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Vergleich der Gehälter im EntgeltatlasExtreme Unterschiede

Die Agentur für Arbeit hat den Entgeltatlas 2017 veröffentlicht. Darin zeigt sich, welch große Rolle Geschlecht und Herkunft spielen.

Männer verdienen in Ingolstadt unglaubliche 55,3 Prozent mehr als Frauen Foto: imago/phototek

Es ist die altbekannte Binsenweisheit und sie stimmt noch immer: reicher Westen, armer Osten. Auch 28 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es enorme Unterschiede zwischen den neuen und den alten Bundesländern. So verdient ein Arbeitnehmer in Ostdeutschland im Mittel (Median) nur 2.600 Euro brutto im Monat, im Westen aber 3.339 Euro, mithin 28 Prozent mehr. Das geht aus dem Entgeltatlas 2017 hervor, den die Bundesarbeitsagentur für Arbeit Anfang August veröffentlicht hat.

Aus den Zahlen, die nur den Lohn von Vollzeitbeschäftigzen berücksichtigen, lassen sich aber noch zwei weitere Ungerechtigkeiten mit ähnlichen Dimensionen herauslesen: In Deutschland bekommt der männliche Arbeitnehmer im Mittel 15,5 Prozent mehr als die Durchschnittsfrau. Noch eklatanter sind die Unterschiede zwischen Arbeitnehmern mit deutschem Pass und dem Rest – satte 33 Prozent.

Die Stadt der Extreme ist dabei Ingolstadt. Sie liegt in der Liste der 401 Städte und Kreise nicht nur auf Platz eins bei den Bruttoverdiensten. Nirgendwo sonst ist der Einkommensunterschied zwischen den Deutschen und Ausländern größer. Der Durchschnittsdeutsche in Ingolstadt bekommt satte 90,8 Prozent mehr als ein ausländischer Arbeitnehmer – also fast doppelt so viel. Zudem verdienen hier Männer unglaubliche 55,3 Prozent mehr als Frauen. Nur in Dingolfing ist der Genderpaygap größer.

Ingolstadt ist die Stadt des deutschen Mannes. Dem scheint es dort, wo die wirtschaftliche Lage gut ist, auch finanziell gut zu gehen. Frauen und Ausländer dagegen profitieren davon offensichtlich kaum. Woran liegt das?

Zumindest was die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen in Ingolstadt anbelangt, stößt man schnell auf eine eindeutige Antwort. „Der Grund liegt in der Wirtschaftsstruktur dort“, sagt Christian Weinert von der Agentur für Arbeit. Konkret bedeutet das: Es liegt an Audi. So dominant ist der Autohersteller in der Region, dass die Agentur für Arbeit keine Angaben zur Zahl der Menschen im Landkreis herausrückt, die in der verarbeitenden Industrie beschäftigt sind.

Es herrsche der „Dominanzfall“, heißt es zur Begründung: Durch amtliche Zahlen könnten geschützte Daten des dominierenden Unternehmens bekannt werden, weil es einen derart hohen Anteil der Statistik bestimmt.

Großer Genderpaygap

Was Weinert sagen darf: Als ArbeitnehmerInnen werden in der Autoindustrie vor allem Menschen gebraucht, die technische Studiengänge abgeschlossen haben, IngenieurInnen und ElektrotechnikerInnen etwa. „Das ist immer noch eine Männerdomäne“, sagt Weinert. Und zwar eine, in der die Arbeitgeber sehr hohe Löhne zahlen.

Das allein kann aber noch nicht der Grund sein, warum in Ingolstadt Männer so extrem viel mehr verdienen als Frauen. Immerhin müsste sich beim Blick nach Wolfsburg dann ein ähnliches Bild bieten. Tut es aber nicht. Obwohl dort VW eine ähnliche Rolle spielt wie Audi in Ingolstadt, bekommen Männer in Wolfsburg „nur“ 20 Prozent mehr Gehalt als Frauen.

Foto: Quelle: Agentur für Arbeit, Berechnungen: taz

Einen Anhaltspunkt dafür, warum der Genderpaygap in Ingolstadt so viel größer ist als in Wolfsburg, liefern die Beschäftigtenzahlen der beiden Autounternehmen. So ganz gleichen sich Audi und VW dann nämlich doch nicht, auch wenn sie zum selben Konzern gehören.

Der Frauenanteil im Audi-Werk Ingolstadt liege nur bei etwa 16 Prozent, wie eine Sprecherin auf Nachfrage mitteilt. In Wolfsburg sind dagegen immerhin etwas mehr als ein Fünftel der Beschäftigten Frauen. Das ist vor allem dann aussagekräftig, wenn man berücksichtigt, dass die Einwohnerzahl in beiden Städten etwa gleich groß ist, VW aber noch einmal deutlich mehr Menschen beschäftigt als Audi.

Ausländer weit abgeschlagen

Kurz: In Wolfsburg arbeiten im Verhältnis mehr Menschen in der gut zahlenden Autoindustrie, von denen zudem auch noch ein höherer Prozentsatz Frauen sind. In Ingolstadt sind dagegen prozentual viel mehr Frauen in anderen Berufsfeldern tätig.

„Sie arbeiten zum Beispiel im sozialen Bereich und im Handel“, sagt Alexandra Kröner, die stellvertretende Vorsitzende des Ingolstadter Vereins „Pro Beschäftigung“, der Frauen im Berufsleben unterstützt. Aber auch in der öffentlichen Verwaltung und in Bildungseinrichtungen sind mehr Frauen als Männer beschäftigt. „Alles Wirtschaftssektoren, in denen klassisch eher wenig verdient wird“, so Kröner. „Definitiv ein Problem“, findet sie.

Noch ein Problem: Auch Ausländer sind beim Lohn in Ingolstadt weit abgeschlagen. „Der Großteil der ausländischen Beschäftigten arbeitet hier im Niedriglohnsektor“, sagt der Sprecher des örtlichen Büros der Agentur für Arbeit, Peter Kundinger. „Viele kommen aus Osteuropa.“ Ein Blick auf die Daten der Agentur für Arbeit bestätigt das: Hier arbeiten besonders viele Ausländer als Helfer, in Berufen also, für die kein hoher Bildungsabschluss benötigt und keine hohen Löhne gezahlt werden.

Foto: Quelle: Agentur für Arbeit, Berechnungen: taz

Warum es in Ingolstadt so viele Ausländer gerade in diesen Jobs gibt, kann sich niemand so richtig erklären. Zu vermuten ist, dass der Grund wieder in den speziellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Ingolstadts zu finden ist. Die sorgen schließlich schon dafür, dass es den deutschen Männern in Ingolstadt finanziell blendend geht, während Frauen nicht nur schlechter dastehen, sondern im Verhältnis sogar so schlecht bezahlt werden wie fast nirgendwo sonst im Land.

Keine berühmten Autowerke

Dabei geht es auch anders, könnte man meinen. Insgesamt 26 Gemeinden listet die Agentur für Arbeit in ihrem Entgeltatlas 2017, in denen Frauen mehr verdienen als Männer. Was dabei aber schnell auffällt: All diese Städte und Kreise liegen in der ehemaligen DDR. Und im Ranking der Löhne insgesamt finden sich alle im unteren Viertel.

Den größten Einkommensvorsprung gegenüber dem anderen Geschlecht haben Frauen in der brandenburgischen Stadt Cottbus. Cottbuser verdienen im Mittel 16,7 Prozent weniger als die Cottbuserinnen. Aber wieso ist der Ort in der Niederlausitz die Stadt der Frauen?

Auch hier hilft wieder der Blick auf die Wirtschaftssituation. Wovon es in Ingolstadt so viel gibt, daran fehlt es in Cottbus. Nur 2,6 Prozent der Beschäftigten arbeiten hier im „verarbeitenden Gewerbe“, wie es bei der Agentur für Arbeit heißt. In Cottbus gibt es keine Chemiekonzerne, keine berühmten Autowerke oder gewaltigen Stahlfabriken. Die wichtigen Arbeitgeber kommen stattdessen aus dem Dienstleistungsbereich.

„Ein großes Krankenhaus, eine Universität und jede Menge Landesämter“ gebe es in der Stadt immerhin, sagt Sabine Hickel, die Gleichstellungsbeauftragte von Cottbus. Viel öffentlicher Dienst also. Genau wie in Ingolstadt arbeiten in dieser Branche auch in Cottbus vor allem Frauen. Und wie in Bayern werden sie auch im Osten nach Tarif bezahlt.

Nicht viel bekommen

Der Unterschied zur Autostadt in Bayern ist ein anderer: In Cottbus sind die Tariflöhne relativ hoch im Vergleich zum mittleren Lohn in der Stadt. In Ingolstadt sind sie dagegen vergleichsweise niedrig. Frauen geht es in Cottbus finanziell also gar nicht besser als ihren Geschlechtsgenossinnen in Ingolstadt, auch wenn die lokalen Genderpaygaps das auf den ersten Blick nahelegen. Den Cottbuser Männern geht es lediglich viel schlechter.

Das liegt daran, dass die hier eben nicht in der Autoindustrie arbeiten können. Stattdessen arbeiten die Männer zum Beispiel auf dem Bau und als Zeitarbeiter in der Logistik. Viel bekommen sie dafür nicht. „Hier in der Gegend werden generell schlechte Löhne gezahlt“, sagt Hicke.

Foto: Quelle: Agentur für Arbeit, Berechnungen: taz

Besonders deutlich wird das, wenn man die absoluten Zahlen in Cottbus mit denen in Ingolstadt vergleicht. Etwa 300 Euro weniger als ihre Geschlechtsgenossinnen aus der Donaustadt bekommen die Cottbuserinnen brutto und damit aber immer noch 500 Euro mehr als die Cottbuser.

„Wir brauchen hier allgemein bessere Löhne“, sagt deshalb Gleichstellungsbeauftragte Hickel in Cottbus. „Für Frauen und für Männer.“ Und das eben auch in den traditionellen Frauenberufen, wie in der Pflege. Bis das passiert, gilt weiterhin: Wo es gut läuft, profitieren finan­ziell die Männer, nicht die Frauen. Dort wo es schlecht läuft, verdient dagegen keiner gut.

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51 Kommentare

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  • @Kolyma: warum zahlt man den AutozsammenschrauberInnen mehr als den KinderbetreuerInnen?



    Sie nennen es "gesellschaftliche Wertschätzung". Das ist doch Blödsinn, es hängt einzig und allein von der Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung für die verschiedenen Güter ab.



    Die "Bösen" sind direkt also (zumindest hier!) weder die Bundesregierung noch die FDP, noch Sara Wagenknecht, sondern ihre Nachbarinnen und Nachbarn!

    • @Blacky:

      Ein (!) wesentlicher Grund, warum Gewerkschaften in Automobil- oder Chemiewerken deutlich höhere Löhne durchsetzen konnten als etwa in der Pflege, ist, dass die Lohnkosten in einem hochtechnologischen Industriebetrieb im Verhältnis zur Gesamtinvestition gering sind, eine "dicke" Lohnerhöhung die Gesamtkosten also vergleichsweise geringfügig ansteigen lässt. Die schlecht bezahlten Jobs finden sich dort bei den Zulieferern (häufig im Ausland). Lohnerhöhungen im der Pflege oder Kinderbetreuung erhöhen die Gesamtkosten dagegen relativ wesentlich mehr. Das würde dann auch deutlich mehr kosten, wozu es der entsprechenden politischen Entscheidungen bedürfte. Danach sieht es nicht aus!

    • @Blacky:

      Nur ganz wenige können Autos so gut zusammen schrauben wie gelernte AutoZusammenschrauber. Nur ganz wenige Eltern können ihre Kinder schlechter betreuen als gelernte Betreuerinnen. Das eine gibt man in fremde Hände, weil man es fachlich nicht kann, das andere, obwohl man es auch ohne Ausbildung fachlich kann.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Blacky:

      Der Widerspruch ist die gesellschatfliche Wertschätzung ist hoch, aber die Zahlungsbereitschaft gering. Zumal in einer machistischen Gesellschaft Kinderbetreuung immer noch als Neben-oder Zusatzverdienst angesehen wird. In Frankreich wurde auch festgestellt, dass Berufe, die sich feminisieren schlechter bezahlt werden. Man spricht z.B. von einer Proletarisierung der Lehrer, die in Frankreich nur die Hälfte ihrer deutschen Kollegen verdienen. Was wiederum bedeutet, dass die Feminisierung sich weiter verstärkt und die Löhne immer weiter nach unten gedrückt werden mit einer zunehmenden Prekarisierung. Die Löhne in den Pflegeberufen auf ein gesellschaftlich akzeptables Niveau zu erhöhen, anstatt auf billige und willige Pfleger aus dem Ausland zu hoffen, hätte bestimmt noch keine Venezuelanisierung der deutschen Wirtschaft zur Folge.

    • @Blacky:

      $ 21 GG: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“.

      Insofern sind Parteien, also auch die FDP und Wagenknecht direkt mit verantwortlich. Z.B. bei der Formulierung von Zielen: weniger Lohn für Autoschrauber, das Geld transferieren zu den Löhnen der Kinderbetreuerinnen Das Einkommen der Superreichen wird dafür nicht reichen & Aldi wird deswegen auch nicht ans Ausland verkauft.

      • @Rudolf Fissner:

        Wenn Sie (bzw die Parteien) es schaffen, hierfür eine Mehrheit zu gewinnen, dann soll es so sein.



        Aber solche Postulate müssen zunächst mal in schlüssige ökonomische Konzepte eingebettet werden, sonst droht „Venezuela“.



        Und ein solches kann auch bei „Die Linke“ nicht finden.

  • Nicht zu vergessen ist die statistische Ungerechtigkeit im Vergleich der Einkommen von Putzfrauen und Vorständen.



    Der Artikel versämt leider die Analyse, die aus schiefen Vergleichen Nachrichten gemacht hätte...



    Vermutlich wäre aber auch einfach nix rausgekommen...

    • @mensch meier:

      Wenn Frauen trotz besten Qualifikationen überproportional in Putzjobs landen und Männer überproportional in Vorständen, dann ist die Feststellung dieser Tatsache kein "schräger Vergleich", sondern genau Teil jener Gender Pay Gap-Problematik, deren Existenz Sie und Ihre werten Kollegen hier so vehement zu leugnen versuchen.

  • Cottbus wird von Ingolstadt alimentiert.

  • Zur Gehaltsschere gehört immer auch die Ausgabenschere. Sie werden in Hamburg oder München keine Arbeitnehmen die sich nicht auch eine dort sehr viel teurere Wohnung leisten können.

    • @Rudolf Fissner:

      In München lebt die Pflegekraft so lange im Wohnheim bis sie sich einen Ingenieur geangelt hat.

      • @Karavanserai:

        Geht's noch tumb sexistischer?

        Mann, mann. Immer wenn man meint, dass die "Diskussionen" zum Thema Geschlechtergerechtigkeit hier nicht noch unterirdischer werden könnten, kommt von irgendwo ein Troll daher und belehrt einen eines Besseren.

        • @kami:

          Das war ein Zitat der Tochter meiner Nachbarin, die seit 15 Jahren in der Klinik Großhadern arbeitet.

  • Warum gehört es zur Arbeit eines Gleichstellungsbeauftragten nicht auch für gleiche Löhne ungeachtet der Herkunft zu sorgen?

    • @Rudolf Fissner:

      Unserer Frauenbeauftragten musste ein 24 qm Büro gestellt werden, das sie nur alle 6 Wochen belegte. Wir mussten damals mangels Platz 20 qm zu viert belegen. Was sie an dem einen Tag der 6 Wochen genau machte, wusste niemand. Aber immerhin A13.

      • @Karavanserai:

        Das aus populistischer Ecke Frauenbeauftragte nicht erwünscht sind, ist nicht das Thema.

        • @Rudolf Fissner:

          Was erwünscht wäre, wäre Leistung.

          • @Karavanserai:

            Ja was denn nun? Wenn man Ihren und Velofischs Halluzi.. äh Berichten so glauben darf, haben die bösen Frauenbeauftragten doch innerhalb weniger Jahre nicht nur Sexismus und das gesamte Patriarchat abgeschafft , sondern vielmehr eine gegensexistische Tyrannenherrschaft des Matriarchats etabliert, die vorigen Ungleichheitsverhältnisse auf den Kopf gestellt, die armen Männer zu den neuen unterdrückten Opfern gemacht, und obendrein noch sämtliche verfügbaren Statistiken, soziologischen Studien etc. zum Thema Geschlechtergerechtigkeit allesamt zu ihren Gunsten verfälscht und in Umlauf gebracht. Und das alles an nur einem Tag pro Woche im von hart arbeitenden Männern gestohlenen Großraumbüro! Na Donnerwetter, das nenn ich doch mal ne echt effiziente Leistung.

  • Eine Situation aus dem real live. Meine deutsche Kollegin, die für die Neueinstellung von Personal im ungelernten Bereich zuständig ist, spricht mich während eines dienstlichen Gesprächs an. Sie hat mittlere Reife und eine abgeschlossene Verwaltungsausbildung. Sie bekäme sehr häufig Bewerbungen wie diese... Sie zeigt mir eine. 4 Sprachen fließend, zwei Studienabschlüsse aus Deutschland. Bewerbung für einen Job im ungelernten Bereich. Ich sage zu ihr:"Schau auf sein Geburtsland." Sie:";Rumänien." Ich:"; Was denkst du jetzt?"Sie :"Zig...äh Roma." Ich:"Was denkst du, warum er sich auf einen ungelernten Job bewirbt?"

  • Zum Teil ist die Diskussion über den Gender-Paygap schon seltsam. Mit der dabei angewandten Logik könnte man auch feststellen, dass Männer die gefährlicheren Berufe ausüben, zehnmal häufiger bei der Arbeit umkommen und verschleissenderen Berufen nachgehen.



    Man sieht: Verallgemeinerungen beinhalten Fehler.

  • Setzt sich Sabine Hickel, die Gleichstellungsbeauftragte von Cottbus, jetzt dafür ein, den höher bezahlten Frauen in Cottbus die Tariflöhne zu kürzen?

  • Eine Bekannte mit süddeutscher Herkunft ist Richterin in Cottbus, lebt in Berlin und nimmt sich oft Arbeit nach Hause mit, um nicht so oft nach Cottbus zu müssen.



    Ein kleiner Teil des Gehaltsvorsprungs für Frauen in dieser Stadt ..

  • Wie viele Bewerberinnen kommen denn bei Audi in Ingolstadt oder bei BMW in Dingolfing auf einen männlichen Bewerber? Wie ist das Verhältnis insbesondere bei gut entlohnten Schichtjobs in der Fabrikarbeit und unter Bewerber*innen mit mehr als 50 km Anfahrtsweg (für Männer in diesem Werken ganz normal)?

    VW hat in Wolfsburg die Konzernzentrale, da sind mehr Frauen in ebenfalls gut bezahlten Bürojobs (z.B. auch im Vorstand) als in Ingolstadt.

  • Das eigentliche Problem waren schon immer die unterschiedlichen Einkommen von Deutschen und Nichtdeutsche bzw Migranten und deren Nachfahren bei gleicher Qualufikation.

    • @Karavanserai:

      Dazu können Sie aus der dargestellten Statistik leider nichts herauslesen.

  • Die Gehaltsscheere geht in Deutschland seit Jahren immer weiter auseinander. Das scheint niemanden zu interessieren. Wenn aber die gut qualifizierten Jobs eher von einer bestimmten Bevölkerungsgruppe gemacht werden, wird es zum Politikum. Vielleicht auch mal überlegt, dass in Cottbus das westliche Familienmodell nach dem die Mütter ganz oder teilweise zu Hause bleiben nicht so vertreten ist - dagegen im bayerischen Ingolstadt noch dominiert? Zudem beschleicht einen das Gefühl, dass es für den Autoren ein positives Ergebnis wäre, wenn Frauen und Ausländer*innen mehr verdienen würden. Verdienen Männer weniger oder sind häufiger arbeitslos, dann scheint die Welt in Ordnung zu sein.



    Von der Idee der Gleichberechtigung sind wir weiter entfernt denn je - auch wenn sich die Vorzeichen umgedreht haben.

  • Wird vielleicht mal Zeit, nicht immer davon zu reden, dass "Frauen weniger Geld bekommt als Männer". Das impliziert, dass es große Unterschiede beim Gehalt für DIE GLEICHE TÄTIGKEIT gibt. Und das ist ja nicht der Fall.

    Sinnvoller ist es doch, gleich zu schreiben, dass Frauen öfter schlechter bezahlte Jobs haben und Männer die Laufbahnen einschlagen, die zu den besser bezahlten Jobs führen.

    • @modulaire:

      Das hat aber doch mit der gesellschaftlichen Wertschätzung von Arbeit zu tun.



      Warum ist es denn mehr wert, Autos zusammenzuschrauben als Kinder zu betreuen? Weil Autos wichtiger sind als Kinder? Weil der Elektrotechniker länger lernt als die Erzieherin? Oder weil der Mitarbeiter im Audi-Werk mehr Verantwortung trägt als die Betreuerin in der Jugendwohngruppe?

      Nein, natürlich nicht. Sondern weil der Autouisammenschraubberuf eher von Männern gemacht wird und der Betreuerberuf eher von Frauen.







      Es muss doch mal erreicht werden, dass Arbeit, die ein vergleichbares Maß an Qualifikation verlangt, auch vergleichbar bezahlt wird. Und das Arbeit, die am Menschen verrichtet wird, irgendwann auch adäquat bezahlt wird.

      • @Kolyma:

        Die Frage nach dem Warum geht in die falsche Richtung. Die Löhne in der Autoindustrie werden von ganz anderen Personen bzw. Organisationen vereinbart als die Entgelte im sog. sozialen Bereich. Und die einen kümmern sich nicht darum, was die anderen machen.

        Zudem ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad in der Autoindustrie in der Regel vergleichsweise hoch, und starke Gewerkschaften bringen höhere Löhne.

        Kein Arbeitgeber zahlt im Übrigen freiwillig mehr Lohn/Gehalt als er muss. Kein Kapitalist verzichtet auf Profite, um männlichen Beschäftigten eine Art Geschlechtsprämie zu zahlen.

      • @Kolyma:

        Der "Autozusammenschraubberuf" ist vielleicht weniger attraktiv (laut, schmutzig, Schichtarbeit, kein Tageslicht, kaum Umgang mit Menschen) als die Arbeit als Erzieher, muss deshalb zum Ausgleich höher bezahlt werden, damit dass überhaupt genügend Leute machen ?!!

      • @Kolyma:

        Sie wollen uns jetzt aber nicht erzählen, es sei ethisch verwerflich, dass die Autoindustrie viel Geld verdient und ihre Angestellten deshalb sehr gute Gehälter zahlt, oder?

        Vermutlich zahlen sie so gut, weil sie Spezialisten wollen, die leistungsstark sind.

        BMW und Audi sind übrigens ziemlich aktiv beim Girls' Day. Es scheint nicht so zu sein, dass sie keine Frauen einstellen wollen.

        • @rero:

          Zitat Rero: "BMW und Audi sind übrigens ziemlich aktiv beim Girls' Day. Es scheint nicht so zu sein, dass sie keine Frauen einstellen wollen."

          Nuja. Aber auf jeden "Girls' Day" kommen 10-15 Jahre gesellschaftliche und kommerzielle Indoktrination vom Schlage "Püppchen sind für Mädchen, Fischer Technik ist für Jungs",



          "rosa Prinzessinen-Überraschungsei ist für Mädchen, blaues Bob the Builder-Überraschungsei ist für Jungs".



          Sie können Kindern und Jugendlichen nicht vom Kleinkindalter an einreden, dass Autos Zusammenbauen was für Kerle sei und Putzen, Umsorgen und Hintern Abwischen was für Frauen und dann mit "das haben die sich ja offensichtlich freiwillig ausgesucht" daherkommen, wenn am Ende auch genau so die Berufsverteilung aussieht.

          "Vermutlich zahlen sie so gut, weil sie Spezialisten wollen, die leistungsstark sind."

          Ach... und Sie glauben, dass hart ackernde Krankenschwestern, Altenpflegerinnen, Lehrerinnen u.a. irgendwie weniger "Spezialisten" oder weniger "leistungsstark" sind als die Autositz-Zusammenschrauber?

      • @Kolyma:

        Das hat nichts mit mangelnder Wertschätzung zu tun, sondern damit, dass bei Dienstleustungen der Personalkostenanteil höher ist. Die studierte Chemikerin verdient bei gleicher Berufserfahrung auch nicht weniger als ihr männlicher Kollege.

        • @Karavanserai:

          Nö, tut sie nachweislich nicht. Mal abgesehen davon, dass Sie nachweislich wesentlich weniger Chancen hat, bei gleicher Qualifikation in dieselben höheren Führungsebenen für "studierte Chemiker" (bzw. Manager, Vorstände, etc.) aufzusteigen.

          Oder überhaupt erstmal dieselbe "Berufserfahrung" zu erlangen - denn nachweislich sind auch bei Vollzeit arbeitenden Hetero-Paaren immer noch die Frauen überproportional dafür zuständig, sich neben ihrem eigenen Vollzeitjob auch noch ums Kloputzen, Wäsche Waschen oder Kochen zu kümmern.



          Und kaum hat ein Paar aus zwei Vollzeit Arbeitenden ein Kind produziert, darf statistisch nachweislich immer noch die Mama sich zu Hause ums Hintern Abwischen und Baby Betütteln kümmern, während Herr Papa weiter ungestört seiner Karriere nachgeht.

          Bevor Sie jetzt was erzählen von weiblichen Genen und Hormonen oder dass die Mädels sich das ja alles selber ausgesucht haben: In Ländern und Kulturen mit mehr ganztags-Kinderbetreuung wie Frankreich bzw. mit weniger reaktionären Geschlechterrollenbildern ist das übrigens nachweislich nicht so - inclusive hier in diesem Land zu Zeiten der DDR, als wesentlich mehr Frauen in angeblichen "Männerdomänen" wie Chemiker, Ingenieure etc. zu finden waren als jetzt und hier.



          Dass Frauen überproportional in sogenannten "Mädchenberufen" landen und diese dann auch noch als "weniger wert" betrachtet werden als die sogenannten Männerdomänen, ist nachweislich gesellschaftlich und ökonomisch bedingt, und nicht durch weibliche Hormone oder Genitalien.

  • Dann könnte man ja ketzerisch sagen: Liebe Ostdeutsche, holt euch endlich mehr Ausländer rein, dann könnt ihr Passdeutschen auch endlich (auf deren Kosten) mehr verdienen und dem Westniveau angleichen.



    Nebeneffekt: AfD ade; jetzt ist mir auch klar warum die AfD gegen Ausländerzuwanderung ist... dann bleiben die Menschen unzufrieden und wählen... Afd

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Geht es um Vollzitsjobs oder vergleichen wir wieder Äpfel mit Birnen?

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Bericht gelesen oder gleich draufgehauen?

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Ja, wir vergleichen wieder Äpfel mit Birnen.

      Sonst läuft die Sache mit dem Gender-Gap doch nicht.

      • @rero:

        (Siehe Antwort an "Mensch Meier" weiter oben: )

        Wenn Frauen trotz besten Qualifikationen überproportional in Putzjobs landen und Männer überproportional in Vorständen, dann ist die Feststellung dieser Tatsache kein "schräger Vergleich", sondern genau Teil jener Gender Pay Gap-Problematik, deren Existenz Sie und Ihre werten Kollegen hier so vehement zu leugnen versuchen.

  • Zum Thema niedrigere Löhne für Nichtdeutsche: Das hat nicht nur mit geringerer Qualifikation zu tun. Was man gerne vergisst, ist die Tatsache, dass jemand mit Migrationshintergrund beinahe einen Doktortitel braucht, um in Deutschland einen Job zu bekommen, für den Deutsche mit mittlerer Reife eingestellt werden. Das gilt auch für Menschen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland studiert haben. Von 10 Akademikern, die in ungelernten Berufen arbeiten, weil sie keinen Akademikerjob bekommen, dürften midnestens 8 Migrationshintergrund haben.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Karavanserai:

      Der Doktortitel ist immens hinderlich, wenn man sich auf Stellen bewirbt, für die man ob desselben für überqualifiziert gehalten wird (und das wird man fast immer, weil die depperten Arbeitgeber meinen, man wolle deshalb mehr Geld und habe einen zu wissenschaftlichen und zu wenig pragmatischen Blick auf die Dinge).

      Für meinen Arbeitgeber arbeiten eine ganze Menge Menschen mit Migrationshintergrund. Allesamt Akdemiker mit gutem Salär, aber Doktor ist da so gut wie keiner.

    • @Karavanserai:

      Das ist doch leicht übertrieben, oder?

      Ich habe auch einen Migrationshintergrund (50% Mexiko) und habe wie andere vergleichbare Bekannte (ähnliches Bildungsniveau/Herkunft) keine Probleme gehabt, nach dem Studium einen Job zu finden.

      Gut, Mexiko ist (trotz Drogen und Gewalt) immer noch positiv konnotiert.

      Das Wort "Migrationshintergrund" trifft dann doch Leute aus arabischen/muslimischen Ländern stärker als mich.

      Die im Durchschnitt geringere Qualifikation spielt mM trotzdem die wichtigste Rolle.

  • Man könnte also sagen, dass Frauen im Öffentlichen Dienst besser als Männer verdienen?

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Karavanserai:

      Man könnte auch sagen: "kommt drauf an", wo und als was man arbeitet. Dieser ganze Vergleich ist doch nur halbwegs aussagekräftig, wenn man sich die Situation vor Ort anschaut und die Ursachen differenziert, wie es der Artikel ja tut, ohne dabei auf das Genöle über den Gender- und sonstige Pay-Gaps zu verzichten. Kaum jemand würde ja wohl OK finden, wenn man der SachbearbeiterIn so viel zahlen würde wie der IngenieurIn.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Es regt sich keiner darüber auf, wenn der Sachbearbeiter A11 ist und die Sachbearbeiterin A13.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @Karavanserai:

          Ne. auch sonst nicht. Es ist doch an Realitätsferne kaum mehr zu überbieten, wenn man das Durchschnittsgehalt einer Sekretärin mit dem einer Ingenieurin vergleicht und darüber lamentiert. Will etwa jemand von den Pseudolinken hier denselben Lohn für alle?

          Ich wäre dafür!

          • @849 (Profil gelöscht):

            Und nochmal zum Mitschreiben, bis es vielleicht endlich mal in den hier versammelten herrlichen Köpfen ankommt:



            Wenn Frauen trotz besten Qualifikationen überproportional in in unterbezahlten Pflege-, Putz- oder Sekretärinnenjobs landen und Männer überproportional in Vorständen, dann ist die Feststellung dieser Tatsache kein "schräger Vergleich", sondern genau Teil jener Gender Pay Gap-Problematik, deren Existenz Sie und Ihre werten Kollegen hier so vehement zu leugnen versuchen.

            An der ändert auch die Existenz von ein paar, unterproportional wenigen gutbezahlten Ingenieurinnen nichts. Und schon gar nicht die von Herr Karawanserei verschleuderten Anekdötchen dazu, dass irgendwo eine Frau eine höhere Gehaltsstufe oder ein größeres Büro hat als ihr männlicher Kollege.

    • @Karavanserai:

      Aber nur, wenn man sich beim Leseverständnis ganz schwer tut und es darauf abgesehen hat, hier täglich pseudoclever das Forum zu trollen.

      • @kami:

        Sie haben Angst vor Dialektik. Es warn gerade Sie, die trollte.

        • @Karavanserai:

          LOL. Mit "Dialektik" meinen Sie wohl Ihre oben abgelassenen Stories von der faulen Frauenbeauftragten im Großraumbüro? Also in Logik und Rhetorik fällt sowas gemeinhin unter die Kategorie klassischer logischer Fehlschlüsse, Unterkategorie anekdotische Pseudo-Evidenz.

          Dass Sie sich entgegen aller Fakten einreden, Sie seien hier der King rationalen Argumentierens und die Mädels bzw. sämtliche Soziologen und Fachleute zum Thema nur emotionsgeleitete ahnungslose Hysterikerinnen, ist übrigens ein Teil genau jener Problematik, deren Existenz Sie und Ihre Forumskollegen so auffällig händeringend zu leugnen versuchen.

  • Wenn die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern so schön zu erklären sind, warum bewirkt nur der eine Unterschied einen GenderPayGap?