeugnissen üblich sein. Da braucht man ein Wörterbuch zum Übersetzen.

    • @Sarg Kuss Möder:

      Richtig, sind ja nicht umsonst (fast ein schönes Wortspiel) zahlreiche Voll-/Juristen hauptaktiv. 🤑

  • Die CDU ist für alles gut.

    Sie soll hat gleichzeitig alleinverantwortlich sein für das zu wenig in Bewegung gesetzte Geld um frühzeitig genügend Impfdosen und Tests zur Verfügung haben und wird auf der anderes Seite als Abzockerpartei von Steuergeldern dargestellt.

    Es ist Wahlkampf. Da sind solche Geschichten ein gefundenes Fressen. Sie lenken ab von den Problemen und Verantwortung mit Corona, von Thüringen wo Wahlkampf ist und wo die höchsten Ansteckungsraten zu finden sind.

    • @Rudolf Fissner:

      Stimmt.



      Die CDU kam relativ ungerechtfertigterweise in den Ruf bestechliche Mitglieder zu haben.



      Was sind schon 660 000 Euro für einen kleinen Deal. Fast nichts, wenn man bedenkt wie hilfreich das Eingreifen von Nüßlein war.



      Einfach ein undankbarer Job als Politiker der Union!

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - merkt an:

    “ Brinkhaus - Unfug

    "wenn es nicht den eigenen Tätigkeitsbereich betrifft..." Biste inne CDU (CSU) biste Kompliz*in im Nu.“

  • Volle Zustimmung. Nur...

    "Für die Union gibt es nur einen Weg, den Maskenskandal zu überstehen: Sie muss ihren Widerstand gegen gesetzliche Regeln aufgeben"

    ...hat leider die Union reichlich gute Erfahrung damit, es anders zu machen und trotzdem davonzukommen.

    Wollen wir hoffen, dass es diesmal anders ist.

  • Die haben sich einfach nicht clever angestellt. Unser hessischer Berufsprovokateur im Bundestag hat das wohl geschickter gemacht.

    Hans-Jürgen Irmer setzt sich für eine Firma aus seinem Wahlkreis die Masken liefern will bei Jens Spahn ein. Der Deal kommt zustande und kurze Zeit später schaltet die gleiche Firma Anzeigen in Irmers Zeitung Wetzlar-Kurier.

    www.fr.de/politik/...fier-90233180.html

    Und so Aktionen kann man ja auch über eine gewisse Zeit strecken. Viel besser als cash anzunehmen, sind doch versteckte Kick-back Zahlungen...

    • @Sven Günther:

      Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - meint so:

      “ Anzeigen! taz.de/Verhaltensk...bb_message_4092359 Warum mag die deutsche Presse Jens Spahn so sehr? Weil sein Ministerium fast täglich große Anzeigen schaltet.



      Wg. "AHA"-Regeln oder "Ärmel aufkrempeln!" So geht`s doch auch, in dieser Werbungs-armen Zeit. (hsqmip)“

    • @Sven Günther:

      Tja auch Korruption muss man können!

  • Es sind bald Landtagswahlen Frau Herrmann, da muss man jetzt etwas Aktionismus zeigen, aber grundlegend, möchte man nichts ändern.

  • Der Schlußfolgerung kann man nur zu 100% zustimmen

    Interessant fand ich heute morgen das Interview im DLF:



    Politiker-Nebeneinkünfte – Interview Thorsten Frei ondemand-mp3.dradi..._0815_9309fd3a.mp3

  • RS
    Ria Sauter

    Ob sich diese Veräppelung auf das Wählerkreuzchen bei den Christlichen auswirkt, bezweifle ich sehr.



    Sie sind ohne jegliche Moral und jegliches Rechtsempfinden.



    In Rheinland-Pfalz erinnern sie sich gerade an die unhaltbare Wohnungssituation im Asternweg in Kaiserslautern. Sie lassen sich dort fotografieren und stellen die Fotos auf Facedumm. Gestern zu sehen in Report Mainz.

  • Guter Vorschlag!



    Wie setzt man das durch?



    Wählen gehen! Und zwar nicht immer nur die selben Amigos. Die Kleinpartei ÖDP richtet sich schon seit vielen Jahren ganz entschieden gegen Korruption. Vielleicht sollte man die mal in den Bundestag holen?

  • 0G
    00842 (Profil gelöscht)

    Auch das Lobbyregister hätte den Fall Löbel nicht verhindert. Der chinesische Mittelsmann hätte zwar angezeigt werden müssen, aber die Zahlung der 250.000 € ging ja an Löbels Firma (eine GmbH). Und nach den Vorschriften sind Einnahmen von Firmen, an denen Abgeordnete beteiligt sind, nicht zu melden. Erst ausgeschüttete Gewinne müssen klassifiziert werden. Solange das Geld in der Firma verbleibt (unter Umständen bis nach Ende der Abgeordnetentätigkeit), erfährt die Öffentlichkeit nichts davon. Deshalb sind die 250.000 € auch nicht auf der Website des Bundestages unter den veröffentlichungspflichtigen Angaben aufgetaucht. Es stand dort lediglich, dass Löbel für seine GmbH entgeltlich tätig ist. Wir brauchen daher dringend mehr Transparenz, was die Gesamteinnahmen der Parlamentarier angeht.

  • Genau so, danke.

  • Na Servus

    kurz - Wennste die Böcke zu Gärtnern machst!



    &



    Das dazu noch in der Höhle des Löwens. Wollnichwoll.



    Denn: Alter Christlicher Grundsatz:



    “Wer das Kreuz hat - Segnet sich selbst zu erst.“

    Na Mahlzeit

  • Jep! Klare Kante, Frau Herrmann!

  • Den CDU/CSU-Politikern fehlt es an jedem Verhaltenskompass.

    Das Schreiben an die Abgeordneten mutet an, wie eine verklausulierte Aufforderung schnell die Leichen im Keller verschwinden zu lassen.

    Ich erinnere nur daran, dass die C*U unmittelbar vor in Kraft treten der Gesetze über die Parteienfinanzierung schiere Unsummen ins Ausland verschoben haben.

    Und anstatt seinerzeit Schwarze Kassen zu melden und dadurch straffrei zu legalisieren, hat man es vorgezogen die Gelder bei verdienten Parteigranden "unterzustellen".

    Für mich ist dieses Verhaltensmuster identisch mit dem häuslicher Gewalt: Man gelobt Besserung, enige Zeit geht es gut und dann ist wieder alles beim Alten.

    Aber die C*U wird trotzdem wieder viel zu viele Stimmen bekommen - ich höre grade schon wieder erste Seniorchefs mit den altbekannten Sprüchen "Wenn die SPD oder gar die Grünen ans Ruder kommen müssen wir die Hälfte der Belegschaft entlassen" - und das wirkt.

    Wenn man die verkrusteten und durchkorrumpierten Strukturen aufbrechen will muss man den gemäßigten neuen Parteien eine Chance geben.



    Deren Kandidaten sind ganz gewiss genauso schlau und fähig - sind aber lange nicht so anfällig.



    Und vor allen Dingen: In deren Kellern haben sich noch keine Leichen angesammelt die sie angreifbar und in letzer Konsequenz auch erpressbar machen.

    • @Bolzkopf:

      Richtig. CDU, Linkspartei und SPD taugen alle nichts. Allein den Grünen ist en wirklicher Wechsel zuzutrauen.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Das klingt gut, ist aber Unfug"

    Man möge mal künftig darauf achten, was dieser Ostwestfale Brinkhaus so von sich gibt.



    Nur Geblubbere.

  • Surprise, surprise!

    Es ist ein alter philosophischer Hut, dass man das machen von Gesetzen nicht denen gestatten soll, die ihnen unterliegen. Wie beim Kuchenteilen: einer teilt, der andere sucht sich das Stück aus.

    Es gibt eine alter philosophische Vorstellung, dass man Menschen Gesetze machen lassen sollte und hinterher erst festlegt, in welcher gesellschaftlichen Rollen die Einzelnen sind. Das geht in der Praxis natürlich nicht, aber dahinter steckt eben genau die Einsicht: wer sich die Gesetze selbst macht ...

    Darum steigen ja auch Diäten, egal wie schlecht es dem einzelnen Büger geht. Weil die die Erhöhungen beschließen, die die Diäten bekommen. Nicht die, die sie bezahlen. Wie sähe das wohl aus? Und genau dasselbe gilt auch für Gesetze. Die, die die Gesetze regulieren sollen, dürfen sie natürlich nicht machen.